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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Theils 47. Capitel/
[Spaltenumbruch] fel noch aus dem Alterthum der heydni-
schen Zeiten her, da man aus dem Lauf,
Flug, und Eingeweide der Thiere und
Vögel eines und das andere praesagiren
wollen.

Das 47. Capitel/
Historische Anmerckungen
von wilden Schweinen.
§. 1.

Was es für starcke, rachgierige und
blutdürstige Mord-Thiere seyn,
erhellet aus folgenden. Anno 1595. jagte
Hertzog Friedrich Wilhelm, der Chur-
fürstlichen jungen Printzen Administra-
tor,
im Sächsischen Gebürge um Schlet-
ta und Eibenstock, und ließ alles Wild
jung und alt niederschiessen, daß man in
vielen Jahren darnach keines Zaunes be-
durffte. Da traffen sie auch ein Haupt-
Schwein an, als ein Kalb groß, das be-
schädigtezehen Hunde, und risse sich durchs
Steck-Holtz, endlich bekamen sie es wieder
bey Eibenstock, und wog siebendehalb
Centner. Anno 1631. schoß der Ober-För-
ster in der Scheiben ein wild Schwein,
das setzte nach dem Schuß auf ihn zu, daß
er fallen muste, gleichwohl riß es ihm das
gantze Nieder-Kleid vom Leibe, und ver-
wundete ihn am Schenckel, daß er so lan-
ge muste liegen bleiben, biß das rachgieri-
ge Schwein neben ihm gestorben. Anno
1643. schoß der Wildner auf der Wasch-
leithe einen Hauer am Fürstenberg, traf
ihn aber nicht tödtlich. Das rachdürsti-
ge Thier holet ihn ein, da er sich gleich
wolte auf einen hohen Stock salviren,
hieb ihm das Rohr aus den Händen, und
nahm ihn auf den Rücken, daß er rück-
werts zu reiten kam, und nachdem er et-
wan drey Stuben lang in solcher Reu-
terey gepranget, streiffte es ihn ab im di-
cken Gebüsche. Der abgeworffene Sau-
Bereuter ergreifft wieder seine Büchse,
und fället das Schwein, welches sechs
Centner gewogen, und zwantzig Pfund
Schmeer gehabt, und ist so hoch gewesen,
daß er im Reuten nicht auffussen können,
da er doch ein langer Mann war. Anno
1657. solte der Förster in der Miexe etliche
Schweine auf Churfürstlichen Befehl
schiessen, er traf eines über Bachholtz,
aber das Schwein eilte nach dem ersten
Schuß auf ihn, und hieb ihm eine Span-
nen lange Wunde im Schenckel, riß ihm
die Kleidung vom Hals, saß bey ihm wie
[Spaltenumbruch] ein beißiger Hund, und hub in tödtlicher
Schwachheit immer den Rüssel, ihm ein
ärgers zu versetzen, so lange biß sein Cam-
merath kam, und dem erboßten Vieh
noch einen Fang gab, daß es starb.

§. 2.

Olaus Magnus sagt, daß es an
etlichen Orten in Scandinovien wilde
Schweine gäbe, die auf ein zwölff Schuh
lang wären, und die Spanier haben an
gewissen Strichen der neuen Welt welche
angetroffen, welche viel kleiner denn die
unsrigen gewesen, mit gantz kurtzen und
vermutzten Schwäntzen, und darbey ein
trefflich wohlschmeckend und gesundes
Fleisch gehabt. Petrus Martyr Oceanae
Decadis
1. 2. Die alten Römer pflegten
auf ihren Gastmahlen gantze wilde
Schweine aufzustellen, und ist nach Plinii
Zeugniß l. 8. c. 51. P. Servilius Rullus der
erste gewesen unter ihnen, der solchen U-
berfluß aufgebracht, welchen auch Juve-
nalis
tadelt, da er also ausrufft:

- - Quanta est gula, quae sibi totos
Ponit apros, animal propter convivia
natum!

Man füllete sie auch mit kleinen Vögeln,
und andern Sachen, daher der Nahme
Porcus Trojanus gekommen, weil das höl-
tzerne Pferd mit Soldaten angefüllet
war. Es werden auch noch heutiges Ta-
ges, ob man sie gleich eben nicht nach der
Römischen Manier zurichtet, die wilden
Schweine vor eine Delicatesse gehalten,
und glaubet man, daß die Berg-Schwei-
ne gesünder sind, als die sich in der Ebene
oder an sumpffichten Orten aufhalten,
und daß sie die wenigsten Unreinigkeiten
bey sich haben.

