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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Mittenwalde.

"Befiehl Du Deine Wege
Und was das Herze kränkt
Der allertreusten Pflege
Deß, der den Himmel lenkt" ....
Und kaum das Lied vernommen,
Ist über sie gekommen
Der Friede Gottes aus der Höh'.

Schmidt von Lübeck.

Teupitz war der äußerste Punkt, bis zu dem uns unser Cossen-
blatter Ausflug geführt hat und wir kehren nunmehr auf unser
eigentliches Reiseterrain, in die Odergegenden von Barnim und
Lebus zurück. Auf dem Rückweg lassen wir es uns angelegen sein,
an Mittenwalde nicht ohne Ansprache vorüber zu gehen.

Wer reist nach Mittenwalde? eine wohl aufzuwerfende Frage.
Und doch ist es ein sehenswerther Ort, der Anspruch hat auf Be-
such und Umschau innerhalb seiner Mauern. Nicht als ob es eine
schöne und malerische Stadt wäre; aber ob schön und malerisch
oder nicht, Mittenwalde ist sehenswerth, weil es alt ist und eine
Geschichte hat.

Es hat sogar eine Vorgeschichte: allerhand Sagen und Tra-
ditionen von einem Alt-Mittenwalde, das, in unmittelbarer Nähe
der jetzigen Stadt, auf der westlichen Feldmark derselben, gelegen
war. Hier unter Wiesen- und Ackerland finden sich noch Stein-
fundamente, und während das Auge des Fremden nur über
Schläge und Felder zu blicken glaubt, sprechen die Mittenwald-
ner, als stünden die Dinge noch sichtbarlich vor ihnen, von der

Mittenwalde.

„Befiehl Du Deine Wege
Und was das Herze kränkt
Der allertreuſten Pflege
Deß, der den Himmel lenkt“ ....
Und kaum das Lied vernommen,
Iſt über ſie gekommen
Der Friede Gottes aus der Höh’.

Schmidt von Lübeck.

Teupitz war der äußerſte Punkt, bis zu dem uns unſer Coſſen-
blatter Ausflug geführt hat und wir kehren nunmehr auf unſer
eigentliches Reiſeterrain, in die Odergegenden von Barnim und
Lebus zurück. Auf dem Rückweg laſſen wir es uns angelegen ſein,
an Mittenwalde nicht ohne Anſprache vorüber zu gehen.

Wer reiſt nach Mittenwalde? eine wohl aufzuwerfende Frage.
Und doch iſt es ein ſehenswerther Ort, der Anſpruch hat auf Be-
ſuch und Umſchau innerhalb ſeiner Mauern. Nicht als ob es eine
ſchöne und maleriſche Stadt wäre; aber ob ſchön und maleriſch
oder nicht, Mittenwalde iſt ſehenswerth, weil es alt iſt und eine
Geſchichte hat.

Es hat ſogar eine Vorgeſchichte: allerhand Sagen und Tra-
ditionen von einem Alt-Mittenwalde, das, in unmittelbarer Nähe
der jetzigen Stadt, auf der weſtlichen Feldmark derſelben, gelegen
war. Hier unter Wieſen- und Ackerland finden ſich noch Stein-
fundamente, und während das Auge des Fremden nur über
Schläge und Felder zu blicken glaubt, ſprechen die Mittenwald-
ner, als ſtünden die Dinge noch ſichtbarlich vor ihnen, von der

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[[142]/0154] Mittenwalde. „Befiehl Du Deine Wege Und was das Herze kränkt Der allertreuſten Pflege Deß, der den Himmel lenkt“ .... Und kaum das Lied vernommen, Iſt über ſie gekommen Der Friede Gottes aus der Höh’. Schmidt von Lübeck. Teupitz war der äußerſte Punkt, bis zu dem uns unſer Coſſen- blatter Ausflug geführt hat und wir kehren nunmehr auf unſer eigentliches Reiſeterrain, in die Odergegenden von Barnim und Lebus zurück. Auf dem Rückweg laſſen wir es uns angelegen ſein, an Mittenwalde nicht ohne Anſprache vorüber zu gehen. Wer reiſt nach Mittenwalde? eine wohl aufzuwerfende Frage. Und doch iſt es ein ſehenswerther Ort, der Anſpruch hat auf Be- ſuch und Umſchau innerhalb ſeiner Mauern. Nicht als ob es eine ſchöne und maleriſche Stadt wäre; aber ob ſchön und maleriſch oder nicht, Mittenwalde iſt ſehenswerth, weil es alt iſt und eine Geſchichte hat. Es hat ſogar eine Vorgeſchichte: allerhand Sagen und Tra- ditionen von einem Alt-Mittenwalde, das, in unmittelbarer Nähe der jetzigen Stadt, auf der weſtlichen Feldmark derſelben, gelegen war. Hier unter Wieſen- und Ackerland finden ſich noch Stein- fundamente, und während das Auge des Fremden nur über Schläge und Felder zu blicken glaubt, ſprechen die Mittenwald- ner, als ſtünden die Dinge noch ſichtbarlich vor ihnen, von der

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. [142]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/154>, abgerufen am 20.04.2024.