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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Anmerckungen von den Elephanten.
[Spaltenumbruch] der zu legen, als wenn sie mit der Holtz-
Axt gefället und umgeschmissen. Dane-
ben fressen sie auch Heu, und wirfft man
ihnen solches an den Orten, wo man sie
in Verwahrung aufbehält, vor, wie den
Ochsen. Die Früchte und die Blätter
der Palm-Bäume sind ihnen vor allen
andern gantz lieb. Sie wissen die Schaa-
len von den Bäumen, die in ihren Län-
dern wachsen, so artig abzuschälen, und
fressen sie, daß man sich wundern muß.
Sie graben die Wurtzeln aus der Erde,
fressen die Melonen und die Kräuter in
den Sümpffen, in welchen sie gerne
stecken, nach Art der Schweine. An den
dürren Orten, wo nicht viel Wasser und
Futter angetroffen wird, halten sie sich
nicht gerne auf. Sie fressen auch wohl
die Erde und Steine, wiewohl dieses nicht
zur Nahrung, sondern zur Artzeney ge-
schehen soll. Wenn sie gezähmet werden,
lernen sie Gerste und ander Geträide
fressen. Zu ihrem Getränck erwehlen
sie lieber das dicke und trübe, als das hel-
le und klare Wasser. Sie lernen auch,
wer die Unkosten drauf wenden wolte,
Bier und Wein sauffen. Es kan ein Ele-
phante bißweilen, wenn er durch trockne
Oerter reisen muß, da kein Wasser zu
bekommen, ein acht Tage des Trinckens
entbehren, ohne daß seiner Gesundheit
einiger Abbruch dadurch zugezogen werde.

§. 7.

Die Elephanten lieben ihre
Freyheit so sehr, daß sie sich mit grosser
Mühe und vielen Verdrüßlichkeiten ein-
fangen lassen. Wenn man sie zahm macht,
muß man sie erstlich mit unsäglicher Ar-
beit abrichten. Je älter sie sind, ie schwer-
licher lassen sie sich einfangen. Daher
begeben sich die Jäger in Jndien zu den
sumpffigten Gegenden, und sehen, daß sie
die jungen Elephanten weg bekommen,
die sie durch allerhand gute Speisen an-
zukörnen, und an sich zu locken wissen.
Man hat in Jndien eine besondere Art,
sie einzufangen: Die Jndianer nehmen
einige zahm-gemachte Elephanten mit sich
an diejenigen Oerter, wo sie wissen, daß
sie stecken, hernach schlagen sie grosse Bal-
cken und Pallisaden ein, hierauf machen
sie ein groß Geschrey und Lermen mit
Paucken, Pfeiffen, und dergleichen, und
treiben hierdurch die wilden Elephanten,
die unter den zahm-gemachten eine Zeit-
lang herum gelauffen, in die engen Palli-
saden ein, daß sie hernach nicht wieder her-
aus kommen. Einige Völcker fragen
nichts darnach, ob sie die Elephanten le-
[Spaltenumbruch] bendig oder todt einfangen, weil sie das
Fleisch, und die andern Sachen von den
Elephanten, verkauffen und nutzen kön-
nen. Bey diesem Fang procediren sie
folgender gestalt: Sie lagern sich in den
Wäldern, in denen die Elephanten ste-
cken, auf hohe Bäume, so, daß sie diese
Thiere nicht gewahr werden, alsdenn las-
sen sie sich mit grosser Behendigkeit von
den Bäumen herunter auf der Elephan-
ten ihre Rücken, und zerschneiden ihnen
mit einer sehr scharffen Axt die Spann-
Adern, daß sie also nachgehends zur Erde
fallen müssen, und können sie sodann mit
ihnen machen, was sie wollen. So ma-
chen sie ihnen auch Gruben, da sie hinein
fallen, und die Beine brechen, oder einen
andern Schaden nehmen. Sie werden
auch, wenn sie unter den zahmen her-
umgehen, mit Stricken eingefangen, die
sie ihnen geschwinde anzulegen wissen.
Jn dem Königreich Pegu fangen sie die
Elephanten auf die Art, daß sie zu der
Zeit, wenn die Männlein in der Brunst
sind, die Weiblein an die Bäume binden,
wenn nun die Männlein in der Brunst
hinzu eilen, so legen sie ihnen Stricke und
Netze, und führen sie mit sich. So wil-
de als die Elephanten sind, so können sie
doch endlich so gezähmet werden, daß sie
auch ein kleines Kind von zwölff Jahren
regieren kan. Sie werden so zahm, daß
sie auch dem Wärter, der ihnen Speise
und Futter giebt, aus der Hand fressen,
sie lauffen den Menschen nach, wie die
Hunde, lecken sie mit dem Rüssel, und
lassen sich die Hand und den gantzen Arm
in den Rachen stecken, ohne daß sie ihn
beleidigen.

