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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Theils 4. Cap. von unterschiedenen Farben der Thiere.
[Spaltenumbruch] an dem mancherley buntfarbigen Heer-
den-Vieh belustigen könne, eben wie ein
Liebhaber der Blumen an den mancher-
ley gestriemten, geflammten, getippel-
ten, gesprenckelten, und buntscheckigten
Blumen.

§. 2.

Man findet bißweilen in den
Wäldern Hirsche, Rehe, oder Hasen, die
gantz weiß aussehen, die Ursach hievon ist
nicht leichtlich zu apprehendiren. Jn den
kalten Nord-Ländern ist es gar was ge-
wöhnliches, daß die Bäre, Hasen, und
andere wilden Thiere auf die Art fallen,
indem der stetswährende Schnee, den sie
vor den Augen sehen, bey den Thieren bey
ihrer Conception eine solche Phantasie
und Impression würcket, daß auch die
Jungen hernachmahls weiß fallen müs-
sen; Aber in unsern Ländern wird es
vor etwas rares angesehen, und werden
solche weisse Thiere zur Rarität entweder
an andere Potentaten verschencket, oder
in eigenen Thier-Gärten aufbehalten.
Es wollen die Forst-Bedienten aus man-
cherley Erfahrung observiret haben, daß
solche weisse Stücke entweder vor den
Landes-Herrn oder vor das Land etwas
ominöses und eine besondere Fatalität an-
deuten, welches ich an seinen Ort gestellt
seyn lasse.

§. 3.

Die Farben leiten ihren Ur-
sprung aus den vier Elementen, als Was-
ser, Feuer, Erde, und Lufft. Nach dem nun
die mit einander vermischt sind, nach dem
eine Eigenschafft vor den andern praedo-
mini
ret, nach dem pflegen sie sich auch zu
erweisen. Die weisse Farbe soll sonder-
lich von der wässerigten Feuchtigkeit her-
rühren; Die Thiere von dieser Farbe sol-
len nicht so dauerhafft seyn, als die andern,
sondern etwas weichliger Natur und Be-
schaffenheit. Man glaubt insgemein,
daß die Hunde von dieser Farbe einer kal-
ten und wässerigten Complexion sind,
daher auch gehorsamer, stiller und sitt-
samer, als die andern, daß sie in grosser
Hitze länger ausdauren können, einen gu-
ten Geruch, und zum Jagen einen schönen
Laut haben, auch zum Wasser-baden gar
geneigt und fertig sind. Die rothe Far-
be soll sich von dem Element des Feuers
her deriviren; Die Thiere von dieser Far-
be sind von Cholerischer Hitze, zornig, mu-
thig, und listig, und von warmer und
trockener Complexion. Die rothen
Hunde sind voller Feuer, und wegen ihrer
Hitze selten laut, von Natur ungedultig,
und hartnäckigt, zancksüchtig, und beißigt,
[Spaltenumbruch] auch wegen ihres Geblüts denen Kranck-
heiten mehr als andere unterworffen,
dauren nicht in der Hitze, sondern viel-
mehr in der Kälte, überschnellen leichter
die Spuhr, als andere.

§. 4.

Die dritte Haupt-Farbe ist die
schwartze, welche insonderheit von dem
Element der Erde abstammet. Diese
Farbe soll Melancholische Eigenschafften
zeugen, Zorn, Schwermüthigkeit und
Untreue. Die Thiere von dieser Farbe
lassen sich schwerlich corrigiren, und die-
nen solche Hunde besser zum Hetzen, als
zur Erlernung mancherley Künste, oder
zu andern Sachen. Die Lufft ist an und
vor sich selbst nicht geschickt, einen Unter-
scheid der Farben bey den Thieren zuwege
zu bringen, sondern sie muß allezeit mit
andern Theilgen vermischt seyn. Dieje-
nigen Hunde, so schwartz und weiß ge-
sprenckelt sind, und von der Tyger-Art
participiren, werden insgemein vor fal-
sche und ungetreue gehalten, und pfleget
die Erfahrung solches auch ziemlicher mas-
sen zu bestätigen und wahr zu machen.

Das 5. Capitel/
Von der Thiere fruchtbaren
Vermehrung.
§. 1.

