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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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des gewiß sehr häufig; die überall auf den Feldern umherliegenden
Rollsteine, wie sie das Material zu den Kirchen selber boten, wur-
den ausgehöhlt und die "Taufe" war fertig. Die Bearbeitungs-
kunst bleibt unter allen Umständen anstaunenswerth, wenn man
erwägt, wie geringe technische Hülfsmittel damals zu Gebote stan-
den. Jetzt begegnet man solchen "Taufen" nur sehr selten noch.
Beides, Schnitz-Altar wie Taufstein (der letztere gewiß), stammen
aus Pfuelscher Zeit.

5. Gielsdorf.

Gielsdorf, nur durch den schönen Ihland-See und seine Um-
gebungen von Wilkendorf getrennt, ist seit 400 Jahren im Besitz
der Familie. In einen der alten Kirchenpfeiler wurde, mit Bezug-
nahme darauf, eine Steintafel eingemauert, die die Inschrift trägt:
Zur Erinnerung an die 1460 unter Churfürst Friedrich geschehene
Belehnung des Werner Pful mit Gielsdorf und an den vier-
hundertjährigen Besitz seiner Erben. Gustav von Pfuel, 1860."

Auch in der Gielsdorfer Kirche befindet sich ein ausgemei-
ßelter Taufstein, doch ist derselbe ersichtlich aus spätrer Zeit, nicht
so groß wie der Wilkendorfer, und statt in Granit in bloßem
Kalkstein (wahrscheinlich aus dem benachbarten Rüdersdorf) aus-
geführt. In Front trägt der Stein ein flach gearbeitetes Kreuz,
und als Umschrift um dasselbe, in Form eines Kranzes, die Worte:
NON GLORIOR NISI IN CRUCE DOMINI.

Die Emporen der alten Kirche ruhen auf kurzen, grob-
geschnitzten Holzpfeilern; in einen derselben sind die Worte ein-
geschnitten: BERTRAMB V. PFUEL. ANNO MDCX. Dieser
Bertramb von Pfuel war ein Vetter Curt Bertrams v. Pf., der
während des 30jährigen Krieges eine Rolle spielte und auf den
wir noch weiter unten zurückkommen.

Unter dem Altar der Gielsdorfer Kirche soll ein anderer Pfuel
(Christian Friedrich) bestattet sein. Eine Stückkugel riß ihm beim
Sturm auf Kaiserswerth (1702) den Kopf weg und Rumpf und
Glieder wurden in Gielsdorf begraben. Er war Oberst in einem
Infanterie-Regiment. Sein Bild befindet sich in Jahnsfelde. Ein

des gewiß ſehr häufig; die überall auf den Feldern umherliegenden
Rollſteine, wie ſie das Material zu den Kirchen ſelber boten, wur-
den ausgehöhlt und die „Taufe“ war fertig. Die Bearbeitungs-
kunſt bleibt unter allen Umſtänden anſtaunenswerth, wenn man
erwägt, wie geringe techniſche Hülfsmittel damals zu Gebote ſtan-
den. Jetzt begegnet man ſolchen „Taufen“ nur ſehr ſelten noch.
Beides, Schnitz-Altar wie Taufſtein (der letztere gewiß), ſtammen
aus Pfuelſcher Zeit.

5. Gielsdorf.

Gielsdorf, nur durch den ſchönen Ihland-See und ſeine Um-
gebungen von Wilkendorf getrennt, iſt ſeit 400 Jahren im Beſitz
der Familie. In einen der alten Kirchenpfeiler wurde, mit Bezug-
nahme darauf, eine Steintafel eingemauert, die die Inſchrift trägt:
Zur Erinnerung an die 1460 unter Churfürſt Friedrich geſchehene
Belehnung des Werner Pful mit Gielsdorf und an den vier-
hundertjährigen Beſitz ſeiner Erben. Guſtav von Pfuel, 1860.“

Auch in der Gielsdorfer Kirche befindet ſich ein ausgemei-
ßelter Taufſtein, doch iſt derſelbe erſichtlich aus ſpätrer Zeit, nicht
ſo groß wie der Wilkendorfer, und ſtatt in Granit in bloßem
Kalkſtein (wahrſcheinlich aus dem benachbarten Rüdersdorf) aus-
geführt. In Front trägt der Stein ein flach gearbeitetes Kreuz,
und als Umſchrift um daſſelbe, in Form eines Kranzes, die Worte:
NON GLORIOR NISI IN CRUCE DOMINI.

