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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Dritten Theils 35. Cap. von mancherley Feder-Wildpräth.
[Spaltenumbruch] alle vier Ecken ein Höltzlein, und machen
vom Holunder-Strauch-Aestgen, eines
um das andere, die durch Löcher zu bey-
den Seiten aufgeschrenckt, dadurch wird
das Kästgen einer Quer-Hand hoch formi-
ret, oben zu letzt werden mit Zwirn-Fä-
den der Deckel an beyden Seiten als Ge-
lencke eines Kastens angemacht. Jn der
Mitten des Bodens wird gleichfalls ein
Holtz eingesteckt, so ist der Meise-Kasten
fertig. Soll nun damit gestellet werden,
so nimmt man ein Tannen- oder Fichten
dünnes Reiß, von drey Zäckgen, streiffelt
die Tann-Nadeln davon ab, bindet an
einer Seite die drey Rüthlein zusammen,
so mans haben kan, streuet man Welsche
geschälte Nüsse oder auch Kürbis-Kerne
hinein, und setzt das Meise-Kästgen auf
einen Baum, an starcke Aeste, daß es nicht
herunter falle, macht den Deckel auf, nimmt
das Stell-Reiß, setzet es auf das mittlere
Höltzlein in der Breite, und von dem
mittlern Reiß ein klein Fingers langes
Stell-Höltzlein, stemmt solches an den
Deckel, und steiget sachte vom Baume her-
ab. Jst es nun im Herbst oder Winter
recht kalt worden, und frieret, daß die
Meisen überall Nahrung suchen, so erbli-
cken sie das Kästlein, fliegen dahin, und
ersehen die Kürbis-Kerne, darauf sie
denn Appetit bekommen, und auf das
Stell-Reiß springen. Dieses fallt denn
nachgehends nebst dem Ober-Höltzlein ab,
der Vogel in Kasten, und der Deckel fällt
zu. Alsdenn erfreuen sich die Kinder ü-
ber dieser Beute so sehr, als wenn sie noch
so einen glücklichen Fang gethan hätten.

Das 35. Capitel/
Von mancherley Feder-
Mildpräth.
Vom Auer-Hahn.
§. 1.

Es wird der Auer-Hahn billig unter
das hohe Wildpräth mit gerechnet.
Denn er wird in allen Jagd- und Wey-
dewerck-Ordnungen von dem kleinen
Weydewerck unterschieden angetroffen.
Daher derselbe, wenn ihm das Gescheide
aus dem Leibe genommen wird, aufge-
brochen genennet werden muß, auch seine
Nahrung billig Geäße zu nennen ist,
item seine Füsse nicht Klauen, sondern
Füsse genennt werden müssen. So zie-
het er auch nicht, wie andere Vögel, son-
[Spaltenumbruch] dern hält seinen Stand, Jahr aus, Jahr
ein. Winters-Zeit nehret sich der Auer-
Hahn mit Fichten-Nadeln, gestalt man
bey dieser Jahres-Zeit in seinem Kropffe
dergleichen, wie auch weich Holtz, in grosser
Menge findet, wenn er aber an der Er-
den Sommers- oder Herbsts-Zeit ässet, so
hat er Wacholder-Mehl-Heidel- und
Brombeeren, wie auch Himbeeren und
dergleichen, nebst Kräutern u. s. w. in sei-
nem Kropffe. Continuirlich hat er zu sei-
ner Cur einen Löffel voll kleiner Steinlein
bey sich in seinem Magen, welche er Som-
mers-Zeit auf dem Erdboden, Winters-
Zeit aber aus den Quellen aufsammlet,
und verschluckt. Herr Zeißig meldet in
seiner Artemidia p. 76. daß dieses an dem
Auer-Hahn das remarquableste wäre,
daß er sich, wenn er in der Paltz-Zeit ge-
schossen würde, die Zunge abbisse, daher
auch die Jäger seines Ortes kein Schieß-
Geld bekamen, wenn sie einen ohne Zun-
ge brächten, so sie aber einen mit der Zun-
ge brächten, erhielten sie allemahl sieben
Creutzer Schieß-Geld.

§. 2.

