Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite
Schloß Coepenick.
"Wo liegt Schloß Coepenick?"
An der Spree;
Wasser und Wald in Fern' und Näh',
Die Müggelberge, der Müggelsee.

Schloß Coepenick ist eines der vielen hohenzollerschen Schlösser,
die sich unter den mannigfachsten Namen, deutschen wie französi-
schen, im Spree- und Havellande vorfinden und von deren Noch-
vorhandensein die wenigsten unter uns eine Kenntniß haben. Wir ent-
sinnen uns in der Regel, von diesem und jenem Schloß in diesem oder
jenem Geschichtsbuch gelesen zu haben, aber die unklare Vorstellung, die
halbe Erwartung pflegt sich daran zu knüpfen, daß diese Schlösser mit
verschwunden seien, als die Personen vom Schauplatz abtraten, die
ihnen zuerst ein historisches Leben liehen. Die Anstrengungen
unserer Phantasie, wenn wir von Königlichen Schlössern sprechen
hören, gehen gemeinhin nicht viel über die Bilder von Sanssouci
und Charlottenburg hinaus und einem glücklichen Zufall bleibt es
vorbehalten, uns durch Augenschein oder Erzählung zu belehren,
daß auch Schwedt, Küstrin und Rheinsberg, Wusterhausen und
Oranienburg, noch ihre wirklichen Schlösser haben. Zu diesen
seitab gelegenen und verschollenen Residenzen, die ihre Existenz
immer neu beweisen müssen, gehört auch Schloß Coepenick.

Schloß Coepenick liegt an der Einmündung der wendischen
Spree (auch Dahme genannt) in die eigentliche Spree. Lange
bevor sich hier eine Stadt erhob (das jetzige Coepenick) stand hier

Schloß Coepenick.
„Wo liegt Schloß Coepenick?“
An der Spree;
Waſſer und Wald in Fern’ und Näh’,
Die Müggelberge, der Müggelſee.

Schloß Coepenick iſt eines der vielen hohenzollerſchen Schlöſſer,
die ſich unter den mannigfachſten Namen, deutſchen wie franzöſi-
ſchen, im Spree- und Havellande vorfinden und von deren Noch-
vorhandenſein die wenigſten unter uns eine Kenntniß haben. Wir ent-
ſinnen uns in der Regel, von dieſem und jenem Schloß in dieſem oder
jenem Geſchichtsbuch geleſen zu haben, aber die unklare Vorſtellung, die
halbe Erwartung pflegt ſich daran zu knüpfen, daß dieſe Schlöſſer mit
verſchwunden ſeien, als die Perſonen vom Schauplatz abtraten, die
ihnen zuerſt ein hiſtoriſches Leben liehen. Die Anſtrengungen
unſerer Phantaſie, wenn wir von Königlichen Schlöſſern ſprechen
hören, gehen gemeinhin nicht viel über die Bilder von Sansſouci
und Charlottenburg hinaus und einem glücklichen Zufall bleibt es
vorbehalten, uns durch Augenſchein oder Erzählung zu belehren,
daß auch Schwedt, Küſtrin und Rheinsberg, Wuſterhauſen und
Oranienburg, noch ihre wirklichen Schlöſſer haben. Zu dieſen
ſeitab gelegenen und verſchollenen Reſidenzen, die ihre Exiſtenz
immer neu beweiſen müſſen, gehört auch Schloß Coepenick.

Schloß Coepenick liegt an der Einmündung der wendiſchen
Spree (auch Dahme genannt) in die eigentliche Spree. Lange
bevor ſich hier eine Stadt erhob (das jetzige Coepenick) ſtand hier

