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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Von Strassen/ Brücken und Wegweisern.
[Spaltenumbruch] solte bey den Ströhmen, die nahe an den
Fahr-Strassen fliessen, Acht haben, daß
sie erhöhet würden, damit die Strassen
nicht, wenn sie bey grossen Uberschwem-
mungen austreten, in Wasser gesetzt wer-
den. So solten auch, zumahl wo irrsa-
me Wege sind, als in den Gebürgen, und
in den Wäldern, eigene Strassen-Bereu-
ter seyn, die auf die Sicherheit der Rei-
senden bedacht wären, und Sorge trü-
gen, daß die Passagirer vom bösen leichtfer-
tigen Diebes-Gesindel nicht etwan an-
gefallen und infestiret würden. Es sol-
te billig auch mehr Vorsorge angewendet
werden, daß die Gastwirthe nicht die Rei-
senden, wie es wohl zu geschehen pflegt,
mit demjenigen, so sie ihnen abfordern,
übertheureten, sondern eine billig-mäßi-
ge Gleichheit und Proportion hierinnen
beobachtet würde. Es wäre auch wohl
gethan, wenn zum Behuf und zur Com-
modit
ät der Reisenden allenthalben, als
wie vor einiger Zeit in dem Churfürsten-
thum Sachsen geschehen, solche steinerne
Seulen aufgerichtet würden, daran die
Distanz der Oerter, die Dörffer, die da-
zwischen lägen, die Wendungen bey den
Creutz- und andern unterschiedenen We-
gen, und andere Nachrichten, die den Rei-
senden dienlich seyn könten, aufgezeichnet
wären, damit sich die Fremden nicht ver-
irren, und auch keines Bothens vonnö-
then haben mögten.

§. 3.

Die Forst-Bedienten müssen
sich vor allen Dingen die Strassen durch
die Wälder recht bekandt machen/ denn
es ist von langen Zeiten her die löbliche
Gewohnheit eingeführet, daß die Jäge-
rey, es sey, daß die Landes-Herrschafft ei-
ne solenne Reise thut, oder daß andere
Fürstliche oder Gräfliche hohe Standes-
Personen durch ein Land passiren, auf
vorher beschehene Notification und er-
folgte Verordnung von ihren Vorgesetz-
ten, den Herrschafften vorreiten, und ih-
nen die Passage anzeigen muß. Es müs-
sen sich auch die Forst-Bedienten alle
Bey- und Schlupf-Wege durch die Wäl-
der, oder die Hölen, die drinnen sind, die
Dickigte und andere Plätze, die zu eini-
ger Retirade dienen könten, wohl bekandt
machen, indem sich nicht selten Zigeuner,
und andere dergleichen böse Rotten in den
Wäldern aufhalten, und nachgehends die
löbliche Jägerey ausgeschickt wird, solch
böse Volck in den Wäldern aufzusuchen,
und einzubringen. Je mehr nun die Ge-
legenheit des Waldes ihnen kundig ist,
[Spaltenumbruch] desto besser können sie nachgehends diese
Leute auskundschafften.

§. 4.

Es müssen die Forst-Bedien-
ten auch wohl Achtung geben, daß sie in
den Wäldern die Wege kennen lernen,
und wenn es auch gleich zur Nacht ware,
damit sie sich nicht verirren, sondern wie-
der zu recht finden, wenn sie sich etwan in
den Wäldern ihres Beruffs halber ein
wenig allzu lange verspätiget. Sie müs-
sen sich also nach den Sternen und nach
dem Monden-Licht richten lernen, in was
vor einem Situ dieselben in Ansehung die-
ses oder jenen Ortes stehen, damit sie wis-
sen, was sie vor einen Rückweg wieder zu
nehmen haben. Wo Norden sey, kön-
nen sie auch daher wissen, wenn sie an die
Rinde der Bäume fühlen, und finden,
daß sie am allerrauhesten und härtesten
sey. Denn weil sie von der Mitternach-
tigen Seite am meisten von den kalten
Nord-Winden getroffen wird, so muß
auch nothwendig die Baum-Rinde von
derselbigen Seite am allerrauhesten und
gröbsten seyn.

§. 5.

