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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Ersten Theils 42. Cap. von allerhand nützlichen Erfindungen
[Spaltenumbruch] sich auch nicht so sehr hieran machen kön-
nen, wie an hohe Bäume, weil ihnen der
Regen sehr beykommen kan, sonderlich
wenn es kalt regnet, 5) daß sie mit Re-
gen-Wasser leicht besprenget werden kön-
nen, 6) daß sie besser Lufft und Regen
geniessen, 7) daß sie bald Früchte brin-
gen, 8) daß man den Mehlthau leicht ab-
giessen, auch die Bäume beräuchern kön-
ne, 9) und ob sie gleich, sonderlich bey
Windweben, denen Hasen mehr unter-
worffen, so könte man sie doch mit Teu-
fels-Dreck abhalten, Unschlitt an die
Bäume streichen, oder Lumpen durch-
ziehen und aufhencken. Es kommt also
diese gantze Invention vornemlich darauf
an, wie man allerhand, sonderlich Frucht-
tragende Bäume zu allerhand Gebäu-
den aus, in und durch einander, vermit-
telst vielerley neuen Pfropff-Arten, zwin-
gen, und zugleich in ihrem Wachsthum
vermehren und verbessern könte.

Von denen Bäumen/ welche aus
Blättern aufgezogen werden.
§. 9.

Es gedencken dieses Experi-
ments George Andreas Boecler
in dem
ersten Theile seiner Haus- und Feld-
Schule, und der Baron von Hohberg in
seinen Georgicis curiosis. Jener schrei-
bet Classe XXVI. p. 577. hievon also: Man
thut in ein Geschirr rein-gesiebte gute
Garten-Erde, hernach nimmt man die
Blätter von denjenigen Bäumen, so man
will, steckt selbige so tieff in die Erde mit
den Stielen, daß der dritte Theil von ih-
nen mit Erde bedeckt. Auf dieses Geschirr
hängt man ein Krüglein mit Wasser,
daß solches in das Garten-Geschirr und
dessen Mitten abtropffen könne; Das
Löchlein, so vom Abtropffen gemacht
wird, füllet man allezeit mit frischer Er-
de zu, so fängt es an zu wachsen, und schö-
ne Rüthlein über sich zu treiben. Mit
eben diesen Worten beschreibet es Hoh-
berg Tom. I. Lib. VI. Cap. XXXIII. fol.
798. und erinnert, daß er es aus dem P.
Mandirola
genommen. Es war Augu-
stinus Mandirola
ein Franciscaner-Münch
in Jtalien, Minoriten-Ordens, und schrieb
in seiner Sprache ein Büchlein von den
Blumen- und Pomerantzen-Gärten,
welches Anno 1679. zu Nürnberg heraus
kam, nachdem es in die Teutsche Spra-
che übersetzt worden.

§. 10.

Es hat Mandirola die Erde zu-
vor durchgesiebet, ehe er sie in das Geschirr
[Spaltenumbruch] gethan, damit er reine und lockere Erde
überkommen möchte, massen viel daran
gelegen, daß die Erde allenthalben an
dem Blate hart anliege; Denn, wenn es
nicht verfaulen soll, so muß kein Raum
dazwischen seyn, der mit Lufft und über-
flüßigen Feuchtigkeiten erfüllet. Er hat
nach diesem beständig frisches Wasser auf
die Erde im Geschirre treuffeln lassen, da-
mit die Erde Feuchtigkeit genung hätte,
und die in Bäume zu verwandelnden
Blätter mit Nahrung versehen könte.

§. 11.