Die Emporen der alten Kirche ruhen auf kurzen, grob-
geſchnitzten Holzpfeilern; in einen derſelben ſind die Worte ein-
geſchnitten: BERTRAMB V. PFUEL. ANNO MDCX. Dieſer
Bertramb von Pfuel war ein Vetter Curt Bertrams v. Pf., der
während des 30jährigen Krieges eine Rolle ſpielte und auf den
wir noch weiter unten zurückkommen.

Unter dem Altar der Gielsdorfer Kirche ſoll ein anderer Pfuel
(Chriſtian Friedrich) beſtattet ſein. Eine Stückkugel riß ihm beim
Sturm auf Kaiſerswerth (1702) den Kopf weg und Rumpf und
Glieder wurden in Gielsdorf begraben. Er war Oberſt in einem
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[486/0498] des gewiß ſehr häufig; die überall auf den Feldern umherliegenden Rollſteine, wie ſie das Material zu den Kirchen ſelber boten, wur- den ausgehöhlt und die „Taufe“ war fertig. Die Bearbeitungs- kunſt bleibt unter allen Umſtänden anſtaunenswerth, wenn man erwägt, wie geringe techniſche Hülfsmittel damals zu Gebote ſtan- den. Jetzt begegnet man ſolchen „Taufen“ nur ſehr ſelten noch. Beides, Schnitz-Altar wie Taufſtein (der letztere gewiß), ſtammen aus Pfuelſcher Zeit. 5. Gielsdorf. Gielsdorf, nur durch den ſchönen Ihland-See und ſeine Um- gebungen von Wilkendorf getrennt, iſt ſeit 400 Jahren im Beſitz der Familie. In einen der alten Kirchenpfeiler wurde, mit Bezug- nahme darauf, eine Steintafel eingemauert, die die Inſchrift trägt: Zur Erinnerung an die 1460 unter Churfürſt Friedrich geſchehene Belehnung des Werner Pful mit Gielsdorf und an den vier- hundertjährigen Beſitz ſeiner Erben. Guſtav von Pfuel, 1860.“ Auch in der Gielsdorfer Kirche befindet ſich ein ausgemei- ßelter Taufſtein, doch iſt derſelbe erſichtlich aus ſpätrer Zeit, nicht ſo groß wie der Wilkendorfer, und ſtatt in Granit in bloßem Kalkſtein (wahrſcheinlich aus dem benachbarten Rüdersdorf) aus- geführt. In Front trägt der Stein ein flach gearbeitetes Kreuz, und als Umſchrift um daſſelbe, in Form eines Kranzes, die Worte: NON GLORIOR NISI IN CRUCE DOMINI. Die Emporen der alten Kirche ruhen auf kurzen, grob- geſchnitzten Holzpfeilern; in einen derſelben ſind die Worte ein- geſchnitten: BERTRAMB V. PFUEL. ANNO MDCX. Dieſer Bertramb von Pfuel war ein Vetter Curt Bertrams v. Pf., der während des 30jährigen Krieges eine Rolle ſpielte und auf den wir noch weiter unten zurückkommen. Unter dem Altar der Gielsdorfer Kirche ſoll ein anderer Pfuel (Chriſtian Friedrich) beſtattet ſein. Eine Stückkugel riß ihm beim Sturm auf Kaiſerswerth (1702) den Kopf weg und Rumpf und Glieder wurden in Gielsdorf begraben. Er war Oberſt in einem Infanterie-Regiment. Sein Bild befindet ſich in Jahnsfelde. Ein

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/498>, abgerufen am 25.04.2024.