§. 3.

Wer Abbildungen von sehr gros-
sen Haupt-Schweinen, die hier und da
in den Sächsischen Landen gefangen wor-
den, sehen will, darff sich die Erlaubniß
ausbitten, auf den Churfürstlichen
Schlössern in Torgau, Lichtenburg, Col-
ditz, Annaburg, Moritzburg, Augustus-
burg, und Freyberg umzusehen, so wird
er deren in grosser Menge an ietzt erwehn-
ten Oertern antreffen. Die Heyden ha-
ben geglaubet, daß die wilden Schweine
der Göttin Venus über die Maassen ver-
hast gewesen, so, daß sie dieselben bey ih-
ren Opffern durchaus nicht leiden wollen,
weil ihr geliebter Adon durch ein wild
Schwein um das Leben gekommen, es
sey, daß Mars sich in ein wild Schwein ver-
stellet, oder doch dasselbige ihn zu tödten
aufgebracht. Jngleichen haben sie fol-
gendes erdichtet. Es hätte Teuthras, der

König

Des Andern Theils 47. Capitel/
[Spaltenumbruch] fel noch aus dem Alterthum der heydni-
ſchen Zeiten her, da man aus dem Lauf,
Flug, und Eingeweide der Thiere und
Voͤgel eines und das andere præſagiren
wollen.

Das 47. Capitel/
Hiſtoriſche Anmerckungen
von wilden Schweinen.
§. 1.

Was es fuͤr ſtarcke, rachgierige und
blutduͤrſtige Mord-Thiere ſeyn,
erhellet aus folgenden. Anno 1595. jagte
Hertzog Friedrich Wilhelm, der Chur-
fuͤrſtlichen jungen Printzen Adminiſtra-
tor,
im Saͤchſiſchen Gebuͤrge um Schlet-
ta und Eibenſtock, und ließ alles Wild
jung und alt niederſchieſſen, daß man in
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durffte. Da traffen ſie auch ein Haupt-
Schwein an, als ein Kalb groß, das be-
ſchaͤdigtezehen Hunde, und riſſe ſich durchs
Steck-Holtz, endlich bekamen ſie es wieder
bey Eibenſtock, und wog ſiebendehalb
Centner. Anno 1631. ſchoß der Ober-Foͤr-
ſter in der Scheiben ein wild Schwein,
das ſetzte nach dem Schuß auf ihn zu, daß
er fallen muſte, gleichwohl riß es ihm das
gantze Nieder-Kleid vom Leibe, und ver-
wundete ihn am Schenckel, daß er ſo lan-
ge muſte liegen bleiben, biß das rachgieri-
ge Schwein neben ihm geſtorben. Anno
1643. ſchoß der Wildner auf der Waſch-
leithe einen Hauer am Fuͤrſtenberg, traf
ihn aber nicht toͤdtlich. Das rachduͤrſti-
ge Thier holet ihn ein, da er ſich gleich
wolte auf einen hohen Stock ſalviren,
hieb ihm das Rohr aus den Haͤnden, und
nahm ihn auf den Ruͤcken, daß er ruͤck-
werts zu reiten kam, und nachdem er et-
wan drey Stuben lang in ſolcher Reu-
terey gepranget, ſtreiffte es ihn ab im di-
cken Gebuͤſche. Der abgeworffene Sau-
Bereuter ergreifft wieder ſeine Buͤchſe,
und faͤllet das Schwein, welches ſechs
Centner gewogen, und zwantzig Pfund
Schmeer gehabt, und iſt ſo hoch geweſen,
daß er im Reuten nicht auffuſſen koͤnnen,
da er doch ein langer Mann war. Anno
1657. ſolte der Foͤrſter in der Miexe etliche
Schweine auf Churfuͤrſtlichen Befehl
ſchieſſen, er traf eines uͤber Bachholtz,
aber das Schwein eilte nach dem erſten
Schuß auf ihn, und hieb ihm eine Span-
nen lange Wunde im Schenckel, riß ihm
die Kleidung vom Hals, ſaß bey ihm wie
[Spaltenumbruch] ein beißiger Hund, und hub in toͤdtlicher
Schwachheit immer den Ruͤſſel, ihm ein
aͤrgers zu verſetzen, ſo lange biß ſein Cam-
merath kam, und dem erboßten Vieh
noch einen Fang gab, daß es ſtarb.

