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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Von den Wurtzeln und Kräutern.
[Spaltenumbruch] Wetter-Gläsern, aufsteigen, und sich in
denselben ausbreiten kan.

§. 8.

Es hat der allweise GOTT
nicht nur zu dem Nutzen des menschlichen
Geschlechts so viel Kräuter erschaffen, son-
dern auch einem ieden von den Thieren
in die Natur eingelegt, daß es beurthei-
len kan, was es bey diesem oder jenem Ge-
brechen zu seiner Heilung vor ein Kraut
erwehlen soll; Und muß man sich wun-
dern, wenn man siehet, wie allerhand
Thiere, ja auch so gar das Ungeziefer das-
jenige auszusuchen wissen, was ihnen zu
gute kommen soll. Also erzehlet Johan-
nes Francus
in der Vorrede seines Prom-
ptuarii Alchymici p.
22. folgende Histo-
rie: Es trägt sich einmahl zu, spricht er,
daß in ein Dorff, so nicht gar weit von
Leipzig gewesen, ich verreiset, und wie ich
neben denen, so bey mir waren, die Kir-
che besuchen wolte, begiebt sichs, daß ei-
ne grosse Kröte zu der Kirch-Thüre hüpf-
fet, und dahinein eilen wolte. Wie ich sol-
ches gesehen, stehen wir ein wenig stille,
um zu schauen, wo sie hinaus wolte. Wie
sie nun gleich unter die Kirch-Thüre kom-
men, läßt sich eine grosse Spinne von o-
ben herunter, so über der Thüre ihre
Wohnung aufgeschlagen, und ihr Gebäu-
de aufgerichtet, und fähret geschwinde auf
die Kröte, sticht dieselbe, daß sie darüber ei-
nen hellen Pfiff thut. Wie der Stich gesche-
hen, fähret die Spinne geschwinde in die
Höhe in ihr Hauß; Alsobald läufft die
Kröte auf, und geschwillet, wendet sich
doch um, und kreucht gar unvermercklich
zurück ungefehr 6. Schuh von der Kirch-
Thüre zu einem Kräutlein, auf teutsch
Wegebreit, lateinisch Plantago genannt,
sie isset von den Blättern, und wird bald
darauf gesund, und die Geschwulst ihres
Leibes setzt sich, daß nichts daran zu spü-
ren gewesen. Sie macht sich zum andern-
mahl auf, und hüpffet wieder fort zur
Kirch-Thüre, wie sie dahin kommt, läßt
sich die Spinne gar geschwinde wieder
herunter, und sticht sie abermahl, sie thut
wieder einen hellen Pfiff, läufft dicke auf,
und begiebt sich zu ihrem Kräutlein We-
gebreit. Wie sie abermahls davon geges-
sen, geneset sie, und wird gesund. Sie
läßt auch zum drittenmahl nicht ab, will
noch zu der Kirche hinein, und hüpffet
wieder stracks zu der Kirch-Thüre. Wie
ich diß neben dem Pastore und andern Ge-
fehrten gesehen, schneide und reisse ich das
Kraut weg, und verscharre die Wurtzel;
Wie nun die Kröte zum drittenmahl an
[Spaltenumbruch] die Thür kommt, ist wieder die Spinne
vorhanden, und sticht in die Kröte, die
thut einen hellen Pfiff, läufft auf, und
zurück nach ihrem Wegbreit. Wie sie
aber solches nicht findet, stehet sie stille,
läufft sehr dicke auf, thut helle Pfiffe, ü-
berwirfft sich und stirbt.

Das 18. Capitel/
Vom Unterschied der Kräuter.
§. 1.

Der allweise Schöpffer Himmels und
der Erden hat denen Gewächsen in
dem Reich der Gewächse mancherley son-
derbahre und merckwürdige Eigenschaff-
ten und Würckungen eingeprägt. Ei-
nige Kräuter sind Medicinal, die den in-
nerlichen Kranckheiten der Eingeweide zu
statten kommen, und dieselben aus dem
Grunde heilen; andere aber Chirurgisch,
die in den Wunden, Geschwüren, und
bloß vor äusserliche Kranckheiten und
Schäden des Leibes ersprießliche Dienste
leisten. Manche Kräuter erweisen sym-
patheti
sche Effecte, und sind auch wohl bey
allerhand magischen oder doch abergläu-
bischen Künsten dem Mißbrauch ziemli-
cher massen unterworffen. Da wollen
sie mit dem Räuchwerck mancher Kräuter
den Satan, die Hexen und die Zauberer
vertreiben, unterirrdische Schätze finden,
Glück zum Jagden haben, und tausend
anders dergleichen effectuiren. Einige
bilden sich gar ein, daß manche Kräuter
die Krafft hätten, daß sie die Menschen vor
dem Schiessen, Hauen, und andern tödt-
lichen Gewehr feste machen könten, und
dieses sey die Ursache, warum manche wil-
de Thiere, ob sie gleich in dem Schusse ziem-
lich wohl getroffen worden, dennoch nicht
fielen, sondern ihren Weg ungehindert
fort lieffen, weil sie von manchen Kräu-
tern, die die Krafft feste zu machen an sich
haben, zu sich genommen, und derselben
genossen.