Die Römer besorgten so sehr die
Land-Strassen, daß sie eigene Curato-
res Viarum Publicarum
hatten, und hat
man auch noch heutiges Tages in Franck-
reich eigene Intendants des Chemins und
Maitres des Ponts, die auf die Brücken,
Wege und Stege gute Achtung geben
müssen; und mögten wir Teutschen, die
wir sonst in andern Sachen die Frantzösi-
schen Moden gerne nachahmen, auch diese
Sorgfalt von ihnen lernen. Der Fleiß
und die Bemühung unserer Vorfahren
ist auch in diesem Stück billig zu loben, daß
sie uns hin und wieder so viel schöne stei-
nerne Brücken und grosse Steinwege
vorgebauet, und hinterlassen. Wären
dieselben nicht von ihnen gebauet wor-
den, so bin ich gut davor, es würde man-
ches ungebauet bleiben, weil wir ietzund
mit unserm Gelde unsern Gedancken
nach nöthigere Sachen zu schaffen ha-
ben, wir müssen davor ausländische Waa-
ren kauffen, wir müssen Meublen anschaf-
fen, verchamerirte Kleider uns machen
lassen, und dieselben alle halbe Jahr ver-
ändern, und das Geld auf andere Weise
wieder vertändeln.

§. 6.

Occasione der Land-Strassen
muß ich auch noch eines Aberglaubens Er-
wehnung thun, der bey vielen unter dem
gemeinen Mann herrschet, daß sie glau-
ben, wenn man in der Wallpurgis-Nacht,
und zwar zur Mitternacht, auf einen

Creutz-
F (Anderer Haupt-Theil.)

Von Straſſen/ Bruͤcken und Wegweiſern.
[Spaltenumbruch] ſolte bey den Stroͤhmen, die nahe an den
Fahr-Straſſen flieſſen, Acht haben, daß
ſie erhoͤhet wuͤrden, damit die Straſſen
nicht, wenn ſie bey groſſen Uberſchwem-
mungen austreten, in Waſſer geſetzt wer-
den. So ſolten auch, zumahl wo irrſa-
me Wege ſind, als in den Gebuͤrgen, und
in den Waͤldern, eigene Straſſen-Bereu-
ter ſeyn, die auf die Sicherheit der Rei-
ſenden bedacht waͤren, und Sorge truͤ-
gen, daß die Paſſagirer vom boͤſen leichtfer-
tigen Diebes-Geſindel nicht etwan an-
gefallen und infeſtiret wuͤrden. Es ſol-
te billig auch mehr Vorſorge angewendet
werden, daß die Gaſtwirthe nicht die Rei-
ſenden, wie es wohl zu geſchehen pflegt,
mit demjenigen, ſo ſie ihnen abfordern,
uͤbertheureten, ſondern eine billig-maͤßi-
ge Gleichheit und Proportion hierinnen
beobachtet wuͤrde. Es waͤre auch wohl
gethan, wenn zum Behuf und zur Com-
modit
aͤt der Reiſenden allenthalben, als
wie vor einiger Zeit in dem Churfuͤrſten-
thum Sachſen geſchehen, ſolche ſteinerne
Seulen aufgerichtet wuͤrden, daran die
Diſtanz der Oerter, die Doͤrffer, die da-
zwiſchen laͤgen, die Wendungen bey den
Creutz- und andern unterſchiedenen We-
gen, und andere Nachrichten, die den Rei-
ſenden dienlich ſeyn koͤnten, aufgezeichnet
waͤren, damit ſich die Fremden nicht ver-
irren, und auch keines Bothens vonnoͤ-
then haben moͤgten.

§. 3.

Die Forſt-Bedienten muͤſſen
ſich vor allen Dingen die Straſſen durch
die Waͤlder recht bekandt machen/ denn
es iſt von langen Zeiten her die loͤbliche
Gewohnheit eingefuͤhret, daß die Jaͤge-
rey, es ſey, daß die Landes-Herrſchafft ei-
ne ſolenne Reiſe thut, oder daß andere
Fuͤrſtliche oder Graͤfliche hohe Standes-
Perſonen durch ein Land paſſiren, auf
vorher beſchehene Notification und er-
folgte Verordnung von ihren Vorgeſetz-
ten, den Herrſchafften vorreiten, und ih-
nen die Paſſage anzeigen muß. Es muͤſ-
ſen ſich auch die Forſt-Bedienten alle
Bey- und Schlupf-Wege durch die Waͤl-
der, oder die Hoͤlen, die drinnen ſind, die
Dickigte und andere Plaͤtze, die zu eini-
ger Retirade dienen koͤnten, wohl bekandt
machen, indem ſich nicht ſelten Zigeuner,
und andere dergleichen boͤſe Rotten in den
Waͤldern aufhalten, und nachgehends die
loͤbliche Jaͤgerey ausgeſchickt wird, ſolch
boͤſe Volck in den Waͤldern aufzuſuchen,
und einzubringen. Je mehr nun die Ge-
legenheit des Waldes ihnen kundig iſt,
[Spaltenumbruch] deſto beſſer koͤnnen ſie nachgehends dieſe
Leute auskundſchafften.

§. 4.