§. 2.

Olaus Magnus ſagt, daß es an
etlichen Orten in Scandinovien wilde
Schweine gaͤbe, die auf ein zwoͤlff Schuh
lang waͤren, und die Spanier haben an
gewiſſen Strichen der neuen Welt welche
angetroffen, welche viel kleiner denn die
unſrigen geweſen, mit gantz kurtzen und
vermutzten Schwaͤntzen, und darbey ein
trefflich wohlſchmeckend und geſundes
Fleiſch gehabt. Petrus Martyr Oceanæ
Decadis
1. 2. Die alten Roͤmer pflegten
auf ihren Gaſtmahlen gantze wilde
Schweine aufzuſtellen, und iſt nach Plinii
Zeugniß l. 8. c. 51. P. Servilius Rullus der
erſte geweſen unter ihnen, der ſolchen U-
berfluß aufgebracht, welchen auch Juve-
nalis
tadelt, da er alſo ausrufft:

‒ ‒ Quanta eſt gula, quæ ſibi totos
Ponit apros, animal propter convivia
natum!

Man fuͤllete ſie auch mit kleinen Voͤgeln,
und andern Sachen, daher der Nahme
Porcus Trojanus gekommen, weil das hoͤl-
tzerne Pferd mit Soldaten angefuͤllet
war. Es werden auch noch heutiges Ta-
ges, ob man ſie gleich eben nicht nach der
Roͤmiſchen Manier zurichtet, die wilden
Schweine vor eine Delicateſſe gehalten,
und glaubet man, daß die Berg-Schwei-
ne geſuͤnder ſind, als die ſich in der Ebene
oder an ſumpffichten Orten aufhalten,
und daß ſie die wenigſten Unreinigkeiten
bey ſich haben.

§. 3.

Wer Abbildungen von ſehr groſ-
ſen Haupt-Schweinen, die hier und da
in den Saͤchſiſchen Landen gefangen wor-
den, ſehen will, darff ſich die Erlaubniß
ausbitten, auf den Churfuͤrſtlichen
Schloͤſſern in Torgau, Lichtenburg, Col-
ditz, Annaburg, Moritzburg, Auguſtus-
burg, und Freyberg umzuſehen, ſo wird
er deren in groſſer Menge an ietzt erwehn-
ten Oertern antreffen. Die Heyden ha-
ben geglaubet, daß die wilden Schweine
der Goͤttin Venus uͤber die Maaſſen ver-
haſt geweſen, ſo, daß ſie dieſelben bey ih-
ren Opffern durchaus nicht leiden wollen,
weil ihr geliebter Adon durch ein wild
Schwein um das Leben gekommen, es
ſey, daß Mars ſich in ein wild Schwein ver-
ſtellet, oder doch daſſelbige ihn zu toͤdten
aufgebracht. Jngleichen haben ſie fol-
gendes erdichtet. Es haͤtte Teuthras, der