Nachdem der allweise Schöpffer alle
Thiere zu dem menschlichen Nutz er-
schaffen, und er seiner Weißheit nach gar
wohl vorher gesehen, daß die Menschen zu
ihrer Nothdurfft und Sättigung gar viel
Thiere benöthiget seyn würden; also hat
er es auch von Ewigkeit her verordnet, daß
die Thiere sich auf eine vielfache Art ver-
mehren müssen. Ob sie sich gleich sehr
vervielfältigen, so ist bey ihnen dennoch
nicht eine so grosse Geilheit, wie bey vielen
vernünfftigen Menschen, anzutreffen; denn
sie beobachten ihre gewisse Zeit, und ob-
servi
ren diejenigen Gesetze, so die Natur
zu ihrer Vermehrung ihnen eingeleget
hat, da hingegen die Menschen ihren gei-
len Begierden weder Ziel noch Maasse zu
setzen wissen. Vor ihre Jungen haben
sie so grosse Liebe und Vorsorge, daß sie
offt manche sorglose und nachläßige El-
tern hierinnen beschämen. Sie tragen
ihnen die Speise und den Raub zu, sie be-
schützen sie so gut als es ihnen möglich vor
den Raub-Thieren, und vor den Nach-
stellungen der Menschen; Jn der Kälte
erwärmen sie solche in ihren Hölen, Gru-

ben

Des Andern Theils 4. Cap. von unterſchiedenen Farben der Thiere.
[Spaltenumbruch] an dem mancherley buntfarbigen Heer-
den-Vieh beluſtigen koͤnne, eben wie ein
Liebhaber der Blumen an den mancher-
ley geſtriemten, geflammten, getippel-
ten, geſprenckelten, und buntſcheckigten
Blumen.

§. 2.

Man findet bißweilen in den
Waͤldern Hirſche, Rehe, oder Haſen, die
gantz weiß ausſehen, die Urſach hievon iſt
nicht leichtlich zu apprehendiren. Jn den
kalten Nord-Laͤndern iſt es gar was ge-
woͤhnliches, daß die Baͤre, Haſen, und
andere wilden Thiere auf die Art fallen,
indem der ſtetswaͤhrende Schnee, den ſie
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ihrer Conception eine ſolche Phantaſie
und Impreſſion wuͤrcket, daß auch die
Jungen hernachmahls weiß fallen muͤſ-
ſen; Aber in unſern Laͤndern wird es
vor etwas rares angeſehen, und werden
ſolche weiſſe Thiere zur Raritaͤt entweder
an andere Potentaten verſchencket, oder
in eigenen Thier-Gaͤrten aufbehalten.
Es wollen die Forſt-Bedienten aus man-
cherley Erfahrung obſerviret haben, daß
ſolche weiſſe Stuͤcke entweder vor den
Landes-Herrn oder vor das Land etwas
ominöſes und eine beſondere Fatalitaͤt an-
deuten, welches ich an ſeinen Ort geſtellt
ſeyn laſſe.

§. 3.

Die Farben leiten ihren Ur-
ſprung aus den vier Elementen, als Waſ-
ſer, Feuer, Erde, und Lufft. Nach dem nun
die mit einander vermiſcht ſind, nach dem
eine Eigenſchafft vor den andern prædo-
mini
ret, nach dem pflegen ſie ſich auch zu
erweiſen. Die weiſſe Farbe ſoll ſonder-
lich von der waͤſſerigten Feuchtigkeit her-
ruͤhren; Die Thiere von dieſer Farbe ſol-
len nicht ſo dauerhafft ſeyn, als die andern,
ſondern etwas weichliger Natur und Be-
ſchaffenheit. Man glaubt insgemein,
daß die Hunde von dieſer Farbe einer kal-
ten und waͤſſerigten Complexion ſind,
daher auch gehorſamer, ſtiller und ſitt-
ſamer, als die andern, daß ſie in groſſer
Hitze laͤnger ausdauren koͤnnen, einen gu-
ten Geruch, und zum Jagen einen ſchoͤnen
Laut haben, auch zum Waſſer-baden gar
geneigt und fertig ſind. Die rothe Far-
be ſoll ſich von dem Element des Feuers
her deriviren; Die Thiere von dieſer Far-
be ſind von Choleriſcher Hitze, zornig, mu-
thig, und liſtig, und von warmer und
trockener Complexion. Die rothen
Hunde ſind voller Feuer, und wegen ihrer
Hitze ſelten laut, von Natur ungedultig,
und hartnaͤckigt, zanckſuͤchtig, und beißigt,
[Spaltenumbruch] auch wegen ihres Gebluͤts denen Kranck-
heiten mehr als andere unterworffen,
dauren nicht in der Hitze, ſondern viel-
mehr in der Kaͤlte, uͤberſchnellen leichter
die Spuhr, als andere.

