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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Fisch-Buchs 31. Capitel/ von den Karpffen und Karauschen.
[Spaltenumbruch] fangen, es wäre denn, daß es mit feistem
Koth, anderm guten Erdreich, oder kur-
tzem Mist geschähe. Sonst soll man ih-
nen nicht Brod, oder ander Genäsch ge-
ben, ausser aus Kurtzweile in den Schloß-
Gräben, denn sie werden davon im ge-
ringsten nicht zunehmen, vielmehr schlech-
ter werden, wenn sie mit Brod verwöh-
net sind, und solches hernach nicht ein-
mahl gar wohl haben können.

§. 7.

Es geschicht bißweilen, daß die
Frösche die Karpffen-Bruth wegspeisen,
und findet man in den Schlesischen Na-
tur- und Kunst-Geschichten p. 1222. eine
gewisse Observation davon, von einem
Cavallier aus Schlesien. Er schreibet hie-
von wie folget: Wegen des Strichs oder
Karpffen-Bruth, hab ich heuer etwas
gespühret, was noch keinen Sommer
observiret. Es hat die Karpffen-Bruth
sich bey meinem Herrn Nachbar, und mir
in grosser Menge sehen lassen. Jm Ge-
gentheil hat man auch ungemein viel
Frösche und eine gewisse Art so genandter
Kaul-Aersche wahrgenommen: Diese
letztern sind fast von einer Viertel Elle
lang gewesen, und haben den Strich häuf-
fig weggefressen. Sie haben die Gestalt
von Köpffen und Maul, wie die Aal-Rau-
pen, nur hinten verlieren sie sich, und ge-
hen spitzig zu. Jch bin iederzeit der Mey-
nung gewesen, daß solches die Frosch-
Bruth sey, nur befremdete es mich, daß
sie so groß waren. Es hat mir aber mei-
ner Frau Nachbarin, der Frauen von F.
zu B.- - ihr Wirthschaffter, ein Mann
von etlichen und 70. Jahren, gewiß versi-
chert, daß diese grosse Kaul-Aersche eine
a parte Species vom Ungeziefer sey, welche
sich den Winter über in der Erde verkrö-
chen. So viel haben sie doch allda effe-
ctuir
et, daß sie einen Strich-Teich, wel-
cher vom Strich ziemlich angefüllet gewe-
sen, völlig ausgefressen. Weil man nun
nachgehends bey warmen Sonnenschein
nichts mehr von der Karpffen-Bruth
wahrgenommen, so haben sie, um hinter
die Wahrheit zu kommen, den Teich ge-
fischet, da sie zwar die Streich-Karpffen,
nebst noch 16. Stück junger Karpffen-
Bruth, hingegen ein paar Spreu-Körbe
voll von obbemeldten Kaul-Aerschen ge-
sunden, und gefischet. Weil nun diese
ungebetenen Gäste sich als Räuber erneh-
ret, als hat man ihnen mit gleicher Mün-
tze belohnet, und die Hof-Schweine hin-
eingejagt, die solche als ein seltzames Ge-
richt zum Frühstück verzehret haben.
[Spaltenumbruch] Weil ich nun dergleichen Gäste bey mir
auch verspühret, als werde auf bevorste-
henden Herbst erfahren, was sie mir vor
Nutzen geschafft. Die Frösche habe ich ie-
derzeit vor unschuldige Creaturen gehal-
ten. Aber dieses Jahr habe ich ihre Kün-
ste und Tücken kennen gelernet. Jch ha-
be nemlich zum öfftern aus meinem Fen-
ster bey warmen Sonnenschein im Gra-
ben observiret, daß die Frösche sich gantz
stille, und unbeweglich gehalten, biß die
Karpffen-Bruth häuffig um sie herum-
gestanden. So bald sie nun ihr Tempo
ersehen, sind sie schnell unter sie gefahren,
und haben mit ihrem grossen und weiten
Maule einen erschnappt. Die Probe
habe bey dem Aufschneiden einiger Frö-
sche gefunden, daß sie 2. biß 3. Stück Karpf-
fen-Bruth im Leibe gehabt. Um nun
auch diese Räuber sich, so viel als möglich,
vom Halse zu schaffen, so werde künffti-
gen Herbst durch die Bauer-Kinder bey
dem Fischen, so viel als man bekommen
kan, auffangen, und selbige in den mit
glattem Holtz ausgeschrotenen Hecht-Häl-
ter, woraus sie nicht kommen können,
werffen.

§. 8.