Die Auer-Hähne werden al-
lenthalben gerupffet, biß auf den Kopff
und Hals, damit man sehe, daß sie veri-
tables
seyn. Die Flügel und Schwantz
kan man ihnen mit Federn gantz abhau-
en und trucknen. Weil sein Wildpräth
gar sehr zähe ist, so wird er, wenn er rein-
lich ausgeworffen, mit einem runden
Holtz überall geklopffet, damit er recht
mürbe zu braten gezwungen werde. Als-
denn wäscht man ihn reinlich aus, und
hält ihn im siedenden Wasser, daß er sich
mürbe mache. Man saltzet den Auer-
Hahn ein, spickt ihn sauber, und steckt ihn
an Spieß, iedoch nicht zu jähling ins Feu-
er, daß er wohl ausgebraten werde, mas-
sen er wohl drey Stunden braten muß,
und zwar bey starcker Hitze vom harten
Holtz. Man muß ihn auch mit zerlaßner
Butter fleißig begiessen. Solte er noch
zu zähe bleiben, und nicht recht mürbe
werden wollen, muß man ihn mit kal-
tem Wasser schrecken, so, daß die Hitze
recht in demselben concentrirt werde.
Will man ihn anrichten, so begießt man
ihn mit Brühe aus der Brat-Pfanne,
oder mit brauner Butter, betröpffelt ihn
mit Citronen-Safft, bestreuet ihn mit
klar geriebener Semmel, Zimmt und
Nelcken, und richtet ihn an.

§. 3.

Das Fleisch der Auer-Hähne,
wiewohl es trucken, hart und schwärtz-
lich, so ist es dennoch von einem lieblichen

Geschmack,
B b 2

Des Dritten Theils 35. Cap. von mancherley Feder-Wildpraͤth.
[Spaltenumbruch] alle vier Ecken ein Hoͤltzlein, und machen
vom Holunder-Strauch-Aeſtgen, eines
um das andere, die durch Loͤcher zu bey-
den Seiten aufgeſchrenckt, dadurch wird
das Kaͤſtgen einer Quer-Hand hoch formi-
ret, oben zu letzt werden mit Zwirn-Faͤ-
den der Deckel an beyden Seiten als Ge-
lencke eines Kaſtens angemacht. Jn der
Mitten des Bodens wird gleichfalls ein
Holtz eingeſteckt, ſo iſt der Meiſe-Kaſten
fertig. Soll nun damit geſtellet werden,
ſo nimmt man ein Tannen- oder Fichten
duͤnnes Reiß, von drey Zaͤckgen, ſtreiffelt
die Tann-Nadeln davon ab, bindet an
einer Seite die drey Ruͤthlein zuſammen,
ſo mans haben kan, ſtreuet man Welſche
geſchaͤlte Nuͤſſe oder auch Kuͤrbis-Kerne
hinein, und ſetzt das Meiſe-Kaͤſtgen auf
einen Baum, an ſtarcke Aeſte, daß es nicht
herunter falle, macht den Deckel auf, nim̃t
das Stell-Reiß, ſetzet es auf das mittlere
Hoͤltzlein in der Breite, und von dem
mittlern Reiß ein klein Fingers langes
Stell-Hoͤltzlein, ſtemmt ſolches an den
Deckel, und ſteiget ſachte vom Baume her-
ab. Jſt es nun im Herbſt oder Winter
recht kalt worden, und frieret, daß die
Meiſen uͤberall Nahrung ſuchen, ſo erbli-
cken ſie das Kaͤſtlein, fliegen dahin, und
erſehen die Kuͤrbis-Kerne, darauf ſie
denn Appetit bekommen, und auf das
Stell-Reiß ſpringen. Dieſes fallt denn
nachgehends nebſt dem Ober-Hoͤltzlein ab,
der Vogel in Kaſten, und der Deckel faͤllt
zu. Alsdenn erfreuen ſich die Kinder uͤ-
ber dieſer Beute ſo ſehr, als wenn ſie noch
ſo einen gluͤcklichen Fang gethan haͤtten.

Das 35. Capitel/
Von mancherley Feder-
Mildpraͤth.
Vom Auer-Hahn.
§. 1.