§. 2.

Von dem Meter-Kraut schrei-
ben einige, daß es die Krafft haben soll,
alte Weiber wieder jung zu machen, auch
selbst die Thiere in denjenigen Stand zu
bringen, als sie nach der Beschaffenheit ih-
rer ersteren Jahre gehabt, wie solches
Le Febure einigemahl, als an einem sei-
ner guten Freunde, an einer alten sieben-
zig jährigen Magd, und denn an einer al-
ten Henne probiret zu haben sich vermes-
sen herausläßt, und zwar mit solchem
Effect, daß nach 14tägigen Gebrauch dem

ersteren
D 2

Von den Wurtzeln und Kraͤutern.
[Spaltenumbruch] Wetter-Glaͤſern, aufſteigen, und ſich in
denſelben ausbreiten kan.

§. 8.

Es hat der allweiſe GOTT
nicht nur zu dem Nutzen des menſchlichen
Geſchlechts ſo viel Kraͤuter erſchaffen, ſon-
dern auch einem ieden von den Thieren
in die Natur eingelegt, daß es beurthei-
len kan, was es bey dieſem oder jenem Ge-
brechen zu ſeiner Heilung vor ein Kraut
erwehlen ſoll; Und muß man ſich wun-
dern, wenn man ſiehet, wie allerhand
Thiere, ja auch ſo gar das Ungeziefer das-
jenige auszuſuchen wiſſen, was ihnen zu
gute kommen ſoll. Alſo erzehlet Johan-
nes Francus
in der Vorrede ſeines Prom-
ptuarii Alchymici p.
22. folgende Hiſto-
rie: Es traͤgt ſich einmahl zu, ſpricht er,
daß in ein Dorff, ſo nicht gar weit von
Leipzig geweſen, ich verreiſet, und wie ich
neben denen, ſo bey mir waren, die Kir-
che beſuchen wolte, begiebt ſichs, daß ei-
ne groſſe Kroͤte zu der Kirch-Thuͤre huͤpf-
fet, und dahinein eilen wolte. Wie ich ſol-
ches geſehen, ſtehen wir ein wenig ſtille,
um zu ſchauen, wo ſie hinaus wolte. Wie
ſie nun gleich unter die Kirch-Thuͤre kom-
men, laͤßt ſich eine groſſe Spinne von o-
ben herunter, ſo uͤber der Thuͤre ihre
Wohnung aufgeſchlagen, und ihr Gebaͤu-
de aufgerichtet, und faͤhret geſchwinde auf
die Kroͤte, ſticht dieſelbe, daß ſie daruͤber ei-
nen hellen Pfiff thut. Wie der Stich geſche-
hen, faͤhret die Spinne geſchwinde in die
Hoͤhe in ihr Hauß; Alſobald laͤufft die
Kroͤte auf, und geſchwillet, wendet ſich
doch um, und kreucht gar unvermercklich
zuruͤck ungefehr 6. Schuh von der Kirch-
Thuͤre zu einem Kraͤutlein, auf teutſch
Wegebreit, lateiniſch Plantago genannt,
ſie iſſet von den Blaͤttern, und wird bald
darauf geſund, und die Geſchwulſt ihres
Leibes ſetzt ſich, daß nichts daran zu ſpuͤ-
ren geweſen. Sie macht ſich zum andern-
mahl auf, und huͤpffet wieder fort zur
Kirch-Thuͤre, wie ſie dahin kommt, laͤßt
ſich die Spinne gar geſchwinde wieder
herunter, und ſticht ſie abermahl, ſie thut
wieder einen hellen Pfiff, laͤufft dicke auf,
und begiebt ſich zu ihrem Kraͤutlein We-
gebreit. Wie ſie abermahls davon gegeſ-
ſen, geneſet ſie, und wird geſund. Sie
laͤßt auch zum drittenmahl nicht ab, will
noch zu der Kirche hinein, und huͤpffet
wieder ſtracks zu der Kirch-Thuͤre. Wie
ich diß neben dem Paſtore und andern Ge-
fehrten geſehen, ſchneide und reiſſe ich das
Kraut weg, und verſcharre die Wurtzel;
Wie nun die Kroͤte zum drittenmahl an
[Spaltenumbruch] die Thuͤr kommt, iſt wieder die Spinne
vorhanden, und ſticht in die Kroͤte, die
thut einen hellen Pfiff, laͤufft auf, und
zuruͤck nach ihrem Wegbreit. Wie ſie
aber ſolches nicht findet, ſtehet ſie ſtille,
laͤufft ſehr dicke auf, thut helle Pfiffe, uͤ-
berwirfft ſich und ſtirbt.

