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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Th. 38. C. vom Hanff und Flachse.
[Spaltenumbruch] gehoben, hinlegen, biß zum künfftigen
Frühling. Wenn die Weiden im Frülhing
anfangen auszuschlagen, muß man ihn
ein acht oder zehen Tage lang ins Wasser
legen, und rösten lassen. Jst nun der
Hanff so zeitig, kan man ihn aus dem
Wasser ziehen, Schoberweise legen, dar-
nach wohl trocknen, und nach Hause füh-
ren, zu Hause ihn in den Ofen legen, oder
in einer besondern Dürre fein vorsichtig
dürren, nachgehends mit besondern
Schlegeln klopffen, in denen hiezu gemach-
ten Brechen endlich wohl schwingen und
hecheln, auf daß das gute von dem Werg
und Flocken abgesondert werde; denn je
mehr dis Kraut gepläuet und geschlagen
wird, je mehr kommt es zu seiner Voll-
kommenheit. Das Hänffne Werg wird
zu Fischer-Zeugen, Hasen-Netzen und
Seyler-Hanthierung gebraucht, auch bey
gemeinen und schlechten Leuten in der
Haußwirthschafft genutzet, um Leinen
Tuch daraus zu verfertigen. Die Hanff-
Körner werden Kannen-Weise verkaufft,
sie dienen den Vögeln zur Speise und
wird auch Oehl daraus geschlagen. Die
gemeinen Leute reiben den Hanff in einem
Asche mit etwas Milch, schlagen dieses
durch einen Durchschlag, und kochen her-
nachmals Suppen davon, die eines gar
angenehmen Geschmackes sind.

§. 4.

Der Flachs erfordert ebenfalls
einen guten und fetten Grund, und muß
der Acker vorher mit gutem Dünger
wohl durchmistet seyn. Man muß ihn,
wo möglich, noch vor Winters, um ihn
mürbe zu machen, etliche mahl umackern,
und den Frühling darauf, nach Gelegen-
heit der Landes-Art, entweder vor oder
nach Ostern mit guten Saamen besäen.
Man säet den Lein gerne bey stiller Lufft
Vormittags, denn wo er Nachmittags
gesäet würde, soll er stets blühen, und
nicht reiff werden. Man hat zweyerley
Lein-Saamen, der eine wird Säe-Lein ge-
nennet, und trägt langen Flachs. Der
andere aber ist ordinaire. Unter die Ei-
genschafften eines guten Saamens wird
mit gezehlet, wenn er fein blanck und rein
ist, und nicht viel Seyde in sich faßt, als
welches lauter Unkraut bringt, daß den
Flachs niederreißt, und sich wie eine
Schlange um ihn herum wickelt, daher
auch dieses Unkraut den Nahmen Seyde
führet, weil es sich wie die Flock-Seyde
leichtlich um etwas verwickelt.

§. 5.

Wenn der Flachs Knoten be-
kommen, gelbe und reiff worden, wird er
[Spaltenumbruch] ausgeraufft, in Bündel gebunden, aufge-
spreitet, getrocknet, die Knoten werden
ihm abgeräuffelt, mit Stroh oder Bast
umbunden, und im stehenden Wasser bey
warmen Wetter eingesenckt; Darinnen
wird er vier oder fünff Tage nach Belie-
ben geröstet, und bleibet so mit Bretern
und Steinen beschweret eingetaucht, da
er denn hernach heraus, an die Sonne
aufgestellt, und getrocknet wird, biß er
recht dürre, und zum pläuen und klopf-
fen ziemlich tauglich; alsdenn wird er in
einem wohlgesauberten Back-Ofen ge-
dörret; der Ofen wird mit einem Büschel
Stroh wohl vermacht, die Wärme zu fas-
sen und beysammen zu halten. Man
hat nothwendig hierbey in Acht zu neh-
men, daß man ihn nicht stracks breche, son-
dern alsdenn erstlich, wenn er ein wenig
von der Dürre nachgelassen, so in zwey biß
drey Tagen geschicht, nach dem der Ofen
beschaffen ist. Denn wo er zu dürre ist,
schlägt er sich von einander, bricht, und
das weisse gehet zu Werge, ist er aber
zu zäh, so ist er gar unbändig und hart,
und giebt kein gut Gespinste. Nach dem
Brechen muß er erstlich durch eine gro-
be, dann mittelmäßige, und endlich kla-
re Hechel gezogen, und von dem Werg
abgesondert werden, das Werg wird in
Wickel zusammen gemacht, und gerollet,
und endlich den Weibs-Personen zum
spinnen gegeben. Den Flachs kan man
wohl dreyßig biß viertzig Jahr gut er-
halten, sonderlich, wenn er in Schlag-
Fässer feste eingepackt, er muß aber erst
gehechelt seyn. Einige sagen, je älter der
Flachs wäre, je besser würde er. Von
einer Metze Lein-Saamen kan man wohl
ein zwey biß drey Schock Flachs erbauen.
Der Lein-Saamen hält sich einige Jahr
gut, und muß man ihn bißweilen auf dem
Boden umwenden. Aus dem Lein-Saa-
men wird das Lein-Oel geschlagen, u. zwar
aus dem geringsten, den besten verkaufft
man. Das Lein-Oehl gebrauchen die
Buchdrucker, Kupffer-Drucker, Mahler
u. s. w. Es dienet auch zum brennen,
wie das Rübsen-Oehl. Die armen Leu-
te pflegen es auch wohl, wenn es frisch ist,
auf den Grütze zu giessen, und zu Brode
zu essen. Wenn das Lein-Oehl heraus
gepresset, so ist der Lein-Kuche übrig,
welcher gleichfals seinen Nutzen hat; Man
gebraucht sie nicht allein in das Gesöff zu
legen vor die Pferde, und das Rind-
Vieh, sondern auch zum Mästen vor die
Schweine.