Es muͤſſen die Forſt-Bedien-
ten auch wohl Achtung geben, daß ſie in
den Waͤldern die Wege kennen lernen,
und wenn es auch gleich zur Nacht ware,
damit ſie ſich nicht verirren, ſondern wie-
der zu recht finden, wenn ſie ſich etwan in
den Waͤldern ihres Beruffs halber ein
wenig allzu lange verſpaͤtiget. Sie muͤſ-
ſen ſich alſo nach den Sternen und nach
dem Monden-Licht richten lernen, in was
vor einem Situ dieſelben in Anſehung die-
ſes oder jenen Ortes ſtehen, damit ſie wiſ-
ſen, was ſie vor einen Ruͤckweg wieder zu
nehmen haben. Wo Norden ſey, koͤn-
nen ſie auch daher wiſſen, wenn ſie an die
Rinde der Baͤume fuͤhlen, und finden,
daß ſie am allerrauheſten und haͤrteſten
ſey. Denn weil ſie von der Mitternach-
tigen Seite am meiſten von den kalten
Nord-Winden getroffen wird, ſo muß
auch nothwendig die Baum-Rinde von
derſelbigen Seite am allerrauheſten und
groͤbſten ſeyn.

§. 5.

Die Roͤmer beſorgten ſo ſehr die
Land-Straſſen, daß ſie eigene Curato-
res Viarum Publicarum
hatten, und hat
man auch noch heutiges Tages in Franck-
reich eigene Intendants des Chemins und
Maitres des Ponts, die auf die Bruͤcken,
Wege und Stege gute Achtung geben
muͤſſen; und moͤgten wir Teutſchen, die
wir ſonſt in andern Sachen die Frantzoͤſi-
ſchen Moden gerne nachahmen, auch dieſe
Sorgfalt von ihnen lernen. Der Fleiß
und die Bemuͤhung unſerer Vorfahren
iſt auch in dieſem Stuͤck billig zu loben, daß
ſie uns hin und wieder ſo viel ſchoͤne ſtei-
nerne Bruͤcken und groſſe Steinwege
vorgebauet, und hinterlaſſen. Waͤren
dieſelben nicht von ihnen gebauet wor-
den, ſo bin ich gut davor, es wuͤrde man-
ches ungebauet bleiben, weil wir ietzund
mit unſerm Gelde unſern Gedancken
nach noͤthigere Sachen zu ſchaffen ha-
ben, wir muͤſſen davor auslaͤndiſche Waa-
ren kauffen, wir muͤſſen Meublen anſchaf-
fen, verchamerirte Kleider uns machen
laſſen, und dieſelben alle halbe Jahr ver-
aͤndern, und das Geld auf andere Weiſe
wieder vertaͤndeln.

§. 6.

Occaſione der Land-Straſſen
muß ich auch noch eines Aberglaubens Er-
wehnung thun, der bey vielen unter dem
gemeinen Mann herrſchet, daß ſie glau-
ben, wenn man in der Wallpurgis-Nacht,
und zwar zur Mitternacht, auf einen

