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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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und nahm die Festung Ziskaberg. Im Jahr 1756 war er an der Spitze
der preußischen Armee, welche durch Schlesien in Böhmen eindrang. Und
obgleich das feindliche Heer ihm überlegen war, führte er dennoch einen
Angriffskrieg gegen die von Piccolomini befehligten Oesterreicher. Die
Völker, gesichert durch seine Menschlichkeit, verehrten seinen Heldenmuth.
Die Fahne in der Hand fiel er als Opfer seines Eifers, bei Prag am
6. Mai 1757.

6) Leopold, regierender Fürst von Anhalt-Dessau, einer
der vollkommensten Feldherrn; er zeichnete sich im spanischen Erbfolge-
Kriege aus. Turin war Zeuge seiner Kriegsthaten. Er kämpfte dort an
der Spitze der Preußen, welche er auch im Kriege 1740 in Oberschlesien
anführte. Im Jahr 1745 schlug er die Sachsen bei Kesselsdorf, und bahnte
sich den Weg nach Dresden. Sein militairisches Genie und sein Muth
werden ihn auf immer unsterblich machen.

7) August Ferdinand, vierter Sohn des Königs Friedrich
Wilhelm, war 1757 bei der Einschließung von Prag, und wurde bei
einem Ausfall der Feinde verwundet. In der Schlacht bei Breslau, den
22. November desselben Jahres, behauptete er bis zu Ende der Schlacht
einen wichtigen Posten. In der Schlacht bei Leuthen erwarb er sich neue
Lorbeern. Eben so schätzbar durch seine Tugenden, als durch seine Thaten.

8) General von Seydlitz zeichnete sich aus von Jugend auf.
Er war bei allen Feldzügen des siebenjährigen Krieges zugegen, und stets
mit Ehre und Ruhm. Durch Geschicklichkeit, Unerschrockenheit, vereinigt
mit Schnelligkeit und Geistesgegenwart, wurden alle seine Kriegsthaten
den Feinden verderblich. Lowositz, Collin, Roßbach, Hochkirch, Zorndorf,
Cunersdorf und Freiberg sind ihm Denkmäler des Sieges. Oft wurde
er gefährlich verwundet. Die preußische Reiterei verdankt ihm den Grad
der Vollkommenheit, welchen der Fremde bewundert. Dieser seltne Mann,
alle Gefahren überlebend, verschied im Arme des Friedens.

9) General von Zieten erreichte ein eben so glückliches als eh-
renvolles Alter. Er siegte in jedem Gefechte. Sein kriegerischer Scharfblick,
vereinigt mit einer heroischen Tapferkeit, sicherte ihm den glücklichen Aus-
gang jedes Kampfes. Aber was ihn über alles erhob, waren seine Red-
lichkeit, seine Uneigennützigkeit und seine Verachtung aller derer, welche auf
Kosten der unterdrückten Völker sich bereicherten.

10) Der Herzog von Bevern. Er entschied 1756 den Sieg bei
Lowositz. Im Jahr 1757 drang er aus Schlesien in Böhmen ein, und
seine weisen Maßregeln verschafften ihm bei Reichenberg den Sieg über
die Oesterreicher. In demselben Jahre widerstand er mit 22000 Mann
der Daunschen Armee, welche 80000 Mann stark war, und nur nach der
muthigsten Gegenwehr unterlag er bei Breslau. 1762 mit einem Corps
bei Reichenbach aufgestellt, wurde er in Front und Rücken durch über-

und nahm die Feſtung Ziskaberg. Im Jahr 1756 war er an der Spitze
der preußiſchen Armee, welche durch Schleſien in Böhmen eindrang. Und
obgleich das feindliche Heer ihm überlegen war, führte er dennoch einen
Angriffskrieg gegen die von Piccolomini befehligten Oeſterreicher. Die
Völker, geſichert durch ſeine Menſchlichkeit, verehrten ſeinen Heldenmuth.
Die Fahne in der Hand fiel er als Opfer ſeines Eifers, bei Prag am
6. Mai 1757.

6) Leopold, regierender Fürſt von Anhalt-Deſſau, einer
der vollkommenſten Feldherrn; er zeichnete ſich im ſpaniſchen Erbfolge-
Kriege aus. Turin war Zeuge ſeiner Kriegsthaten. Er kämpfte dort an
der Spitze der Preußen, welche er auch im Kriege 1740 in Oberſchleſien
anführte. Im Jahr 1745 ſchlug er die Sachſen bei Keſſelsdorf, und bahnte
ſich den Weg nach Dresden. Sein militairiſches Genie und ſein Muth
werden ihn auf immer unſterblich machen.

7) Auguſt Ferdinand, vierter Sohn des Königs Friedrich
Wilhelm, war 1757 bei der Einſchließung von Prag, und wurde bei
einem Ausfall der Feinde verwundet. In der Schlacht bei Breslau, den
22. November deſſelben Jahres, behauptete er bis zu Ende der Schlacht
einen wichtigen Poſten. In der Schlacht bei Leuthen erwarb er ſich neue
Lorbeern. Eben ſo ſchätzbar durch ſeine Tugenden, als durch ſeine Thaten.