§. 8.

Die Elephanten haben eine un-
gemeine Stärcke, und werden von den
Jndianern und den andern Nationen
zum Krieg gebraucht. Sie werden mit
grossen Thürmen beladen, aus welchen
sie sich zu zehen biß funffzehen Mann,
gleichsam als aus Festungen, tapffer wi-
der ihre Feinde wehren, und hieraus mit
Bogen und Pfitzsch-Pfeilen schiessen. Jm
Kriege können einige Elephanten eine
gantze Armee in Unordnung bringen, die
Glieder zertrennen, und viel hundert
Mann ruiniren. Sie sind von solcher
Stärcke, daß ihrer zwey ein grosses bela-
denes Schiff aus der See auf das Land
ziehen können. Happelius gedencket in
seinen Relationibus curiosis, daß ein ge-
wisser glaubwürdiger Carmeliter-Mönch
in Ost-Jndien mit seinen eigenen Augen

gesehen,
R r 2

Anmerckungen von den Elephanten.
[Spaltenumbruch] der zu legen, als wenn ſie mit der Holtz-
Axt gefaͤllet und umgeſchmiſſen. Dane-
ben freſſen ſie auch Heu, und wirfft man
ihnen ſolches an den Orten, wo man ſie
in Verwahrung aufbehaͤlt, vor, wie den
Ochſen. Die Fruͤchte und die Blaͤtter
der Palm-Baͤume ſind ihnen vor allen
andern gantz lieb. Sie wiſſen die Schaa-
len von den Baͤumen, die in ihren Laͤn-
dern wachſen, ſo artig abzuſchaͤlen, und
freſſen ſie, daß man ſich wundern muß.
Sie graben die Wurtzeln aus der Erde,
freſſen die Melonen und die Kraͤuter in
den Suͤmpffen, in welchen ſie gerne
ſtecken, nach Art der Schweine. An den
duͤrren Orten, wo nicht viel Waſſer und
Futter angetroffen wird, halten ſie ſich
nicht gerne auf. Sie freſſen auch wohl
die Erde und Steine, wiewohl dieſes nicht
zur Nahrung, ſondern zur Artzeney ge-
ſchehen ſoll. Wenn ſie gezaͤhmet werden,
lernen ſie Gerſte und ander Getraͤide
freſſen. Zu ihrem Getraͤnck erwehlen
ſie lieber das dicke und truͤbe, als das hel-
le und klare Waſſer. Sie lernen auch,
wer die Unkoſten drauf wenden wolte,
Bier und Wein ſauffen. Es kan ein Ele-
phante bißweilen, wenn er durch trockne
Oerter reiſen muß, da kein Waſſer zu
bekommen, ein acht Tage des Trinckens
entbehren, ohne daß ſeiner Geſundheit
einiger Abbruch dadurch zugezogen werde.

§. 7.