Creutz-
F (Anderer Haupt-Theil.)
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[41/0097] Von Straſſen/ Bruͤcken und Wegweiſern. ſolte bey den Stroͤhmen, die nahe an den Fahr-Straſſen flieſſen, Acht haben, daß ſie erhoͤhet wuͤrden, damit die Straſſen nicht, wenn ſie bey groſſen Uberſchwem- mungen austreten, in Waſſer geſetzt wer- den. So ſolten auch, zumahl wo irrſa- me Wege ſind, als in den Gebuͤrgen, und in den Waͤldern, eigene Straſſen-Bereu- ter ſeyn, die auf die Sicherheit der Rei- ſenden bedacht waͤren, und Sorge truͤ- gen, daß die Paſſagirer vom boͤſen leichtfer- tigen Diebes-Geſindel nicht etwan an- gefallen und infeſtiret wuͤrden. Es ſol- te billig auch mehr Vorſorge angewendet werden, daß die Gaſtwirthe nicht die Rei- ſenden, wie es wohl zu geſchehen pflegt, mit demjenigen, ſo ſie ihnen abfordern, uͤbertheureten, ſondern eine billig-maͤßi- ge Gleichheit und Proportion hierinnen beobachtet wuͤrde. Es waͤre auch wohl gethan, wenn zum Behuf und zur Com- moditaͤt der Reiſenden allenthalben, als wie vor einiger Zeit in dem Churfuͤrſten- thum Sachſen geſchehen, ſolche ſteinerne Seulen aufgerichtet wuͤrden, daran die Diſtanz der Oerter, die Doͤrffer, die da- zwiſchen laͤgen, die Wendungen bey den Creutz- und andern unterſchiedenen We- gen, und andere Nachrichten, die den Rei- ſenden dienlich ſeyn koͤnten, aufgezeichnet waͤren, damit ſich die Fremden nicht ver- irren, und auch keines Bothens vonnoͤ- then haben moͤgten. §. 3. Die Forſt-Bedienten muͤſſen ſich vor allen Dingen die Straſſen durch die Waͤlder recht bekandt machen/ denn es iſt von langen Zeiten her die loͤbliche Gewohnheit eingefuͤhret, daß die Jaͤge- rey, es ſey, daß die Landes-Herrſchafft ei- ne ſolenne Reiſe thut, oder daß andere Fuͤrſtliche oder Graͤfliche hohe Standes- Perſonen durch ein Land paſſiren, auf vorher beſchehene Notification und er- folgte Verordnung von ihren Vorgeſetz- ten, den Herrſchafften vorreiten, und ih- nen die Paſſage anzeigen muß. Es muͤſ- ſen ſich auch die Forſt-Bedienten alle Bey- und Schlupf-Wege durch die Waͤl- der, oder die Hoͤlen, die drinnen ſind, die Dickigte und andere Plaͤtze, die zu eini- ger Retirade dienen koͤnten, wohl bekandt machen, indem ſich nicht ſelten Zigeuner, und andere dergleichen boͤſe Rotten in den Waͤldern aufhalten, und nachgehends die loͤbliche Jaͤgerey ausgeſchickt wird, ſolch boͤſe Volck in den Waͤldern aufzuſuchen, und einzubringen. Je mehr nun die Ge- legenheit des Waldes ihnen kundig iſt, deſto beſſer koͤnnen ſie nachgehends dieſe Leute auskundſchafften. §. 4. Es muͤſſen die Forſt-Bedien- ten auch wohl Achtung geben, daß ſie in den Waͤldern die Wege kennen lernen, und wenn es auch gleich zur Nacht ware, damit ſie ſich nicht verirren, ſondern wie- der zu recht finden, wenn ſie ſich etwan in den Waͤldern ihres Beruffs halber ein wenig allzu lange verſpaͤtiget. Sie muͤſ- ſen ſich alſo nach den Sternen und nach dem Monden-Licht richten lernen, in was vor einem Situ dieſelben in Anſehung die- ſes oder jenen Ortes ſtehen, damit ſie wiſ- ſen, was ſie vor einen Ruͤckweg wieder zu nehmen haben. Wo Norden ſey, koͤn- nen ſie auch daher wiſſen, wenn ſie an die Rinde der Baͤume fuͤhlen, und finden, daß ſie am allerrauheſten und haͤrteſten ſey. Denn weil ſie von der Mitternach- tigen Seite am meiſten von den kalten Nord-Winden getroffen wird, ſo muß auch nothwendig die Baum-Rinde von derſelbigen Seite am allerrauheſten und groͤbſten ſeyn. §. 5. Die Roͤmer beſorgten ſo ſehr die Land-Straſſen, daß ſie eigene Curato- res Viarum Publicarum hatten, und hat man auch noch heutiges Tages in Franck- reich eigene Intendants des Chemins und Maitres des Ponts, die auf die Bruͤcken, Wege und Stege gute Achtung geben muͤſſen; und moͤgten wir Teutſchen, die wir ſonſt in andern Sachen die Frantzoͤſi- ſchen Moden gerne nachahmen, auch dieſe Sorgfalt von ihnen lernen. Der Fleiß und die Bemuͤhung unſerer Vorfahren iſt auch in dieſem Stuͤck billig zu loben, daß ſie uns hin und wieder ſo viel ſchoͤne ſtei- nerne Bruͤcken und groſſe Steinwege vorgebauet, und hinterlaſſen. Waͤren dieſelben nicht von ihnen gebauet wor- den, ſo bin ich gut davor, es wuͤrde man- ches ungebauet bleiben, weil wir ietzund mit unſerm Gelde unſern Gedancken nach noͤthigere Sachen zu ſchaffen ha- ben, wir muͤſſen davor auslaͤndiſche Waa- ren kauffen, wir muͤſſen Meublen anſchaf- fen, verchamerirte Kleider uns machen laſſen, und dieſelben alle halbe Jahr ver- aͤndern, und das Geld auf andere Weiſe wieder vertaͤndeln. §. 6. Occaſione der Land-Straſſen muß ich auch noch eines Aberglaubens Er- wehnung thun, der bey vielen unter dem gemeinen Mann herrſchet, daß ſie glau- ben, wenn man in der Wallpurgis-Nacht, und zwar zur Mitternacht, auf einen Creutz- F (Anderer Haupt-Theil.)

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/97>, abgerufen am 19.04.2024.