Die Karauschen werden off-
ters in den Karpffen-Teichen mit gefan-
gen, sie gleichen an der Grösse und Ge-
stalt den jungen Karpffen, iedoch sind sie
etwas breiter, und von Farben weißli-
cher, haben auch den Rücken mit stärckern
Stacheln besetzet. Sie sind ein wohlge-
schmackter zarter Fisch, und wollen sie ih-
rer viele vor noch gesünder halten, als die
Karpffen. Man glaubet von ihnen, daß
sie eine Sorte Fische seyn, so aus der Ver-
mischung mit den Karpffen gezeuget wer-
de. Sie haben ein süsses zartes Fleisch,
aber dabey sehr viel Gräten, sie werden
entweder gebraten, oder im Teige her-
umgeweltzet, und hernach gebacken, gemei-
niglich aber mit einer Kümmel-Brühe
zugerichtet.

§. 9.

Die Karauschen haben die
Leich-Zeit mit andern Fischen im Mertz
und April gemein, und können in Hecht-
und Forellen-Teichen am besten genutzet
werden. Sie besaamen sich leichtlich;
wenn sie leichen, liegen sie beysammen.
Es geschicht offters, daß einige, die sich
nicht gar wohl auf die Karpffen-Bruth
verstehen, von der Aehnlichkeit der jungen
Karauschen betrogen werden, und sie an
statt der jungen Karpffen mit in die Tei-
che werffen. Sie sind auch einiger mas-
sen vor Raub-Fische mit zu achten, und

wollen

Des Fiſch-Buchs 31. Capitel/ von den Karpffen und Karauſchen.
[Spaltenumbruch] fangen, es waͤre denn, daß es mit feiſtem
Koth, anderm guten Erdreich, oder kur-
tzem Miſt geſchaͤhe. Sonſt ſoll man ih-
nen nicht Brod, oder ander Genaͤſch ge-
ben, auſſer aus Kurtzweile in den Schloß-
Graͤben, denn ſie werden davon im ge-
ringſten nicht zunehmen, vielmehr ſchlech-
ter werden, wenn ſie mit Brod verwoͤh-
net ſind, und ſolches hernach nicht ein-
mahl gar wohl haben koͤnnen.

§. 7.

Es geſchicht bißweilen, daß die
Froͤſche die Karpffen-Bruth wegſpeiſen,
und findet man in den Schleſiſchen Na-
tur- und Kunſt-Geſchichten p. 1222. eine
gewiſſe Obſervation davon, von einem
Cavallier aus Schleſien. Er ſchreibet hie-
von wie folget: Wegen des Strichs oder
Karpffen-Bruth, hab ich heuer etwas
geſpuͤhret, was noch keinen Sommer
obſerviret. Es hat die Karpffen-Bruth
ſich bey meinem Herrn Nachbar, und mir
in groſſer Menge ſehen laſſen. Jm Ge-
gentheil hat man auch ungemein viel
Froͤſche und eine gewiſſe Art ſo genandter
Kaul-Aerſche wahrgenommen: Dieſe
letztern ſind faſt von einer Viertel Elle
lang geweſen, und haben den Strich haͤuf-
fig weggefreſſen. Sie haben die Geſtalt
von Koͤpffen und Maul, wie die Aal-Rau-
pen, nur hinten verlieren ſie ſich, und ge-
hen ſpitzig zu. Jch bin iederzeit der Mey-
nung geweſen, daß ſolches die Froſch-
Bruth ſey, nur befremdete es mich, daß
ſie ſo groß waren. Es hat mir aber mei-
ner Frau Nachbarin, der Frauen von F.
zu B.- - ihr Wirthſchaffter, ein Mann
von etlichen und 70. Jahren, gewiß verſi-
chert, daß dieſe groſſe Kaul-Aerſche eine
a parte Species vom Ungeziefer ſey, welche
ſich den Winter uͤber in der Erde verkroͤ-
chen. So viel haben ſie doch allda effe-
ctuir
et, daß ſie einen Strich-Teich, wel-
cher vom Strich ziemlich angefuͤllet gewe-
ſen, voͤllig ausgefreſſen. Weil man nun
nachgehends bey warmen Sonnenſchein
nichts mehr von der Karpffen-Bruth
wahrgenommen, ſo haben ſie, um hinter
die Wahrheit zu kommen, den Teich ge-
fiſchet, da ſie zwar die Streich-Karpffen,
nebſt noch 16. Stuͤck junger Karpffen-
Bruth, hingegen ein paar Spreu-Koͤrbe
voll von obbemeldten Kaul-Aerſchen ge-
ſunden, und gefiſchet. Weil nun dieſe
ungebetenen Gaͤſte ſich als Raͤuber erneh-
ret, als hat man ihnen mit gleicher Muͤn-
tze belohnet, und die Hof-Schweine hin-
eingejagt, die ſolche als ein ſeltzames Ge-
richt zum Fruͤhſtuͤck verzehret haben.
[Spaltenumbruch] Weil ich nun dergleichen Gaͤſte bey mir
auch verſpuͤhret, als werde auf bevorſte-
henden Herbſt erfahren, was ſie mir vor
Nutzen geſchafft. Die Froͤſche habe ich ie-
derzeit vor unſchuldige Creaturen gehal-
ten. Aber dieſes Jahr habe ich ihre Kuͤn-
ſte und Tuͤcken kennen gelernet. Jch ha-
be nemlich zum oͤfftern aus meinem Fen-
ſter bey warmen Sonnenſchein im Gra-
ben obſerviret, daß die Froͤſche ſich gantz
ſtille, und unbeweglich gehalten, biß die
Karpffen-Bruth haͤuffig um ſie herum-
geſtanden. So bald ſie nun ihr Tempo
erſehen, ſind ſie ſchnell unter ſie gefahren,
und haben mit ihrem groſſen und weiten
Maule einen erſchnappt. Die Probe
habe bey dem Aufſchneiden einiger Froͤ-
ſche gefunden, daß ſie 2. biß 3. Stuͤck Karpf-
fen-Bruth im Leibe gehabt. Um nun
auch dieſe Raͤuber ſich, ſo viel als moͤglich,
vom Halſe zu ſchaffen, ſo werde kuͤnffti-
gen Herbſt durch die Bauer-Kinder bey
dem Fiſchen, ſo viel als man bekommen
kan, auffangen, und ſelbige in den mit
glattem Holtz ausgeſchrotenen Hecht-Haͤl-
ter, woraus ſie nicht kommen koͤnnen,
werffen.