Das
Q 3

Des Andern Th. 38. C. vom Hanff und Flachſe.
[Spaltenumbruch] gehoben, hinlegen, biß zum kuͤnfftigen
Fruͤhling. Wenn die Weiden im Fruͤlhing
anfangen auszuſchlagen, muß man ihn
ein acht oder zehen Tage lang ins Waſſer
legen, und roͤſten laſſen. Jſt nun der
Hanff ſo zeitig, kan man ihn aus dem
Waſſer ziehen, Schoberweiſe legen, dar-
nach wohl trocknen, und nach Hauſe fuͤh-
ren, zu Hauſe ihn in den Ofen legen, oder
in einer beſondern Duͤrre fein vorſichtig
duͤrren, nachgehends mit beſondern
Schlegeln klopffen, in denen hiezu gemach-
ten Brechen endlich wohl ſchwingen und
hecheln, auf daß das gute von dem Werg
und Flocken abgeſondert werde; denn je
mehr dis Kraut geplaͤuet und geſchlagen
wird, je mehr kommt es zu ſeiner Voll-
kommenheit. Das Haͤnffne Werg wird
zu Fiſcher-Zeugen, Haſen-Netzen und
Seyler-Hanthierung gebraucht, auch bey
gemeinen und ſchlechten Leuten in der
Haußwirthſchafft genutzet, um Leinen
Tuch daraus zu verfertigen. Die Hanff-
Koͤrner werden Kañen-Weiſe verkaufft,
ſie dienen den Voͤgeln zur Speiſe und
wird auch Oehl daraus geſchlagen. Die
gemeinen Leute reiben den Hanff in einem
Aſche mit etwas Milch, ſchlagen dieſes
durch einen Durchſchlag, und kochen her-
nachmals Suppen davon, die eines gar
angenehmen Geſchmackes ſind.

§. 4.

Der Flachs erfordert ebenfalls
einen guten und fetten Grund, und muß
der Acker vorher mit gutem Duͤnger
wohl durchmiſtet ſeyn. Man muß ihn,
wo moͤglich, noch vor Winters, um ihn
muͤrbe zu machen, etliche mahl umackern,
und den Fruͤhling darauf, nach Gelegen-
heit der Landes-Art, entweder vor oder
nach Oſtern mit guten Saamen beſaͤen.
Man ſaͤet den Lein gerne bey ſtiller Lufft
Vormittags, denn wo er Nachmittags
geſaͤet wuͤrde, ſoll er ſtets bluͤhen, und
nicht reiff werden. Man hat zweyerley
Lein-Saamen, der eine wird Saͤe-Lein ge-
nennet, und traͤgt langen Flachs. Der
andere aber iſt ordinaire. Unter die Ei-
genſchafften eines guten Saamens wird
mit gezehlet, wenn er fein blanck und rein
iſt, und nicht viel Seyde in ſich faßt, als
welches lauter Unkraut bringt, daß den
Flachs niederreißt, und ſich wie eine
Schlange um ihn herum wickelt, daher
auch dieſes Unkraut den Nahmen Seyde
fuͤhret, weil es ſich wie die Flock-Seyde
leichtlich um etwas verwickelt.

§. 5.

