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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Theils 7. Cap. von dem Bären-Garten.
[Spaltenumbruch] ter und Wurtzel-Werck darinnen stehen
und wachsen, die die Bären zu geniessen
haben.

§. 2.

Der Umfang des Bären-Gar-
tens richtet sich nach dem beliebigen Ge-
fallen eines jeden grossen Herrn, vor-
nemlich aber nach der Situation, und Be-
schaffenheit des Ortes. Man muß ihn
umgeben mit einer Mauer, die von einer
guten Elle dicke, und sieben Ellen hoch,
worauf oben ein von Dach-Steinen ab-
werts hangendes kleines Dach seyn muß,
damit die Mauer vor Schnee und Regen
gesichert werde. Der Grund zu dieser
Mauer wird am sichersten im Frühling
oder Herbst zwey Ellen tief, und andert-
halb Ellen dick, mit guten Feld-Steinen
biß über der Erde hoch durch Spahr-
Kalch verschüttet und aufgeführt. Auf
solchen gelegten Grund wird die Mauer
gleich zu Anfang des Sommers bey gu-
tem Wetter mit rechtem guten Kalch fest
gemauert, und sonderlich inwendig wohl
beworffen, daß sie gantz glatt werde, da-
mit kein Bär übersteigen möge.

§. 3.

Jn diesen gebaueten Bären-
Garten werden gemeiniglich die Bäre ge-
than, die in denjenigen Landen, wo wel-
che anzutreffen, lebendig gefangen und
in Kasten dahin geliefert worden, damit
dieselben nach ihrer Natur und Jahres-
Zeit darinnen brunpfften, sich vermeh-
ren, und ihre Jungen also gleichfalls auf-
erziehen, daß die Herrschafft nachmahls
auf Begehren zu einem angestellten Hof-
Kampff- und Lust-Jagen, dasjenige, so ihr
gefällig, daraus nehmen und einfangen
möge. An den Orten, wo ein Bären-
Garten vorhanden, müssen die Caviller
das Luder von dem umgefallenen Vieh
fleißig anschaffen, und das bey einem
Vieh-Sterben verreckte zur Fütterung
trocknen, und verwahrlich aufbehalten,
die Bäre in Ermangelung andern Fut-
ters damit zu füttern; im Nothfall wird
den Bären grobes mit Kleyen und Schrot
oder Eicheln gebacknes Brod gegeben.

§. 4.

Jn diesen Bären-Garten ge-
hören auch vor allen Dingen einige Bä-
ren-Fänge, darinnen man die Bäre ge-
wöhnen und füttern muß, wann sie ein-
gefangen werden sollen. Diese Bären-
Fänge sind hochgemauerte Behältnisse,
wie eine Stube, doch oben offen, wo-
durch die Fall-Thüren hinein gehen. Die
Fall-Thüren sind von starcken Eiche-
nen Pfosten, 5. Zoll dick, und andert-
halb Elle breit, auch zwey Ellen hoch,
[Spaltenumbruch] mit starcken eisernen Blech beschlagen.
Uber jedwede Fall-Thüre ist ein klein
Dächlein, darunter die Winden trocken
seyn können, die Fall-Thüren aufzuziehen
und niederzulassen; hierzu ist es rathsa-
mer Ketten als Leinen zu gebrauchen.
Von diesen allen ist in des Herrn Johann
Täntzers herausgegebenem Jagd-Bu-
che, in dem II. Theil von p. 62. biß 67. aus-
führliche Nachricht zu finden, dahin ich
den geneigten Leser will verwiesen ha-
ben.

§. 5.