§. 8.

Die Karauſchen werden off-
ters in den Karpffen-Teichen mit gefan-
gen, ſie gleichen an der Groͤſſe und Ge-
ſtalt den jungen Karpffen, iedoch ſind ſie
etwas breiter, und von Farben weißli-
cher, haben auch den Ruͤcken mit ſtaͤrckern
Stacheln beſetzet. Sie ſind ein wohlge-
ſchmackter zarter Fiſch, und wollen ſie ih-
rer viele vor noch geſuͤnder halten, als die
Karpffen. Man glaubet von ihnen, daß
ſie eine Sorte Fiſche ſeyn, ſo aus der Ver-
miſchung mit den Karpffen gezeuget wer-
de. Sie haben ein ſuͤſſes zartes Fleiſch,
aber dabey ſehr viel Graͤten, ſie werden
entweder gebraten, oder im Teige her-
umgeweltzet, und hernach gebacken, gemei-
niglich aber mit einer Kuͤmmel-Bruͤhe
zugerichtet.

§. 9.

Die Karauſchen haben die
Leich-Zeit mit andern Fiſchen im Mertz
und April gemein, und koͤnnen in Hecht-
und Forellen-Teichen am beſten genutzet
werden. Sie beſaamen ſich leichtlich;
wenn ſie leichen, liegen ſie beyſammen.
Es geſchicht offters, daß einige, die ſich
nicht gar wohl auf die Karpffen-Bruth
verſtehen, von der Aehnlichkeit der jungen
Karauſchen betrogen werden, und ſie an
ſtatt der jungen Karpffen mit in die Tei-
che werffen. Sie ſind auch einiger maſ-
ſen vor Raub-Fiſche mit zu achten, und