Wenn der Flachs Knoten be-
kommen, gelbe und reiff worden, wird er
[Spaltenumbruch] ausgeraufft, in Buͤndel gebunden, aufge-
ſpreitet, getrocknet, die Knoten werden
ihm abgeraͤuffelt, mit Stroh oder Baſt
umbunden, und im ſtehenden Waſſer bey
warmen Wetter eingeſenckt; Darinnen
wird er vier oder fuͤnff Tage nach Belie-
ben geroͤſtet, und bleibet ſo mit Bretern
und Steinen beſchweret eingetaucht, da
er denn hernach heraus, an die Sonne
aufgeſtellt, und getrocknet wird, biß er
recht duͤrre, und zum plaͤuen und klopf-
fen ziemlich tauglich; alsdenn wird er in
einem wohlgeſauberten Back-Ofen ge-
doͤrret; der Ofen wird mit einem Buͤſchel
Stroh wohl vermacht, die Waͤrme zu faſ-
ſen und beyſammen zu halten. Man
hat nothwendig hierbey in Acht zu neh-
men, daß man ihn nicht ſtracks breche, ſon-
dern alsdenn erſtlich, wenn er ein wenig
von der Duͤrre nachgelaſſen, ſo in zwey biß
drey Tagen geſchicht, nach dem der Ofen
beſchaffen iſt. Denn wo er zu duͤrre iſt,
ſchlaͤgt er ſich von einander, bricht, und
das weiſſe gehet zu Werge, iſt er aber
zu zaͤh, ſo iſt er gar unbaͤndig und hart,
und giebt kein gut Geſpinſte. Nach dem
Brechen muß er erſtlich durch eine gro-
be, dann mittelmaͤßige, und endlich kla-
re Hechel gezogen, und von dem Werg
abgeſondert werden, das Werg wird in
Wickel zuſammen gemacht, und gerollet,
und endlich den Weibs-Perſonen zum
ſpinnen gegeben. Den Flachs kan man
wohl dreyßig biß viertzig Jahr gut er-
halten, ſonderlich, wenn er in Schlag-
Faͤſſer feſte eingepackt, er muß aber erſt
gehechelt ſeyn. Einige ſagen, je aͤlter der
Flachs waͤre, je beſſer wuͤrde er. Von
einer Metze Lein-Saamen kan man wohl
ein zwey biß drey Schock Flachs erbauen.
Der Lein-Saamen haͤlt ſich einige Jahr
gut, und muß man ihn bißweilen auf dem
Boden umwenden. Aus dem Lein-Saa-
men wird das Lein-Oel geſchlagen, u. zwar
aus dem geringſten, den beſten verkaufft
man. Das Lein-Oehl gebrauchen die
Buchdrucker, Kupffer-Drucker, Mahler
u. ſ. w. Es dienet auch zum brennen,
wie das Ruͤbſen-Oehl. Die armen Leu-
te pflegen es auch wohl, wenn es friſch iſt,
auf den Gruͤtze zu gieſſen, und zu Brode
zu eſſen. Wenn das Lein-Oehl heraus
gepreſſet, ſo iſt der Lein-Kuche uͤbrig,
welcher gleichfals ſeinen Nutzen hat; Man
gebraucht ſie nicht allein in das Geſoͤff zu
legen vor die Pferde, und das Rind-
Vieh, ſondern auch zum Maͤſten vor die
Schweine.