8) General von Seydlitz zeichnete ſich aus von Jugend auf.
Er war bei allen Feldzügen des ſiebenjährigen Krieges zugegen, und ſtets
mit Ehre und Ruhm. Durch Geſchicklichkeit, Unerſchrockenheit, vereinigt
mit Schnelligkeit und Geiſtesgegenwart, wurden alle ſeine Kriegsthaten
den Feinden verderblich. Lowoſitz, Collin, Roßbach, Hochkirch, Zorndorf,
Cunersdorf und Freiberg ſind ihm Denkmäler des Sieges. Oft wurde
er gefährlich verwundet. Die preußiſche Reiterei verdankt ihm den Grad
der Vollkommenheit, welchen der Fremde bewundert. Dieſer ſeltne Mann,
alle Gefahren überlebend, verſchied im Arme des Friedens.

9) General von Zieten erreichte ein eben ſo glückliches als eh-
renvolles Alter. Er ſiegte in jedem Gefechte. Sein kriegeriſcher Scharfblick,
vereinigt mit einer heroiſchen Tapferkeit, ſicherte ihm den glücklichen Aus-
gang jedes Kampfes. Aber was ihn über alles erhob, waren ſeine Red-
lichkeit, ſeine Uneigennützigkeit und ſeine Verachtung aller derer, welche auf
Koſten der unterdrückten Völker ſich bereicherten.

10) Der Herzog von Bevern. Er entſchied 1756 den Sieg bei
Lowoſitz. Im Jahr 1757 drang er aus Schleſien in Böhmen ein, und
ſeine weiſen Maßregeln verſchafften ihm bei Reichenberg den Sieg über
die Oeſterreicher. In demſelben Jahre widerſtand er mit 22000 Mann
der Daunſchen Armee, welche 80000 Mann ſtark war, und nur nach der
muthigſten Gegenwehr unterlag er bei Breslau. 1762 mit einem Corps
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[448/0466] und nahm die Feſtung Ziskaberg. Im Jahr 1756 war er an der Spitze der preußiſchen Armee, welche durch Schleſien in Böhmen eindrang. Und obgleich das feindliche Heer ihm überlegen war, führte er dennoch einen Angriffskrieg gegen die von Piccolomini befehligten Oeſterreicher. Die Völker, geſichert durch ſeine Menſchlichkeit, verehrten ſeinen Heldenmuth. Die Fahne in der Hand fiel er als Opfer ſeines Eifers, bei Prag am 6. Mai 1757. 6) Leopold, regierender Fürſt von Anhalt-Deſſau, einer der vollkommenſten Feldherrn; er zeichnete ſich im ſpaniſchen Erbfolge- Kriege aus. Turin war Zeuge ſeiner Kriegsthaten. Er kämpfte dort an der Spitze der Preußen, welche er auch im Kriege 1740 in Oberſchleſien anführte. Im Jahr 1745 ſchlug er die Sachſen bei Keſſelsdorf, und bahnte ſich den Weg nach Dresden. Sein militairiſches Genie und ſein Muth werden ihn auf immer unſterblich machen. 7) Auguſt Ferdinand, vierter Sohn des Königs Friedrich Wilhelm, war 1757 bei der Einſchließung von Prag, und wurde bei einem Ausfall der Feinde verwundet. In der Schlacht bei Breslau, den 22. November deſſelben Jahres, behauptete er bis zu Ende der Schlacht einen wichtigen Poſten. In der Schlacht bei Leuthen erwarb er ſich neue Lorbeern. Eben ſo ſchätzbar durch ſeine Tugenden, als durch ſeine Thaten. 8) General von Seydlitz zeichnete ſich aus von Jugend auf. Er war bei allen Feldzügen des ſiebenjährigen Krieges zugegen, und ſtets mit Ehre und Ruhm. Durch Geſchicklichkeit, Unerſchrockenheit, vereinigt mit Schnelligkeit und Geiſtesgegenwart, wurden alle ſeine Kriegsthaten den Feinden verderblich. Lowoſitz, Collin, Roßbach, Hochkirch, Zorndorf, Cunersdorf und Freiberg ſind ihm Denkmäler des Sieges. Oft wurde er gefährlich verwundet. Die preußiſche Reiterei verdankt ihm den Grad der Vollkommenheit, welchen der Fremde bewundert. Dieſer ſeltne Mann, alle Gefahren überlebend, verſchied im Arme des Friedens. 9) General von Zieten erreichte ein eben ſo glückliches als eh- renvolles Alter. Er ſiegte in jedem Gefechte. Sein kriegeriſcher Scharfblick, vereinigt mit einer heroiſchen Tapferkeit, ſicherte ihm den glücklichen Aus- gang jedes Kampfes. Aber was ihn über alles erhob, waren ſeine Red- lichkeit, ſeine Uneigennützigkeit und ſeine Verachtung aller derer, welche auf Koſten der unterdrückten Völker ſich bereicherten. 10) Der Herzog von Bevern. Er entſchied 1756 den Sieg bei Lowoſitz. Im Jahr 1757 drang er aus Schleſien in Böhmen ein, und ſeine weiſen Maßregeln verſchafften ihm bei Reichenberg den Sieg über die Oeſterreicher. In demſelben Jahre widerſtand er mit 22000 Mann der Daunſchen Armee, welche 80000 Mann ſtark war, und nur nach der muthigſten Gegenwehr unterlag er bei Breslau. 1762 mit einem Corps bei Reichenbach aufgeſtellt, wurde er in Front und Rücken durch über-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/466>, abgerufen am 25.04.2024.