Es wird der Auer-Hahn billig unter
das hohe Wildpraͤth mit gerechnet.
Denn er wird in allen Jagd- und Wey-
dewerck-Ordnungen von dem kleinen
Weydewerck unterſchieden angetroffen.
Daher derſelbe, wenn ihm das Geſcheide
aus dem Leibe genommen wird, aufge-
brochen genennet werden muß, auch ſeine
Nahrung billig Geaͤße zu nennen iſt,
item ſeine Fuͤſſe nicht Klauen, ſondern
Fuͤſſe genennt werden muͤſſen. So zie-
het er auch nicht, wie andere Voͤgel, ſon-
[Spaltenumbruch] dern haͤlt ſeinen Stand, Jahr aus, Jahr
ein. Winters-Zeit nehret ſich der Auer-
Hahn mit Fichten-Nadeln, geſtalt man
bey dieſer Jahres-Zeit in ſeinem Kropffe
dergleichen, wie auch weich Holtz, in groſſer
Menge findet, wenn er aber an der Er-
den Sommers- oder Herbſts-Zeit aͤſſet, ſo
hat er Wacholder-Mehl-Heidel- und
Brombeeren, wie auch Himbeeren und
dergleichen, nebſt Kraͤutern u. ſ. w. in ſei-
nem Kropffe. Continuirlich hat er zu ſei-
ner Cur einen Loͤffel voll kleiner Steinlein
bey ſich in ſeinem Magen, welche er Som-
mers-Zeit auf dem Erdboden, Winters-
Zeit aber aus den Quellen aufſammlet,
und verſchluckt. Herr Zeißig meldet in
ſeiner Artemidia p. 76. daß dieſes an dem
Auer-Hahn das remarquableſte waͤre,
daß er ſich, wenn er in der Paltz-Zeit ge-
ſchoſſen wuͤrde, die Zunge abbiſſe, daher
auch die Jaͤger ſeines Ortes kein Schieß-
Geld bekamen, wenn ſie einen ohne Zun-
ge braͤchten, ſo ſie aber einen mit der Zun-
ge braͤchten, erhielten ſie allemahl ſieben
Creutzer Schieß-Geld.

§. 2.

Die Auer-Haͤhne werden al-
lenthalben gerupffet, biß auf den Kopff
und Hals, damit man ſehe, daß ſie veri-
tables
ſeyn. Die Fluͤgel und Schwantz
kan man ihnen mit Federn gantz abhau-
en und trucknen. Weil ſein Wildpraͤth
gar ſehr zaͤhe iſt, ſo wird er, wenn er rein-
lich ausgeworffen, mit einem runden
Holtz uͤberall geklopffet, damit er recht
muͤrbe zu braten gezwungen werde. Als-
denn waͤſcht man ihn reinlich aus, und
haͤlt ihn im ſiedenden Waſſer, daß er ſich
muͤrbe mache. Man ſaltzet den Auer-
Hahn ein, ſpickt ihn ſauber, und ſteckt ihn
an Spieß, iedoch nicht zu jaͤhling ins Feu-
er, daß er wohl ausgebraten werde, maſ-
ſen er wohl drey Stunden braten muß,
und zwar bey ſtarcker Hitze vom harten
Holtz. Man muß ihn auch mit zerlaßner
Butter fleißig begieſſen. Solte er noch
zu zaͤhe bleiben, und nicht recht muͤrbe
werden wollen, muß man ihn mit kal-
tem Waſſer ſchrecken, ſo, daß die Hitze
recht in demſelben concentrirt werde.
Will man ihn anrichten, ſo begießt man
ihn mit Bruͤhe aus der Brat-Pfanne,
oder mit brauner Butter, betroͤpffelt ihn
mit Citronen-Safft, beſtreuet ihn mit
klar geriebener Semmel, Zimmt und
Nelcken, und richtet ihn an.

§. 3.

Das Fleiſch der Auer-Haͤhne,
wiewohl es trucken, hart und ſchwaͤrtz-
lich, ſo iſt es dennoch von einem lieblichen