Das
Q 3
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[125/0213] Des Andern Th. 38. C. vom Hanff und Flachſe. gehoben, hinlegen, biß zum kuͤnfftigen Fruͤhling. Wenn die Weiden im Fruͤlhing anfangen auszuſchlagen, muß man ihn ein acht oder zehen Tage lang ins Waſſer legen, und roͤſten laſſen. Jſt nun der Hanff ſo zeitig, kan man ihn aus dem Waſſer ziehen, Schoberweiſe legen, dar- nach wohl trocknen, und nach Hauſe fuͤh- ren, zu Hauſe ihn in den Ofen legen, oder in einer beſondern Duͤrre fein vorſichtig duͤrren, nachgehends mit beſondern Schlegeln klopffen, in denen hiezu gemach- ten Brechen endlich wohl ſchwingen und hecheln, auf daß das gute von dem Werg und Flocken abgeſondert werde; denn je mehr dis Kraut geplaͤuet und geſchlagen wird, je mehr kommt es zu ſeiner Voll- kommenheit. Das Haͤnffne Werg wird zu Fiſcher-Zeugen, Haſen-Netzen und Seyler-Hanthierung gebraucht, auch bey gemeinen und ſchlechten Leuten in der Haußwirthſchafft genutzet, um Leinen Tuch daraus zu verfertigen. Die Hanff- Koͤrner werden Kañen-Weiſe verkaufft, ſie dienen den Voͤgeln zur Speiſe und wird auch Oehl daraus geſchlagen. Die gemeinen Leute reiben den Hanff in einem Aſche mit etwas Milch, ſchlagen dieſes durch einen Durchſchlag, und kochen her- nachmals Suppen davon, die eines gar angenehmen Geſchmackes ſind. §. 4. Der Flachs erfordert ebenfalls einen guten und fetten Grund, und muß der Acker vorher mit gutem Duͤnger wohl durchmiſtet ſeyn. Man muß ihn, wo moͤglich, noch vor Winters, um ihn muͤrbe zu machen, etliche mahl umackern, und den Fruͤhling darauf, nach Gelegen- heit der Landes-Art, entweder vor oder nach Oſtern mit guten Saamen beſaͤen. Man ſaͤet den Lein gerne bey ſtiller Lufft Vormittags, denn wo er Nachmittags geſaͤet wuͤrde, ſoll er ſtets bluͤhen, und nicht reiff werden. Man hat zweyerley Lein-Saamen, der eine wird Saͤe-Lein ge- nennet, und traͤgt langen Flachs. Der andere aber iſt ordinaire. Unter die Ei- genſchafften eines guten Saamens wird mit gezehlet, wenn er fein blanck und rein iſt, und nicht viel Seyde in ſich faßt, als welches lauter Unkraut bringt, daß den Flachs niederreißt, und ſich wie eine Schlange um ihn herum wickelt, daher auch dieſes Unkraut den Nahmen Seyde fuͤhret, weil es ſich wie die Flock-Seyde leichtlich um etwas verwickelt. §. 5. Wenn der Flachs Knoten be- kommen, gelbe und reiff worden, wird er ausgeraufft, in Buͤndel gebunden, aufge- ſpreitet, getrocknet, die Knoten werden ihm abgeraͤuffelt, mit Stroh oder Baſt umbunden, und im ſtehenden Waſſer bey warmen Wetter eingeſenckt; Darinnen wird er vier oder fuͤnff Tage nach Belie- ben geroͤſtet, und bleibet ſo mit Bretern und Steinen beſchweret eingetaucht, da er denn hernach heraus, an die Sonne aufgeſtellt, und getrocknet wird, biß er recht duͤrre, und zum plaͤuen und klopf- fen ziemlich tauglich; alsdenn wird er in einem wohlgeſauberten Back-Ofen ge- doͤrret; der Ofen wird mit einem Buͤſchel Stroh wohl vermacht, die Waͤrme zu faſ- ſen und beyſammen zu halten. Man hat nothwendig hierbey in Acht zu neh- men, daß man ihn nicht ſtracks breche, ſon- dern alsdenn erſtlich, wenn er ein wenig von der Duͤrre nachgelaſſen, ſo in zwey biß drey Tagen geſchicht, nach dem der Ofen beſchaffen iſt. Denn wo er zu duͤrre iſt, ſchlaͤgt er ſich von einander, bricht, und das weiſſe gehet zu Werge, iſt er aber zu zaͤh, ſo iſt er gar unbaͤndig und hart, und giebt kein gut Geſpinſte. Nach dem Brechen muß er erſtlich durch eine gro- be, dann mittelmaͤßige, und endlich kla- re Hechel gezogen, und von dem Werg abgeſondert werden, das Werg wird in Wickel zuſammen gemacht, und gerollet, und endlich den Weibs-Perſonen zum ſpinnen gegeben. Den Flachs kan man wohl dreyßig biß viertzig Jahr gut er- halten, ſonderlich, wenn er in Schlag- Faͤſſer feſte eingepackt, er muß aber erſt gehechelt ſeyn. Einige ſagen, je aͤlter der Flachs waͤre, je beſſer wuͤrde er. Von einer Metze Lein-Saamen kan man wohl ein zwey biß drey Schock Flachs erbauen. Der Lein-Saamen haͤlt ſich einige Jahr gut, und muß man ihn bißweilen auf dem Boden umwenden. Aus dem Lein-Saa- men wird das Lein-Oel geſchlagen, u. zwar aus dem geringſten, den beſten verkaufft man. Das Lein-Oehl gebrauchen die Buchdrucker, Kupffer-Drucker, Mahler u. ſ. w. Es dienet auch zum brennen, wie das Ruͤbſen-Oehl. Die armen Leu- te pflegen es auch wohl, wenn es friſch iſt, auf den Gruͤtze zu gieſſen, und zu Brode zu eſſen. Wenn das Lein-Oehl heraus gepreſſet, ſo iſt der Lein-Kuche uͤbrig, welcher gleichfals ſeinen Nutzen hat; Man gebraucht ſie nicht allein in das Geſoͤff zu legen vor die Pferde, und das Rind- Vieh, ſondern auch zum Maͤſten vor die Schweine. Das Q 3

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/213>, abgerufen am 25.04.2024.