Jn dem Churfürstenthum Sach-
sen haben wir, wo mir recht ist, an zwey
Orten dergleichen Bären-Gärten, als ei-
nen bey dem Churfürstlichen Schloß zu
Tzschopa, so ohnweit Chemnitz lieget; und
den andern bey Augustusburg, an wel-
chem letztern Orte vor einigen Jahren ein
Bär groß Unheyl angerichtet. Er ent-
sprang aus dem Bären-Garten, kam vor
eines Fleischers Hauß, und riß ein Käl-
ber-Viertel herunter, und als ihn die
Frau abwehren wolte, so zuriß er die-
selbe nebst dem Kinde. Als dieses nun
einen grossen Tumult erweckte, so wurd
er endlich erschossen. Man hat also bey
solchen Behältnissen, wo wilde Thiere
verwahret werden, alle Vorsichtigkeit
und Behutsamkeit anzuwenden, damit
sie nicht Unglück anrichten; denn solche
wilde Thiere, sie mögen auch gezähmet
seyn wie sie wollen, lassen doch nicht gäntz-
lich von ihrer Art, daß sie nicht bißweilen
auf ihren vorigen Grimm verfallen sol-
ten, welches man auch nur an den klei-
nen, als Füchsen, Mardern, wilden Ka-
tzen, Jltissen u. s. w. abnehmen kan.

Das 7. Capitel/
Von dem Gehäge.
§. 1.

Jn dem ersten Theile meines Jagd-
Buches hab ich Anleitung gegeben,
wie ein Wald mit zahm-erzogenen Hirsch-
oder Wild-Kälbern zu vermehren sey.
Es pflegen diese Thiere, die mit dem an-
dern zahmen Vieh im Walde herum
lauffen, bey den Küh-Mägden der Men-
schen gewohnen, und mit der Küh-Milch
ernehret und auferzogen worden, her-
nach so kürre zu werden, daß sie unge-
scheuet zu den Menschen gehen. Wenn
aber diese zahm-erzogene Thiere un-
gefehr in dem Wald zu Klaffter-Schlä-
gern oder zu fremden Bauern kommen,

und

Des Andern Theils 7. Cap. von dem Baͤren-Garten.
[Spaltenumbruch] ter und Wurtzel-Werck darinnen ſtehen
und wachſen, die die Baͤren zu genieſſen
haben.

§. 2.

Der Umfang des Baͤren-Gar-
tens richtet ſich nach dem beliebigen Ge-
fallen eines jeden groſſen Herrn, vor-
nemlich aber nach der Situation, und Be-
ſchaffenheit des Ortes. Man muß ihn
umgeben mit einer Mauer, die von einer
guten Elle dicke, und ſieben Ellen hoch,
worauf oben ein von Dach-Steinen ab-
werts hangendes kleines Dach ſeyn muß,
damit die Mauer vor Schnee und Regen
geſichert werde. Der Grund zu dieſer
Mauer wird am ſicherſten im Fruͤhling
oder Herbſt zwey Ellen tief, und andert-
halb Ellen dick, mit guten Feld-Steinen
biß uͤber der Erde hoch durch Spahr-
Kalch verſchuͤttet und aufgefuͤhrt. Auf
ſolchen gelegten Grund wird die Mauer
gleich zu Anfang des Sommers bey gu-
tem Wetter mit rechtem guten Kalch feſt
gemauert, und ſonderlich inwendig wohl
beworffen, daß ſie gantz glatt werde, da-
mit kein Baͤr uͤberſteigen moͤge.

§. 3.

Jn dieſen gebaueten Baͤren-
Garten werden gemeiniglich die Baͤre ge-
than, die in denjenigen Landen, wo wel-
che anzutreffen, lebendig gefangen und
in Kaſten dahin geliefert worden, damit
dieſelben nach ihrer Natur und Jahres-
Zeit darinnen brunpfften, ſich vermeh-
ren, und ihre Jungen alſo gleichfalls auf-
erziehen, daß die Herrſchafft nachmahls
auf Begehren zu einem angeſtellten Hof-
Kampff- und Luſt-Jagen, dasjenige, ſo ihr
gefaͤllig, daraus nehmen und einfangen
moͤge. An den Orten, wo ein Baͤren-
Garten vorhanden, muͤſſen die Caviller
das Luder von dem umgefallenen Vieh
fleißig anſchaffen, und das bey einem
Vieh-Sterben verreckte zur Fuͤtterung
trocknen, und verwahrlich aufbehalten,
die Baͤre in Ermangelung andern Fut-
ters damit zu fuͤttern; im Nothfall wird
den Baͤren grobes mit Kleyen und Schrot
oder Eicheln gebacknes Brod gegeben.