Geſchmack,
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[195/0319] Des Dritten Theils 35. Cap. von mancherley Feder-Wildpraͤth. alle vier Ecken ein Hoͤltzlein, und machen vom Holunder-Strauch-Aeſtgen, eines um das andere, die durch Loͤcher zu bey- den Seiten aufgeſchrenckt, dadurch wird das Kaͤſtgen einer Quer-Hand hoch formi- ret, oben zu letzt werden mit Zwirn-Faͤ- den der Deckel an beyden Seiten als Ge- lencke eines Kaſtens angemacht. Jn der Mitten des Bodens wird gleichfalls ein Holtz eingeſteckt, ſo iſt der Meiſe-Kaſten fertig. Soll nun damit geſtellet werden, ſo nimmt man ein Tannen- oder Fichten duͤnnes Reiß, von drey Zaͤckgen, ſtreiffelt die Tann-Nadeln davon ab, bindet an einer Seite die drey Ruͤthlein zuſammen, ſo mans haben kan, ſtreuet man Welſche geſchaͤlte Nuͤſſe oder auch Kuͤrbis-Kerne hinein, und ſetzt das Meiſe-Kaͤſtgen auf einen Baum, an ſtarcke Aeſte, daß es nicht herunter falle, macht den Deckel auf, nim̃t das Stell-Reiß, ſetzet es auf das mittlere Hoͤltzlein in der Breite, und von dem mittlern Reiß ein klein Fingers langes Stell-Hoͤltzlein, ſtemmt ſolches an den Deckel, und ſteiget ſachte vom Baume her- ab. Jſt es nun im Herbſt oder Winter recht kalt worden, und frieret, daß die Meiſen uͤberall Nahrung ſuchen, ſo erbli- cken ſie das Kaͤſtlein, fliegen dahin, und erſehen die Kuͤrbis-Kerne, darauf ſie denn Appetit bekommen, und auf das Stell-Reiß ſpringen. Dieſes fallt denn nachgehends nebſt dem Ober-Hoͤltzlein ab, der Vogel in Kaſten, und der Deckel faͤllt zu. Alsdenn erfreuen ſich die Kinder uͤ- ber dieſer Beute ſo ſehr, als wenn ſie noch ſo einen gluͤcklichen Fang gethan haͤtten. Das 35. Capitel/ Von mancherley Feder- Mildpraͤth. Vom Auer-Hahn. §. 1. Es wird der Auer-Hahn billig unter das hohe Wildpraͤth mit gerechnet. Denn er wird in allen Jagd- und Wey- dewerck-Ordnungen von dem kleinen Weydewerck unterſchieden angetroffen. Daher derſelbe, wenn ihm das Geſcheide aus dem Leibe genommen wird, aufge- brochen genennet werden muß, auch ſeine Nahrung billig Geaͤße zu nennen iſt, item ſeine Fuͤſſe nicht Klauen, ſondern Fuͤſſe genennt werden muͤſſen. So zie- het er auch nicht, wie andere Voͤgel, ſon- dern haͤlt ſeinen Stand, Jahr aus, Jahr ein. Winters-Zeit nehret ſich der Auer- Hahn mit Fichten-Nadeln, geſtalt man bey dieſer Jahres-Zeit in ſeinem Kropffe dergleichen, wie auch weich Holtz, in groſſer Menge findet, wenn er aber an der Er- den Sommers- oder Herbſts-Zeit aͤſſet, ſo hat er Wacholder-Mehl-Heidel- und Brombeeren, wie auch Himbeeren und dergleichen, nebſt Kraͤutern u. ſ. w. in ſei- nem Kropffe. Continuirlich hat er zu ſei- ner Cur einen Loͤffel voll kleiner Steinlein bey ſich in ſeinem Magen, welche er Som- mers-Zeit auf dem Erdboden, Winters- Zeit aber aus den Quellen aufſammlet, und verſchluckt. Herr Zeißig meldet in ſeiner Artemidia p. 76. daß dieſes an dem Auer-Hahn das remarquableſte waͤre, daß er ſich, wenn er in der Paltz-Zeit ge- ſchoſſen wuͤrde, die Zunge abbiſſe, daher auch die Jaͤger ſeines Ortes kein Schieß- Geld bekamen, wenn ſie einen ohne Zun- ge braͤchten, ſo ſie aber einen mit der Zun- ge braͤchten, erhielten ſie allemahl ſieben Creutzer Schieß-Geld. §. 2. Die Auer-Haͤhne werden al- lenthalben gerupffet, biß auf den Kopff und Hals, damit man ſehe, daß ſie veri- tables ſeyn. Die Fluͤgel und Schwantz kan man ihnen mit Federn gantz abhau- en und trucknen. Weil ſein Wildpraͤth gar ſehr zaͤhe iſt, ſo wird er, wenn er rein- lich ausgeworffen, mit einem runden Holtz uͤberall geklopffet, damit er recht muͤrbe zu braten gezwungen werde. Als- denn waͤſcht man ihn reinlich aus, und haͤlt ihn im ſiedenden Waſſer, daß er ſich muͤrbe mache. Man ſaltzet den Auer- Hahn ein, ſpickt ihn ſauber, und ſteckt ihn an Spieß, iedoch nicht zu jaͤhling ins Feu- er, daß er wohl ausgebraten werde, maſ- ſen er wohl drey Stunden braten muß, und zwar bey ſtarcker Hitze vom harten Holtz. Man muß ihn auch mit zerlaßner Butter fleißig begieſſen. Solte er noch zu zaͤhe bleiben, und nicht recht muͤrbe werden wollen, muß man ihn mit kal- tem Waſſer ſchrecken, ſo, daß die Hitze recht in demſelben concentrirt werde. Will man ihn anrichten, ſo begießt man ihn mit Bruͤhe aus der Brat-Pfanne, oder mit brauner Butter, betroͤpffelt ihn mit Citronen-Safft, beſtreuet ihn mit klar geriebener Semmel, Zimmt und Nelcken, und richtet ihn an. §. 3. Das Fleiſch der Auer-Haͤhne, wiewohl es trucken, hart und ſchwaͤrtz- lich, ſo iſt es dennoch von einem lieblichen Geſchmack, B b 2

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/319>, abgerufen am 23.04.2024.