Das 18. Capitel/
Vom Unterſchied der Kraͤuter.
§. 1.

Der allweiſe Schoͤpffer Himmels und
der Erden hat denen Gewaͤchſen in
dem Reich der Gewaͤchſe mancherley ſon-
derbahre und merckwuͤrdige Eigenſchaff-
ten und Wuͤrckungen eingepraͤgt. Ei-
nige Kraͤuter ſind Medicinal, die den in-
nerlichen Kranckheiten der Eingeweide zu
ſtatten kommen, und dieſelben aus dem
Grunde heilen; andere aber Chirurgiſch,
die in den Wunden, Geſchwuͤren, und
bloß vor aͤuſſerliche Kranckheiten und
Schaͤden des Leibes erſprießliche Dienſte
leiſten. Manche Kraͤuter erweiſen ſym-
patheti
ſche Effecte, und ſind auch wohl bey
allerhand magiſchen oder doch aberglaͤu-
biſchen Kuͤnſten dem Mißbrauch ziemli-
cher maſſen unterworffen. Da wollen
ſie mit dem Raͤuchwerck mancher Kraͤuter
den Satan, die Hexen und die Zauberer
vertreiben, unterirrdiſche Schaͤtze finden,
Gluͤck zum Jagden haben, und tauſend
anders dergleichen effectuiren. Einige
bilden ſich gar ein, daß manche Kraͤuter
die Krafft haͤtten, daß ſie die Menſchen vor
dem Schieſſen, Hauen, und andern toͤdt-
lichen Gewehr feſte machen koͤnten, und
dieſes ſey die Urſache, warum manche wil-
de Thiere, ob ſie gleich in dem Schuſſe ziem-
lich wohl getroffen worden, dennoch nicht
fielen, ſondern ihren Weg ungehindert
fort lieffen, weil ſie von manchen Kraͤu-
tern, die die Krafft feſte zu machen an ſich
haben, zu ſich genommen, und derſelben
genoſſen.

§. 2.

Von dem Meter-Kraut ſchrei-
ben einige, daß es die Krafft haben ſoll,
alte Weiber wieder jung zu machen, auch
ſelbſt die Thiere in denjenigen Stand zu
bringen, als ſie nach der Beſchaffenheit ih-
rer erſteren Jahre gehabt, wie ſolches
Le Febure einigemahl, als an einem ſei-
ner guten Freunde, an einer alten ſieben-
zig jaͤhrigen Magd, und denn an einer al-
ten Henne probiret zu haben ſich vermeſ-
ſen herauslaͤßt, und zwar mit ſolchem
Effect, daß nach 14taͤgigen Gebrauch dem