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0359" n="[341]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schloß Coepenick.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>&#x201E;Wo liegt Schloß Coepenick?&#x201C;</l><lb/>
            <l>An der Spree;</l><lb/>
            <l>Wa&#x017F;&#x017F;er und Wald in Fern&#x2019; und Näh&#x2019;,</l><lb/>
            <l>Die Müggelberge, der Müggel&#x017F;ee.</l>
          </lg><lb/>
          <p><hi rendition="#in">S</hi>chloß Coepenick i&#x017F;t eines der vielen hohenzoller&#x017F;chen Schlö&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
die &#x017F;ich unter den mannigfach&#x017F;ten Namen, deut&#x017F;chen wie franzö&#x017F;i-<lb/>
&#x017F;chen, im Spree- und Havellande vorfinden und von deren Noch-<lb/>
vorhanden&#x017F;ein die wenig&#x017F;ten unter uns eine Kenntniß haben. Wir ent-<lb/>
&#x017F;innen uns in der Regel, von die&#x017F;em und jenem Schloß in die&#x017F;em oder<lb/>
jenem Ge&#x017F;chichtsbuch gele&#x017F;en zu haben, aber die unklare Vor&#x017F;tellung, die<lb/>
halbe Erwartung pflegt &#x017F;ich daran zu knüpfen, daß die&#x017F;e Schlö&#x017F;&#x017F;er mit<lb/>
ver&#x017F;chwunden &#x017F;eien, als die <hi rendition="#g">Per&#x017F;onen</hi> vom Schauplatz abtraten, die<lb/>
ihnen zuer&#x017F;t ein hi&#x017F;tori&#x017F;ches Leben liehen. Die An&#x017F;trengungen<lb/>
un&#x017F;erer Phanta&#x017F;ie, wenn wir von Königlichen Schlö&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;prechen<lb/>
hören, gehen gemeinhin nicht viel über die Bilder von Sans&#x017F;ouci<lb/>
und Charlottenburg hinaus und einem glücklichen Zufall bleibt es<lb/>
vorbehalten, uns durch Augen&#x017F;chein oder Erzählung zu belehren,<lb/>
daß auch Schwedt, Kü&#x017F;trin und Rheinsberg, Wu&#x017F;terhau&#x017F;en und<lb/>
Oranienburg, noch ihre wirklichen Schlö&#x017F;&#x017F;er haben. Zu die&#x017F;en<lb/>
&#x017F;eitab gelegenen und ver&#x017F;chollenen Re&#x017F;idenzen, die ihre Exi&#x017F;tenz<lb/>
immer neu bewei&#x017F;en mü&#x017F;&#x017F;en, gehört auch <hi rendition="#g">Schloß Coepenick</hi>.</p><lb/>
          <p>Schloß Coepenick liegt an der Einmündung der wendi&#x017F;chen<lb/>
Spree (auch Dahme genannt) in die eigentliche Spree. Lange<lb/>
bevor &#x017F;ich hier eine Stadt erhob (das jetzige Coepenick) &#x017F;tand hier<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[341]/0359] Schloß Coepenick. „Wo liegt Schloß Coepenick?“ An der Spree; Waſſer und Wald in Fern’ und Näh’, Die Müggelberge, der Müggelſee. Schloß Coepenick iſt eines der vielen hohenzollerſchen Schlöſſer, die ſich unter den mannigfachſten Namen, deutſchen wie franzöſi- ſchen, im Spree- und Havellande vorfinden und von deren Noch- vorhandenſein die wenigſten unter uns eine Kenntniß haben. Wir ent- ſinnen uns in der Regel, von dieſem und jenem Schloß in dieſem oder jenem Geſchichtsbuch geleſen zu haben, aber die unklare Vorſtellung, die halbe Erwartung pflegt ſich daran zu knüpfen, daß dieſe Schlöſſer mit verſchwunden ſeien, als die Perſonen vom Schauplatz abtraten, die ihnen zuerſt ein hiſtoriſches Leben liehen. Die Anſtrengungen unſerer Phantaſie, wenn wir von Königlichen Schlöſſern ſprechen hören, gehen gemeinhin nicht viel über die Bilder von Sansſouci und Charlottenburg hinaus und einem glücklichen Zufall bleibt es vorbehalten, uns durch Augenſchein oder Erzählung zu belehren, daß auch Schwedt, Küſtrin und Rheinsberg, Wuſterhauſen und Oranienburg, noch ihre wirklichen Schlöſſer haben. Zu dieſen ſeitab gelegenen und verſchollenen Reſidenzen, die ihre Exiſtenz immer neu beweiſen müſſen, gehört auch Schloß Coepenick. Schloß Coepenick liegt an der Einmündung der wendiſchen Spree (auch Dahme genannt) in die eigentliche Spree. Lange bevor ſich hier eine Stadt erhob (das jetzige Coepenick) ſtand hier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/359
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. [341]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/359>, abgerufen am 28.03.2024.