§. 4.

Die dritte Haupt-Farbe iſt die
ſchwartze, welche inſonderheit von dem
Element der Erde abſtammet. Dieſe
Farbe ſoll Melancholiſche Eigenſchafften
zeugen, Zorn, Schwermuͤthigkeit und
Untreue. Die Thiere von dieſer Farbe
laſſen ſich ſchwerlich corrigiren, und die-
nen ſolche Hunde beſſer zum Hetzen, als
zur Erlernung mancherley Kuͤnſte, oder
zu andern Sachen. Die Lufft iſt an und
vor ſich ſelbſt nicht geſchickt, einen Unter-
ſcheid der Farben bey den Thieren zuwege
zu bringen, ſondern ſie muß allezeit mit
andern Theilgen vermiſcht ſeyn. Dieje-
nigen Hunde, ſo ſchwartz und weiß ge-
ſprenckelt ſind, und von der Tyger-Art
participiren, werden insgemein vor fal-
ſche und ungetreue gehalten, und pfleget
die Erfahrung ſolches auch ziemlicher maſ-
ſen zu beſtaͤtigen und wahr zu machen.

Das 5. Capitel/
Von der Thiere fruchtbaren
Vermehrung.
§. 1.

Nachdem der allweiſe Schoͤpffer alle
Thiere zu dem menſchlichen Nutz er-
ſchaffen, und er ſeiner Weißheit nach gar
wohl vorher geſehen, daß die Menſchen zu
ihrer Nothdurfft und Saͤttigung gar viel
Thiere benoͤthiget ſeyn wuͤrden; alſo hat
er es auch von Ewigkeit her verordnet, daß
die Thiere ſich auf eine vielfache Art ver-
mehren muͤſſen. Ob ſie ſich gleich ſehr
vervielfaͤltigen, ſo iſt bey ihnen dennoch
nicht eine ſo groſſe Geilheit, wie bey vielen
vernuͤnfftigen Menſchen, anzutreffen; deñ
ſie beobachten ihre gewiſſe Zeit, und ob-
ſervi
ren diejenigen Geſetze, ſo die Natur
zu ihrer Vermehrung ihnen eingeleget
hat, da hingegen die Menſchen ihren gei-
len Begierden weder Ziel noch Maaſſe zu
ſetzen wiſſen. Vor ihre Jungen haben
ſie ſo groſſe Liebe und Vorſorge, daß ſie
offt manche ſorgloſe und nachlaͤßige El-
tern hierinnen beſchaͤmen. Sie tragen
ihnen die Speiſe und den Raub zu, ſie be-
ſchuͤtzen ſie ſo gut als es ihnen moͤglich vor
den Raub-Thieren, und vor den Nach-
ſtellungen der Menſchen; Jn der Kaͤlte
erwaͤrmen ſie ſolche in ihren Hoͤlen, Gru-