erſteren
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[27/0077] Von den Wurtzeln und Kraͤutern. Wetter-Glaͤſern, aufſteigen, und ſich in denſelben ausbreiten kan. §. 8. Es hat der allweiſe GOTT nicht nur zu dem Nutzen des menſchlichen Geſchlechts ſo viel Kraͤuter erſchaffen, ſon- dern auch einem ieden von den Thieren in die Natur eingelegt, daß es beurthei- len kan, was es bey dieſem oder jenem Ge- brechen zu ſeiner Heilung vor ein Kraut erwehlen ſoll; Und muß man ſich wun- dern, wenn man ſiehet, wie allerhand Thiere, ja auch ſo gar das Ungeziefer das- jenige auszuſuchen wiſſen, was ihnen zu gute kommen ſoll. Alſo erzehlet Johan- nes Francus in der Vorrede ſeines Prom- ptuarii Alchymici p. 22. folgende Hiſto- rie: Es traͤgt ſich einmahl zu, ſpricht er, daß in ein Dorff, ſo nicht gar weit von Leipzig geweſen, ich verreiſet, und wie ich neben denen, ſo bey mir waren, die Kir- che beſuchen wolte, begiebt ſichs, daß ei- ne groſſe Kroͤte zu der Kirch-Thuͤre huͤpf- fet, und dahinein eilen wolte. Wie ich ſol- ches geſehen, ſtehen wir ein wenig ſtille, um zu ſchauen, wo ſie hinaus wolte. Wie ſie nun gleich unter die Kirch-Thuͤre kom- men, laͤßt ſich eine groſſe Spinne von o- ben herunter, ſo uͤber der Thuͤre ihre Wohnung aufgeſchlagen, und ihr Gebaͤu- de aufgerichtet, und faͤhret geſchwinde auf die Kroͤte, ſticht dieſelbe, daß ſie daruͤber ei- nen hellen Pfiff thut. Wie der Stich geſche- hen, faͤhret die Spinne geſchwinde in die Hoͤhe in ihr Hauß; Alſobald laͤufft die Kroͤte auf, und geſchwillet, wendet ſich doch um, und kreucht gar unvermercklich zuruͤck ungefehr 6. Schuh von der Kirch- Thuͤre zu einem Kraͤutlein, auf teutſch Wegebreit, lateiniſch Plantago genannt, ſie iſſet von den Blaͤttern, und wird bald darauf geſund, und die Geſchwulſt ihres Leibes ſetzt ſich, daß nichts daran zu ſpuͤ- ren geweſen. Sie macht ſich zum andern- mahl auf, und huͤpffet wieder fort zur Kirch-Thuͤre, wie ſie dahin kommt, laͤßt ſich die Spinne gar geſchwinde wieder herunter, und ſticht ſie abermahl, ſie thut wieder einen hellen Pfiff, laͤufft dicke auf, und begiebt ſich zu ihrem Kraͤutlein We- gebreit. Wie ſie abermahls davon gegeſ- ſen, geneſet ſie, und wird geſund. Sie laͤßt auch zum drittenmahl nicht ab, will noch zu der Kirche hinein, und huͤpffet wieder ſtracks zu der Kirch-Thuͤre. Wie ich diß neben dem Paſtore und andern Ge- fehrten geſehen, ſchneide und reiſſe ich das Kraut weg, und verſcharre die Wurtzel; Wie nun die Kroͤte zum drittenmahl an die Thuͤr kommt, iſt wieder die Spinne vorhanden, und ſticht in die Kroͤte, die thut einen hellen Pfiff, laͤufft auf, und zuruͤck nach ihrem Wegbreit. Wie ſie aber ſolches nicht findet, ſtehet ſie ſtille, laͤufft ſehr dicke auf, thut helle Pfiffe, uͤ- berwirfft ſich und ſtirbt. Das 18. Capitel/ Vom Unterſchied der Kraͤuter. §. 1. Der allweiſe Schoͤpffer Himmels und der Erden hat denen Gewaͤchſen in dem Reich der Gewaͤchſe mancherley ſon- derbahre und merckwuͤrdige Eigenſchaff- ten und Wuͤrckungen eingepraͤgt. Ei- nige Kraͤuter ſind Medicinal, die den in- nerlichen Kranckheiten der Eingeweide zu ſtatten kommen, und dieſelben aus dem Grunde heilen; andere aber Chirurgiſch, die in den Wunden, Geſchwuͤren, und bloß vor aͤuſſerliche Kranckheiten und Schaͤden des Leibes erſprießliche Dienſte leiſten. Manche Kraͤuter erweiſen ſym- pathetiſche Effecte, und ſind auch wohl bey allerhand magiſchen oder doch aberglaͤu- biſchen Kuͤnſten dem Mißbrauch ziemli- cher maſſen unterworffen. Da wollen ſie mit dem Raͤuchwerck mancher Kraͤuter den Satan, die Hexen und die Zauberer vertreiben, unterirrdiſche Schaͤtze finden, Gluͤck zum Jagden haben, und tauſend anders dergleichen effectuiren. Einige bilden ſich gar ein, daß manche Kraͤuter die Krafft haͤtten, daß ſie die Menſchen vor dem Schieſſen, Hauen, und andern toͤdt- lichen Gewehr feſte machen koͤnten, und dieſes ſey die Urſache, warum manche wil- de Thiere, ob ſie gleich in dem Schuſſe ziem- lich wohl getroffen worden, dennoch nicht fielen, ſondern ihren Weg ungehindert fort lieffen, weil ſie von manchen Kraͤu- tern, die die Krafft feſte zu machen an ſich haben, zu ſich genommen, und derſelben genoſſen. §. 2. Von dem Meter-Kraut ſchrei- ben einige, daß es die Krafft haben ſoll, alte Weiber wieder jung zu machen, auch ſelbſt die Thiere in denjenigen Stand zu bringen, als ſie nach der Beſchaffenheit ih- rer erſteren Jahre gehabt, wie ſolches Le Febure einigemahl, als an einem ſei- ner guten Freunde, an einer alten ſieben- zig jaͤhrigen Magd, und denn an einer al- ten Henne probiret zu haben ſich vermeſ- ſen herauslaͤßt, und zwar mit ſolchem Effect, daß nach 14taͤgigen Gebrauch dem erſteren D 2

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/77>, abgerufen am 29.03.2024.