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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Dreizehn Jahr alt, machte er, als Junker im Regiment Ru-
dorff-Husaren, die unglückliche Campagne von 1806 mit und
wurde im Blücherschen Corps bei Lübeck gefangen und auf Ehren-
wort in die Heimath entlassen. Sein Ehrenwort band ihn bis
zum Tilsiter Frieden. Nach dem Friedensschluß seines Versprechens
ledig, trat er ins Brandenburgische Husarenregiment ein, avancirte,
besuchte 1810 die Kriegsschule und war im März 1812 unter den
300 Offizieren, die, als Preußen, durch die politische Lage ge-
zwungen, sein Contingent zum Feldzug gegen Rußland stellen mußte,
ihren Abschied nahmen, um, wo immer es auch auf den Schlacht-
feldern Europa's sein möge, wohl gegen den Unterdrücker, aber
nicht für ihn zu kämpfen. Die Mehrzahl jener 300 Offiziere trat
in russischen Dienst; unser Massow aber, mit zwei gleichgesinnten
Freunden (von Barner und von Scharnhorst, Sohn des Generals)
ging nach England und von da, als Offizier in einem Dragoner-
Regiment der Englisch-Deutschen Legion, nach Spanien. Er focht
unter Wellington und wurde vor Burgos, bei einer Cavallerie-
Attacke, durch einen Lanzenstich in die Lunge lebensgefährlich ver-
wundet. Er genas indeß und kehrte zunächst nach England, von
da nach Preußen zurück. Er trat hier, es war im Juni 1813,
bei dem braunen Husaren-Regimente ein, das damals der Obrist
von Blücher (Sohn des Feldmarschalls) kommandirte, machte in
diesem Regimente die Kämpfe jenes schlachtenreichen Sommers und
Herbstes mit und wurde dann, am Schluß des Jahres, in den
Generalstab versetzt. 1815 befand er sich im Hauptquartier des
Fürsten Blücher, dessen Communicationen mit Wellington,
vor und während der Schlacht bei Belle-Alliance
, durch
unsren Massow vermittelt wurden. Welch besserer Vertrauensmann
hätte sich finden lassen als eben er, der schon drei Jahre früher
unter den Augen des Herzogs gefochten hatte und dessen volle
Kenntniß der Englischen Sprache, damals bei den wenigsten anzu-
zutreffen, ihn ohnehin empfahl.

Der Niederwerfung Napoleons folgte bekanntlich die Okku-
pation Frankreichs durch englische und preußische Truppen. Den

Dreizehn Jahr alt, machte er, als Junker im Regiment Ru-
dorff-Huſaren, die unglückliche Campagne von 1806 mit und
wurde im Blücherſchen Corps bei Lübeck gefangen und auf Ehren-
wort in die Heimath entlaſſen. Sein Ehrenwort band ihn bis
zum Tilſiter Frieden. Nach dem Friedensſchluß ſeines Verſprechens
ledig, trat er ins Brandenburgiſche Huſarenregiment ein, avancirte,
beſuchte 1810 die Kriegsſchule und war im März 1812 unter den
300 Offizieren, die, als Preußen, durch die politiſche Lage ge-
zwungen, ſein Contingent zum Feldzug gegen Rußland ſtellen mußte,
ihren Abſchied nahmen, um, wo immer es auch auf den Schlacht-
feldern Europa’s ſein möge, wohl gegen den Unterdrücker, aber
nicht für ihn zu kämpfen. Die Mehrzahl jener 300 Offiziere trat
in ruſſiſchen Dienſt; unſer Maſſow aber, mit zwei gleichgeſinnten
Freunden (von Barner und von Scharnhorſt, Sohn des Generals)
ging nach England und von da, als Offizier in einem Dragoner-
Regiment der Engliſch-Deutſchen Legion, nach Spanien. Er focht
unter Wellington und wurde vor Burgos, bei einer Cavallerie-
Attacke, durch einen Lanzenſtich in die Lunge lebensgefährlich ver-
wundet. Er genas indeß und kehrte zunächſt nach England, von
da nach Preußen zurück. Er trat hier, es war im Juni 1813,
bei dem braunen Huſaren-Regimente ein, das damals der Obriſt
von Blücher (Sohn des Feldmarſchalls) kommandirte, machte in
dieſem Regimente die Kämpfe jenes ſchlachtenreichen Sommers und
Herbſtes mit und wurde dann, am Schluß des Jahres, in den
Generalſtab verſetzt. 1815 befand er ſich im Hauptquartier des
Fürſten Blücher, deſſen Communicationen mit Wellington,
vor und während der Schlacht bei Belle-Alliance
, durch
unſren Maſſow vermittelt wurden. Welch beſſerer Vertrauensmann
hätte ſich finden laſſen als eben er, der ſchon drei Jahre früher
unter den Augen des Herzogs gefochten hatte und deſſen volle
Kenntniß der Engliſchen Sprache, damals bei den wenigſten anzu-
zutreffen, ihn ohnehin empfahl.