Es hat dieses Experiment lan-
ge im obscuro gelegen, biß endlich der
Herr von Münchshausen von Schwöber
auf diese Art aus einem Blat von der
Limon a Rivo ein Bäumlein auferzo-
gen, welches so gleich eine Blüthe gehabt,
und daraus eine Frucht gebracht, indem
es sich eben gefüget, daß ein tragbares
Auge an dem Blat war. Seine Wor-
te hievon sind folgende: Jch habe vor ei-
nem Jahre von der Limon a Rivo ein
Blat gesteckt, welches den Sommer Wur-
tzeln gemacht, und nichts oberwerts aus-
getrieben. Wie ich nun vorigen Früh-
ling aus einem kleinem Topffe etliche
wohlgefaste Steck-Reiser ausnahm, so
nahm ich dieses Blat, welches im gedach-
ten Topffe zugleich mit befindlich war,
heraus, und da ich befand, daß es gute
Wurtzeln gemacht hatte, so pflantzte es
gleich wieder ein unter andere kleine Steck-
Reiser; ich pflantzte es aber so, daß nur
die Wurtzeln von der Erde bedeckt wor-
den, und das Blat auf der Erde stand.
Diesen Sommer trieb es denn einen klei-
nen Stamm oberwerts, aber nicht hoch,
weil oben auf sich ein Blumen-Kopff
bald praesentirte, und den fernern Schuß
verhinderte. Jch ließ solche Blume bloß
par Curiosite sitzen, ohne die geringsten
Gedancken, daß daraus eine Frucht wer-
den und bleiben dürffte. Wie die Blu-
me mit der Zeit zunahm, und sich end-
lich öffnete, so war die junge Frucht dar-
innen, so auch wider alles Vermuthen
geblieben, und biß zu der Grösse, wie bey-
liegendes Kupffer anweiset, angewachsen.

§. 12.

Diese Methode ist eigentlich
auf dreyerley Art versucht worden: Erst-
lich wird ein Baum aus einem Blat erzo-
gen, das ein Auge hat, da ein ieder gleich
siehet, daß der Baum nicht aus einem
Blat wird, sondern aus einem Auge her-
aus wächst, das Blat aber nur die erste
Nahrung giebt. Darnach wird ein Blat
in einen Baum verwandelt, indem der

Stiel,

Des Erſten Theils 42. Cap. von allerhand nuͤtzlichen Erfindungen
[Spaltenumbruch] ſich auch nicht ſo ſehr hieran machen koͤn-
nen, wie an hohe Baͤume, weil ihnen der
Regen ſehr beykommen kan, ſonderlich
wenn es kalt regnet, 5) daß ſie mit Re-
gen-Waſſer leicht beſprenget werden koͤn-
nen, 6) daß ſie beſſer Lufft und Regen
genieſſen, 7) daß ſie bald Fruͤchte brin-
gen, 8) daß man den Mehlthau leicht ab-
gieſſen, auch die Baͤume beraͤuchern koͤn-
ne, 9) und ob ſie gleich, ſonderlich bey
Windweben, denen Haſen mehr unter-
worffen, ſo koͤnte man ſie doch mit Teu-
fels-Dreck abhalten, Unſchlitt an die
Baͤume ſtreichen, oder Lumpen durch-
ziehen und aufhencken. Es kommt alſo
dieſe gantze Invention vornemlich darauf
an, wie man allerhand, ſonderlich Frucht-
tragende Baͤume zu allerhand Gebaͤu-
den aus, in und durch einander, vermit-
telſt vielerley neuen Pfropff-Arten, zwin-
gen, und zugleich in ihrem Wachsthum
vermehren und verbeſſern koͤnte.

Von denen Baͤumen/ welche aus
Blaͤttern aufgezogen werden.
§. 9.

Es gedencken dieſes Experi-
ments George Andreas Bœcler
in dem
erſten Theile ſeiner Haus- und Feld-
Schule, und der Baron von Hohberg in
ſeinen Georgicis curioſis. Jener ſchrei-
bet Claſſe XXVI. p. 577. hievon alſo: Man
thut in ein Geſchirr rein-geſiebte gute
Garten-Erde, hernach nimmt man die
Blaͤtter von denjenigen Baͤumen, ſo man
will, ſteckt ſelbige ſo tieff in die Erde mit
den Stielen, daß der dritte Theil von ih-
nen mit Erde bedeckt. Auf dieſes Geſchirr
haͤngt man ein Kruͤglein mit Waſſer,
daß ſolches in das Garten-Geſchirr und
deſſen Mitten abtropffen koͤnne; Das
Loͤchlein, ſo vom Abtropffen gemacht
wird, fuͤllet man allezeit mit friſcher Er-
de zu, ſo faͤngt es an zu wachſen, und ſchoͤ-
ne Ruͤthlein uͤber ſich zu treiben. Mit
eben dieſen Worten beſchreibet es Hoh-
berg Tom. I. Lib. VI. Cap. XXXIII. fol.
798. und erinnert, daß er es aus dem P.
Mandirola
genommen. Es war Augu-
ſtinus Mandirola
ein Franciſcaner-Muͤnch
in Jtalien, Minoriten-Ordens, und ſchrieb
in ſeiner Sprache ein Buͤchlein von den
Blumen- und Pomerantzen-Gaͤrten,
welches Anno 1679. zu Nuͤrnberg heraus
kam, nachdem es in die Teutſche Spra-
che uͤberſetzt worden.