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[136/0224] Des Andern Theils 47. Capitel/ fel noch aus dem Alterthum der heydni- ſchen Zeiten her, da man aus dem Lauf, Flug, und Eingeweide der Thiere und Voͤgel eines und das andere præſagiren wollen. Das 47. Capitel/ Hiſtoriſche Anmerckungen von wilden Schweinen. §. 1. Was es fuͤr ſtarcke, rachgierige und blutduͤrſtige Mord-Thiere ſeyn, erhellet aus folgenden. Anno 1595. jagte Hertzog Friedrich Wilhelm, der Chur- fuͤrſtlichen jungen Printzen Adminiſtra- tor, im Saͤchſiſchen Gebuͤrge um Schlet- ta und Eibenſtock, und ließ alles Wild jung und alt niederſchieſſen, daß man in vielen Jahren darnach keines Zaunes be- durffte. Da traffen ſie auch ein Haupt- Schwein an, als ein Kalb groß, das be- ſchaͤdigtezehen Hunde, und riſſe ſich durchs Steck-Holtz, endlich bekamen ſie es wieder bey Eibenſtock, und wog ſiebendehalb Centner. Anno 1631. ſchoß der Ober-Foͤr- ſter in der Scheiben ein wild Schwein, das ſetzte nach dem Schuß auf ihn zu, daß er fallen muſte, gleichwohl riß es ihm das gantze Nieder-Kleid vom Leibe, und ver- wundete ihn am Schenckel, daß er ſo lan- ge muſte liegen bleiben, biß das rachgieri- ge Schwein neben ihm geſtorben. Anno 1643. ſchoß der Wildner auf der Waſch- leithe einen Hauer am Fuͤrſtenberg, traf ihn aber nicht toͤdtlich. Das rachduͤrſti- ge Thier holet ihn ein, da er ſich gleich wolte auf einen hohen Stock ſalviren, hieb ihm das Rohr aus den Haͤnden, und nahm ihn auf den Ruͤcken, daß er ruͤck- werts zu reiten kam, und nachdem er et- wan drey Stuben lang in ſolcher Reu- terey gepranget, ſtreiffte es ihn ab im di- cken Gebuͤſche. Der abgeworffene Sau- Bereuter ergreifft wieder ſeine Buͤchſe, und faͤllet das Schwein, welches ſechs Centner gewogen, und zwantzig Pfund Schmeer gehabt, und iſt ſo hoch geweſen, daß er im Reuten nicht auffuſſen koͤnnen, da er doch ein langer Mann war. Anno 1657. ſolte der Foͤrſter in der Miexe etliche Schweine auf Churfuͤrſtlichen Befehl ſchieſſen, er traf eines uͤber Bachholtz, aber das Schwein eilte nach dem erſten Schuß auf ihn, und hieb ihm eine Span- nen lange Wunde im Schenckel, riß ihm die Kleidung vom Hals, ſaß bey ihm wie ein beißiger Hund, und hub in toͤdtlicher Schwachheit immer den Ruͤſſel, ihm ein aͤrgers zu verſetzen, ſo lange biß ſein Cam- merath kam, und dem erboßten Vieh noch einen Fang gab, daß es ſtarb. §. 2. Olaus Magnus ſagt, daß es an etlichen Orten in Scandinovien wilde Schweine gaͤbe, die auf ein zwoͤlff Schuh lang waͤren, und die Spanier haben an gewiſſen Strichen der neuen Welt welche angetroffen, welche viel kleiner denn die unſrigen geweſen, mit gantz kurtzen und vermutzten Schwaͤntzen, und darbey ein trefflich wohlſchmeckend und geſundes Fleiſch gehabt. Petrus Martyr Oceanæ Decadis 1. 2. Die alten Roͤmer pflegten auf ihren Gaſtmahlen gantze wilde Schweine aufzuſtellen, und iſt nach Plinii Zeugniß l. 8. c. 51. P. Servilius Rullus der erſte geweſen unter ihnen, der ſolchen U- berfluß aufgebracht, welchen auch Juve- nalis tadelt, da er alſo ausrufft: ‒ ‒ Quanta eſt gula, quæ ſibi totos Ponit apros, animal propter convivia natum! Man fuͤllete ſie auch mit kleinen Voͤgeln, und andern Sachen, daher der Nahme Porcus Trojanus gekommen, weil das hoͤl- tzerne Pferd mit Soldaten angefuͤllet war. Es werden auch noch heutiges Ta- ges, ob man ſie gleich eben nicht nach der Roͤmiſchen Manier zurichtet, die wilden Schweine vor eine Delicateſſe gehalten, und glaubet man, daß die Berg-Schwei- ne geſuͤnder ſind, als die ſich in der Ebene oder an ſumpffichten Orten aufhalten, und daß ſie die wenigſten Unreinigkeiten bey ſich haben. §. 3. Wer Abbildungen von ſehr groſ- ſen Haupt-Schweinen, die hier und da in den Saͤchſiſchen Landen gefangen wor- den, ſehen will, darff ſich die Erlaubniß ausbitten, auf den Churfuͤrſtlichen Schloͤſſern in Torgau, Lichtenburg, Col- ditz, Annaburg, Moritzburg, Auguſtus- burg, und Freyberg umzuſehen, ſo wird er deren in groſſer Menge an ietzt erwehn- ten Oertern antreffen. Die Heyden ha- ben geglaubet, daß die wilden Schweine der Goͤttin Venus uͤber die Maaſſen ver- haſt geweſen, ſo, daß ſie dieſelben bey ih- ren Opffern durchaus nicht leiden wollen, weil ihr geliebter Adon durch ein wild Schwein um das Leben gekommen, es ſey, daß Mars ſich in ein wild Schwein ver- ſtellet, oder doch daſſelbige ihn zu toͤdten aufgebracht. Jngleichen haben ſie fol- gendes erdichtet. Es haͤtte Teuthras, der Koͤnig

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/224>, abgerufen am 23.04.2024.