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[440/0608] Des Fiſch-Buchs 31. Capitel/ von den Karpffen und Karauſchen. fangen, es waͤre denn, daß es mit feiſtem Koth, anderm guten Erdreich, oder kur- tzem Miſt geſchaͤhe. Sonſt ſoll man ih- nen nicht Brod, oder ander Genaͤſch ge- ben, auſſer aus Kurtzweile in den Schloß- Graͤben, denn ſie werden davon im ge- ringſten nicht zunehmen, vielmehr ſchlech- ter werden, wenn ſie mit Brod verwoͤh- net ſind, und ſolches hernach nicht ein- mahl gar wohl haben koͤnnen. §. 7. Es geſchicht bißweilen, daß die Froͤſche die Karpffen-Bruth wegſpeiſen, und findet man in den Schleſiſchen Na- tur- und Kunſt-Geſchichten p. 1222. eine gewiſſe Obſervation davon, von einem Cavallier aus Schleſien. Er ſchreibet hie- von wie folget: Wegen des Strichs oder Karpffen-Bruth, hab ich heuer etwas geſpuͤhret, was noch keinen Sommer obſerviret. Es hat die Karpffen-Bruth ſich bey meinem Herrn Nachbar, und mir in groſſer Menge ſehen laſſen. Jm Ge- gentheil hat man auch ungemein viel Froͤſche und eine gewiſſe Art ſo genandter Kaul-Aerſche wahrgenommen: Dieſe letztern ſind faſt von einer Viertel Elle lang geweſen, und haben den Strich haͤuf- fig weggefreſſen. Sie haben die Geſtalt von Koͤpffen und Maul, wie die Aal-Rau- pen, nur hinten verlieren ſie ſich, und ge- hen ſpitzig zu. Jch bin iederzeit der Mey- nung geweſen, daß ſolches die Froſch- Bruth ſey, nur befremdete es mich, daß ſie ſo groß waren. Es hat mir aber mei- ner Frau Nachbarin, der Frauen von F. zu B.- - ihr Wirthſchaffter, ein Mann von etlichen und 70. Jahren, gewiß verſi- chert, daß dieſe groſſe Kaul-Aerſche eine a parte Species vom Ungeziefer ſey, welche ſich den Winter uͤber in der Erde verkroͤ- chen. So viel haben ſie doch allda effe- ctuiret, daß ſie einen Strich-Teich, wel- cher vom Strich ziemlich angefuͤllet gewe- ſen, voͤllig ausgefreſſen. Weil man nun nachgehends bey warmen Sonnenſchein nichts mehr von der Karpffen-Bruth wahrgenommen, ſo haben ſie, um hinter die Wahrheit zu kommen, den Teich ge- fiſchet, da ſie zwar die Streich-Karpffen, nebſt noch 16. Stuͤck junger Karpffen- Bruth, hingegen ein paar Spreu-Koͤrbe voll von obbemeldten Kaul-Aerſchen ge- ſunden, und gefiſchet. Weil nun dieſe ungebetenen Gaͤſte ſich als Raͤuber erneh- ret, als hat man ihnen mit gleicher Muͤn- tze belohnet, und die Hof-Schweine hin- eingejagt, die ſolche als ein ſeltzames Ge- richt zum Fruͤhſtuͤck verzehret haben. Weil ich nun dergleichen Gaͤſte bey mir auch verſpuͤhret, als werde auf bevorſte- henden Herbſt erfahren, was ſie mir vor Nutzen geſchafft. Die Froͤſche habe ich ie- derzeit vor unſchuldige Creaturen gehal- ten. Aber dieſes Jahr habe ich ihre Kuͤn- ſte und Tuͤcken kennen gelernet. Jch ha- be nemlich zum oͤfftern aus meinem Fen- ſter bey warmen Sonnenſchein im Gra- ben obſerviret, daß die Froͤſche ſich gantz ſtille, und unbeweglich gehalten, biß die Karpffen-Bruth haͤuffig um ſie herum- geſtanden. So bald ſie nun ihr Tempo erſehen, ſind ſie ſchnell unter ſie gefahren, und haben mit ihrem groſſen und weiten Maule einen erſchnappt. Die Probe habe bey dem Aufſchneiden einiger Froͤ- ſche gefunden, daß ſie 2. biß 3. Stuͤck Karpf- fen-Bruth im Leibe gehabt. Um nun auch dieſe Raͤuber ſich, ſo viel als moͤglich, vom Halſe zu ſchaffen, ſo werde kuͤnffti- gen Herbſt durch die Bauer-Kinder bey dem Fiſchen, ſo viel als man bekommen kan, auffangen, und ſelbige in den mit glattem Holtz ausgeſchrotenen Hecht-Haͤl- ter, woraus ſie nicht kommen koͤnnen, werffen. §. 8. Die Karauſchen werden off- ters in den Karpffen-Teichen mit gefan- gen, ſie gleichen an der Groͤſſe und Ge- ſtalt den jungen Karpffen, iedoch ſind ſie etwas breiter, und von Farben weißli- cher, haben auch den Ruͤcken mit ſtaͤrckern Stacheln beſetzet. Sie ſind ein wohlge- ſchmackter zarter Fiſch, und wollen ſie ih- rer viele vor noch geſuͤnder halten, als die Karpffen. Man glaubet von ihnen, daß ſie eine Sorte Fiſche ſeyn, ſo aus der Ver- miſchung mit den Karpffen gezeuget wer- de. Sie haben ein ſuͤſſes zartes Fleiſch, aber dabey ſehr viel Graͤten, ſie werden entweder gebraten, oder im Teige her- umgeweltzet, und hernach gebacken, gemei- niglich aber mit einer Kuͤmmel-Bruͤhe zugerichtet. §. 9. Die Karauſchen haben die Leich-Zeit mit andern Fiſchen im Mertz und April gemein, und koͤnnen in Hecht- und Forellen-Teichen am beſten genutzet werden. Sie beſaamen ſich leichtlich; wenn ſie leichen, liegen ſie beyſammen. Es geſchicht offters, daß einige, die ſich nicht gar wohl auf die Karpffen-Bruth verſtehen, von der Aehnlichkeit der jungen Karauſchen betrogen werden, und ſie an ſtatt der jungen Karpffen mit in die Tei- che werffen. Sie ſind auch einiger maſ- ſen vor Raub-Fiſche mit zu achten, und wollen

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/608>, abgerufen am 19.04.2024.