§. 10.

Es hat Mandirola die Erde zu-
vor durchgeſiebet, ehe er ſie in das Geſchirr
[Spaltenumbruch] gethan, damit er reine und lockere Erde
uͤberkommen moͤchte, maſſen viel daran
gelegen, daß die Erde allenthalben an
dem Blate hart anliege; Denn, wenn es
nicht verfaulen ſoll, ſo muß kein Raum
dazwiſchen ſeyn, der mit Lufft und uͤber-
fluͤßigen Feuchtigkeiten erfuͤllet. Er hat
nach dieſem beſtaͤndig friſches Waſſer auf
die Erde im Geſchirre treuffeln laſſen, da-
mit die Erde Feuchtigkeit genung haͤtte,
und die in Baͤume zu verwandelnden
Blaͤtter mit Nahrung verſehen koͤnte.

§. 11.

Es hat dieſes Experiment lan-
ge im obſcuro gelegen, biß endlich der
Herr von Muͤnchshauſen von Schwoͤber
auf dieſe Art aus einem Blat von der
Limon a Rivo ein Baͤumlein auferzo-
gen, welches ſo gleich eine Bluͤthe gehabt,
und daraus eine Frucht gebracht, indem
es ſich eben gefuͤget, daß ein tragbares
Auge an dem Blat war. Seine Wor-
te hievon ſind folgende: Jch habe vor ei-
nem Jahre von der Limon a Rivo ein
Blat geſteckt, welches den Som̃er Wur-
tzeln gemacht, und nichts oberwerts aus-
getrieben. Wie ich nun vorigen Fruͤh-
ling aus einem kleinem Topffe etliche
wohlgefaſte Steck-Reiſer ausnahm, ſo
nahm ich dieſes Blat, welches im gedach-
ten Topffe zugleich mit befindlich war,
heraus, und da ich befand, daß es gute
Wurtzeln gemacht hatte, ſo pflantzte es
gleich wieder ein unteꝛ andere kleine Steck-
Reiſer; ich pflantzte es aber ſo, daß nur
die Wurtzeln von der Erde bedeckt wor-
den, und das Blat auf der Erde ſtand.
Dieſen Sommer trieb es denn einen klei-
nen Stamm oberwerts, aber nicht hoch,
weil oben auf ſich ein Blumen-Kopff
bald præſentirte, und den fernern Schuß
verhinderte. Jch ließ ſolche Blume bloß
par Curioſité ſitzen, ohne die geringſten
Gedancken, daß daraus eine Frucht wer-
den und bleiben duͤrffte. Wie die Blu-
me mit der Zeit zunahm, und ſich end-
lich oͤffnete, ſo war die junge Frucht dar-
innen, ſo auch wider alles Vermuthen
geblieben, und biß zu der Groͤſſe, wie bey-
liegendes Kupffer anweiſet, angewachſen.

§. 12.

Dieſe Methode iſt eigentlich
auf dreyerley Art verſucht worden: Erſt-
lich wird ein Baum aus einem Blat erzo-
gen, das ein Auge hat, da ein ieder gleich
ſiehet, daß der Baum nicht aus einem
Blat wird, ſondern aus einem Auge her-
aus waͤchſt, das Blat aber nur die erſte
Nahrung giebt. Darnach wird ein Blat
in einen Baum verwandelt, indem der

Stiel,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/140>, abgerufen am 23.04.2024.