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[94/0158] Des Andern Theils 4. Cap. von unterſchiedenen Farben der Thiere. an dem mancherley buntfarbigen Heer- den-Vieh beluſtigen koͤnne, eben wie ein Liebhaber der Blumen an den mancher- ley geſtriemten, geflammten, getippel- ten, geſprenckelten, und buntſcheckigten Blumen. §. 2. Man findet bißweilen in den Waͤldern Hirſche, Rehe, oder Haſen, die gantz weiß ausſehen, die Urſach hievon iſt nicht leichtlich zu apprehendiren. Jn den kalten Nord-Laͤndern iſt es gar was ge- woͤhnliches, daß die Baͤre, Haſen, und andere wilden Thiere auf die Art fallen, indem der ſtetswaͤhrende Schnee, den ſie vor den Augen ſehen, bey den Thieren bey ihrer Conception eine ſolche Phantaſie und Impreſſion wuͤrcket, daß auch die Jungen hernachmahls weiß fallen muͤſ- ſen; Aber in unſern Laͤndern wird es vor etwas rares angeſehen, und werden ſolche weiſſe Thiere zur Raritaͤt entweder an andere Potentaten verſchencket, oder in eigenen Thier-Gaͤrten aufbehalten. Es wollen die Forſt-Bedienten aus man- cherley Erfahrung obſerviret haben, daß ſolche weiſſe Stuͤcke entweder vor den Landes-Herrn oder vor das Land etwas ominöſes und eine beſondere Fatalitaͤt an- deuten, welches ich an ſeinen Ort geſtellt ſeyn laſſe. §. 3. Die Farben leiten ihren Ur- ſprung aus den vier Elementen, als Waſ- ſer, Feuer, Erde, und Lufft. Nach dem nun die mit einander vermiſcht ſind, nach dem eine Eigenſchafft vor den andern prædo- miniret, nach dem pflegen ſie ſich auch zu erweiſen. Die weiſſe Farbe ſoll ſonder- lich von der waͤſſerigten Feuchtigkeit her- ruͤhren; Die Thiere von dieſer Farbe ſol- len nicht ſo dauerhafft ſeyn, als die andern, ſondern etwas weichliger Natur und Be- ſchaffenheit. Man glaubt insgemein, daß die Hunde von dieſer Farbe einer kal- ten und waͤſſerigten Complexion ſind, daher auch gehorſamer, ſtiller und ſitt- ſamer, als die andern, daß ſie in groſſer Hitze laͤnger ausdauren koͤnnen, einen gu- ten Geruch, und zum Jagen einen ſchoͤnen Laut haben, auch zum Waſſer-baden gar geneigt und fertig ſind. Die rothe Far- be ſoll ſich von dem Element des Feuers her deriviren; Die Thiere von dieſer Far- be ſind von Choleriſcher Hitze, zornig, mu- thig, und liſtig, und von warmer und trockener Complexion. Die rothen Hunde ſind voller Feuer, und wegen ihrer Hitze ſelten laut, von Natur ungedultig, und hartnaͤckigt, zanckſuͤchtig, und beißigt, auch wegen ihres Gebluͤts denen Kranck- heiten mehr als andere unterworffen, dauren nicht in der Hitze, ſondern viel- mehr in der Kaͤlte, uͤberſchnellen leichter die Spuhr, als andere. §. 4. Die dritte Haupt-Farbe iſt die ſchwartze, welche inſonderheit von dem Element der Erde abſtammet. Dieſe Farbe ſoll Melancholiſche Eigenſchafften zeugen, Zorn, Schwermuͤthigkeit und Untreue. Die Thiere von dieſer Farbe laſſen ſich ſchwerlich corrigiren, und die- nen ſolche Hunde beſſer zum Hetzen, als zur Erlernung mancherley Kuͤnſte, oder zu andern Sachen. Die Lufft iſt an und vor ſich ſelbſt nicht geſchickt, einen Unter- ſcheid der Farben bey den Thieren zuwege zu bringen, ſondern ſie muß allezeit mit andern Theilgen vermiſcht ſeyn. Dieje- nigen Hunde, ſo ſchwartz und weiß ge- ſprenckelt ſind, und von der Tyger-Art participiren, werden insgemein vor fal- ſche und ungetreue gehalten, und pfleget die Erfahrung ſolches auch ziemlicher maſ- ſen zu beſtaͤtigen und wahr zu machen. Das 5. Capitel/ Von der Thiere fruchtbaren Vermehrung. §. 1. Nachdem der allweiſe Schoͤpffer alle Thiere zu dem menſchlichen Nutz er- ſchaffen, und er ſeiner Weißheit nach gar wohl vorher geſehen, daß die Menſchen zu ihrer Nothdurfft und Saͤttigung gar viel Thiere benoͤthiget ſeyn wuͤrden; alſo hat er es auch von Ewigkeit her verordnet, daß die Thiere ſich auf eine vielfache Art ver- mehren muͤſſen. Ob ſie ſich gleich ſehr vervielfaͤltigen, ſo iſt bey ihnen dennoch nicht eine ſo groſſe Geilheit, wie bey vielen vernuͤnfftigen Menſchen, anzutreffen; deñ ſie beobachten ihre gewiſſe Zeit, und ob- ſerviren diejenigen Geſetze, ſo die Natur zu ihrer Vermehrung ihnen eingeleget hat, da hingegen die Menſchen ihren gei- len Begierden weder Ziel noch Maaſſe zu ſetzen wiſſen. Vor ihre Jungen haben ſie ſo groſſe Liebe und Vorſorge, daß ſie offt manche ſorgloſe und nachlaͤßige El- tern hierinnen beſchaͤmen. Sie tragen ihnen die Speiſe und den Raub zu, ſie be- ſchuͤtzen ſie ſo gut als es ihnen moͤglich vor den Raub-Thieren, und vor den Nach- ſtellungen der Menſchen; Jn der Kaͤlte erwaͤrmen ſie ſolche in ihren Hoͤlen, Gru- ben

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/158>, abgerufen am 24.04.2024.