Die Elephanten lieben ihre
Freyheit ſo ſehr, daß ſie ſich mit groſſer
Muͤhe und vielen Verdruͤßlichkeiten ein-
fangen laſſen. Wenn man ſie zahm macht,
muß man ſie erſtlich mit unſaͤglicher Ar-
beit abrichten. Je aͤlter ſie ſind, ie ſchwer-
licher laſſen ſie ſich einfangen. Daher
begeben ſich die Jaͤger in Jndien zu den
ſumpffigten Gegenden, und ſehen, daß ſie
die jungen Elephanten weg bekommen,
die ſie durch allerhand gute Speiſen an-
zukoͤrnen, und an ſich zu locken wiſſen.
Man hat in Jndien eine beſondere Art,
ſie einzufangen: Die Jndianer nehmen
einige zahm-gemachte Elephanten mit ſich
an diejenigen Oerter, wo ſie wiſſen, daß
ſie ſtecken, hernach ſchlagen ſie groſſe Bal-
cken und Palliſaden ein, hierauf machen
ſie ein groß Geſchrey und Lermen mit
Paucken, Pfeiffen, und dergleichen, und
treiben hierdurch die wilden Elephanten,
die unter den zahm-gemachten eine Zeit-
lang herum gelauffen, in die engen Palli-
ſaden ein, daß ſie hernach nicht wieder her-
aus kommen. Einige Voͤlcker fragen
nichts darnach, ob ſie die Elephanten le-
[Spaltenumbruch] bendig oder todt einfangen, weil ſie das
Fleiſch, und die andern Sachen von den
Elephanten, verkauffen und nutzen koͤn-
nen. Bey dieſem Fang procediren ſie
folgender geſtalt: Sie lagern ſich in den
Waͤldern, in denen die Elephanten ſte-
cken, auf hohe Baͤume, ſo, daß ſie dieſe
Thiere nicht gewahr werden, alsdenn laſ-
ſen ſie ſich mit groſſer Behendigkeit von
den Baͤumen herunter auf der Elephan-
ten ihre Ruͤcken, und zerſchneiden ihnen
mit einer ſehr ſcharffen Axt die Spann-
Adern, daß ſie alſo nachgehends zur Erde
fallen muͤſſen, und koͤnnen ſie ſodann mit
ihnen machen, was ſie wollen. So ma-
chen ſie ihnen auch Gruben, da ſie hinein
fallen, und die Beine brechen, oder einen
andern Schaden nehmen. Sie werden
auch, wenn ſie unter den zahmen her-
umgehen, mit Stricken eingefangen, die
ſie ihnen geſchwinde anzulegen wiſſen.
Jn dem Koͤnigreich Pegu fangen ſie die
Elephanten auf die Art, daß ſie zu der
Zeit, wenn die Maͤnnlein in der Brunſt
ſind, die Weiblein an die Baͤume binden,
wenn nun die Maͤnnlein in der Brunſt
hinzu eilen, ſo legen ſie ihnen Stricke und
Netze, und fuͤhren ſie mit ſich. So wil-
de als die Elephanten ſind, ſo koͤnnen ſie
doch endlich ſo gezaͤhmet werden, daß ſie
auch ein kleines Kind von zwoͤlff Jahren
regieren kan. Sie werden ſo zahm, daß
ſie auch dem Waͤrter, der ihnen Speiſe
und Futter giebt, aus der Hand freſſen,
ſie lauffen den Menſchen nach, wie die
Hunde, lecken ſie mit dem Ruͤſſel, und
laſſen ſich die Hand und den gantzen Arm
in den Rachen ſtecken, ohne daß ſie ihn
beleidigen.

§. 8.

Die Elephanten haben eine un-
gemeine Staͤrcke, und werden von den
Jndianern und den andern Nationen
zum Krieg gebraucht. Sie werden mit
groſſen Thuͤrmen beladen, aus welchen
ſie ſich zu zehen biß funffzehen Mann,
gleichſam als aus Feſtungen, tapffer wi-
der ihre Feinde wehren, und hieraus mit
Bogen und Pfitzſch-Pfeilen ſchieſſen. Jm
Kriege koͤnnen einige Elephanten eine
gantze Armee in Unordnung bringen, die
Glieder zertrennen, und viel hundert
Mann ruiniren. Sie ſind von ſolcher
Staͤrcke, daß ihrer zwey ein groſſes bela-
denes Schiff aus der See auf das Land
ziehen koͤnnen. Happelius gedencket in
ſeinen Relationibus curioſis, daß ein ge-
wiſſer glaubwuͤrdiger Carmeliter-Moͤnch
in Oſt-Jndien mit ſeinen eigenen Augen

geſehen,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/467>, abgerufen am 16.04.2024.