Der Niederwerfung Napoleons folgte bekanntlich die Okku-
pation Frankreichs durch engliſche und preußiſche Truppen. Den

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[162/0174] Dreizehn Jahr alt, machte er, als Junker im Regiment Ru- dorff-Huſaren, die unglückliche Campagne von 1806 mit und wurde im Blücherſchen Corps bei Lübeck gefangen und auf Ehren- wort in die Heimath entlaſſen. Sein Ehrenwort band ihn bis zum Tilſiter Frieden. Nach dem Friedensſchluß ſeines Verſprechens ledig, trat er ins Brandenburgiſche Huſarenregiment ein, avancirte, beſuchte 1810 die Kriegsſchule und war im März 1812 unter den 300 Offizieren, die, als Preußen, durch die politiſche Lage ge- zwungen, ſein Contingent zum Feldzug gegen Rußland ſtellen mußte, ihren Abſchied nahmen, um, wo immer es auch auf den Schlacht- feldern Europa’s ſein möge, wohl gegen den Unterdrücker, aber nicht für ihn zu kämpfen. Die Mehrzahl jener 300 Offiziere trat in ruſſiſchen Dienſt; unſer Maſſow aber, mit zwei gleichgeſinnten Freunden (von Barner und von Scharnhorſt, Sohn des Generals) ging nach England und von da, als Offizier in einem Dragoner- Regiment der Engliſch-Deutſchen Legion, nach Spanien. Er focht unter Wellington und wurde vor Burgos, bei einer Cavallerie- Attacke, durch einen Lanzenſtich in die Lunge lebensgefährlich ver- wundet. Er genas indeß und kehrte zunächſt nach England, von da nach Preußen zurück. Er trat hier, es war im Juni 1813, bei dem braunen Huſaren-Regimente ein, das damals der Obriſt von Blücher (Sohn des Feldmarſchalls) kommandirte, machte in dieſem Regimente die Kämpfe jenes ſchlachtenreichen Sommers und Herbſtes mit und wurde dann, am Schluß des Jahres, in den Generalſtab verſetzt. 1815 befand er ſich im Hauptquartier des Fürſten Blücher, deſſen Communicationen mit Wellington, vor und während der Schlacht bei Belle-Alliance, durch unſren Maſſow vermittelt wurden. Welch beſſerer Vertrauensmann hätte ſich finden laſſen als eben er, der ſchon drei Jahre früher unter den Augen des Herzogs gefochten hatte und deſſen volle Kenntniß der Engliſchen Sprache, damals bei den wenigſten anzu- zutreffen, ihn ohnehin empfahl. Der Niederwerfung Napoleons folgte bekanntlich die Okku- pation Frankreichs durch engliſche und preußiſche Truppen. Den

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/174>, abgerufen am 28.03.2024.