§. 4.

Jn dieſen Baͤren-Garten ge-
hoͤren auch vor allen Dingen einige Baͤ-
ren-Faͤnge, darinnen man die Baͤre ge-
woͤhnen und fuͤttern muß, wann ſie ein-
gefangen werden ſollen. Dieſe Baͤren-
Faͤnge ſind hochgemauerte Behaͤltniſſe,
wie eine Stube, doch oben offen, wo-
durch die Fall-Thuͤren hinein gehen. Die
Fall-Thuͤren ſind von ſtarcken Eiche-
nen Pfoſten, 5. Zoll dick, und andert-
halb Elle breit, auch zwey Ellen hoch,
[Spaltenumbruch] mit ſtarcken eiſernen Blech beſchlagen.
Uber jedwede Fall-Thuͤre iſt ein klein
Daͤchlein, darunter die Winden trocken
ſeyn koͤnnen, die Fall-Thuͤren aufzuziehen
und niederzulaſſen; hierzu iſt es rathſa-
mer Ketten als Leinen zu gebrauchen.
Von dieſen allen iſt in des Herrn Johann
Taͤntzers herausgegebenem Jagd-Bu-
che, in dem II. Theil von p. 62. biß 67. aus-
fuͤhrliche Nachricht zu finden, dahin ich
den geneigten Leſer will verwieſen ha-
ben.

§. 5.

Jn dem Churfuͤrſtenthum Sach-
ſen haben wir, wo mir recht iſt, an zwey
Orten dergleichen Baͤren-Gaͤrten, als ei-
nen bey dem Churfuͤrſtlichen Schloß zu
Tzſchopa, ſo ohnweit Chemnitz lieget; und
den andern bey Auguſtusburg, an wel-
chem letztern Orte vor einigen Jahren ein
Baͤr groß Unheyl angerichtet. Er ent-
ſprang aus dem Baͤren-Garten, kam vor
eines Fleiſchers Hauß, und riß ein Kaͤl-
ber-Viertel herunter, und als ihn die
Frau abwehren wolte, ſo zuriß er die-
ſelbe nebſt dem Kinde. Als dieſes nun
einen groſſen Tumult erweckte, ſo wurd
er endlich erſchoſſen. Man hat alſo bey
ſolchen Behaͤltniſſen, wo wilde Thiere
verwahret werden, alle Vorſichtigkeit
und Behutſamkeit anzuwenden, damit
ſie nicht Ungluͤck anrichten; denn ſolche
wilde Thiere, ſie moͤgen auch gezaͤhmet
ſeyn wie ſie wollen, laſſen doch nicht gaͤntz-
lich von ihrer Art, daß ſie nicht bißweilen
auf ihren vorigen Grimm verfallen ſol-
ten, welches man auch nur an den klei-
nen, als Fuͤchſen, Mardern, wilden Ka-
tzen, Jltiſſen u. ſ. w. abnehmen kan.

Das 7. Capitel/
Von dem Gehaͤge.
§. 1.

Jn dem erſten Theile meines Jagd-
Buches hab ich Anleitung gegeben,
wie ein Wald mit zahm-erzogenen Hirſch-
oder Wild-Kaͤlbern zu vermehren ſey.
Es pflegen dieſe Thiere, die mit dem an-
dern zahmen Vieh im Walde herum
lauffen, bey den Kuͤh-Maͤgden der Men-
ſchen gewohnen, und mit der Kuͤh-Milch
ernehret und auferzogen worden, her-
nach ſo kuͤrre zu werden, daß ſie unge-
ſcheuet zu den Menſchen gehen. Wenn
aber dieſe zahm-erzogene Thiere un-
gefehr in dem Wald zu Klaffter-Schlaͤ-
gern oder zu fremden Bauern kommen,

und
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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/160>, abgerufen am 19.04.2024.