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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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"Mittelbruch" ganz fallen zu lassen. Man spricht nur noch von
einem Ober- und Niederbruch, und so ist es in der Ordnung.
Ohnehin wird dadurch das Bruch in zwei ziemlich gleich große
Hälften getheilt.

Das Bruch ist ein Bauernland, eine Art Dithmar-
schen*); aber adlige Güter blicken rundum, wie von hoher
Warte, in das schöne, fruchtbare Bruchland hinein. Eine ganze
Anzahl dieser auf der Höhe gelegenen, altadligen Güter wer-
den wir noch in ausführlicheren Schilderungen kennen lernen;
nur ihre Namen, so wie die Namen der alten, zum Theil ausge-
storbenen Familien, die ihnen im Lauf der Jahrhunderte zu Ruhm
und Ansehn verhalfen, mögen schon hier eine Stelle finden. Auch
einem neuen Namen werden wir begegnen: Albrecht Thaer.
Es wird dem Leser, mit bloßer Hülfe dieser Aufzählung, der
Reichthum historischen Lebens entgegentreten, der sich hier, unmit-
telbar am Rande des Bruchs, auf dem Raum weniger Meilen
zusammenfand. Ich folge der Linie von Nord nach Süd.

Hohen-Finow (Sparr. Vernezobre).
Cöthen und Falkenberg (von Jena).
Freienwalde (Uchtenhagen).
Ranft (von Marschall).
Möglin (Albrecht Thaer).
Batzlow (Barfus).
Ihlow (Ihlow oder Illo).**)

*) Die Bewohner des Oderbruchs sind auch an Kraft und Muth,
freilich noch nicht an bewährter Freiheitsliebe, (das soll noch erst
kommen), den Dithmarschen verwandt. Die ausgehobenen Rekruten
gelten jedesmal als ein besonders treffliches Material. Mit dem Bewußt-
sein hiervon geht allerdings viel Uebermuth Hand in Hand und die Brücher,
zumal auf den Canton-Versammlungen, lieben es, die "hungrigen Kerle
von der Höhe" zu tyrannisiren. Einer (ein Angermünder Postillon), der
mir davon erzählte und seinerzeit unter dieser Tyrannei gelitten haben
mochte, fügte hinzu: es wäre mitunter nicht auszuhalten, wenn nicht die
Ukermärker wären; "die bringen alles wieder zurechte."
**) Der aus Schiller's "Wallenstein" männiglich bekannte Feldmar-
schall Illo schrieb sich eigentlich Ilow, oder Ylow, auch Ihlow (alle

„Mittelbruch“ ganz fallen zu laſſen. Man ſpricht nur noch von
einem Ober- und Niederbruch, und ſo iſt es in der Ordnung.
Ohnehin wird dadurch das Bruch in zwei ziemlich gleich große
Hälften getheilt.

Das Bruch iſt ein Bauernland, eine Art Dithmar-
ſchen*); aber adlige Güter blicken rundum, wie von hoher
Warte, in das ſchöne, fruchtbare Bruchland hinein. Eine ganze
Anzahl dieſer auf der Höhe gelegenen, altadligen Güter wer-
den wir noch in ausführlicheren Schilderungen kennen lernen;
nur ihre Namen, ſo wie die Namen der alten, zum Theil ausge-
ſtorbenen Familien, die ihnen im Lauf der Jahrhunderte zu Ruhm
und Anſehn verhalfen, mögen ſchon hier eine Stelle finden. Auch
einem neuen Namen werden wir begegnen: Albrecht Thaer.
Es wird dem Leſer, mit bloßer Hülfe dieſer Aufzählung, der
Reichthum hiſtoriſchen Lebens entgegentreten, der ſich hier, unmit-
telbar am Rande des Bruchs, auf dem Raum weniger Meilen
zuſammenfand. Ich folge der Linie von Nord nach Süd.

Hohen-Finow (Sparr. Vernezobre).
Cöthen und Falkenberg (von Jena).
Freienwalde (Uchtenhagen).
Ranft (von Marſchall).
Möglin (Albrecht Thaer).
Batzlow (Barfus).
Ihlow (Ihlow oder Illo).**)

*) Die Bewohner des Oderbruchs ſind auch an Kraft und Muth,
freilich noch nicht an bewährter Freiheitsliebe, (das ſoll noch erſt
kommen), den Dithmarſchen verwandt. Die ausgehobenen Rekruten
gelten jedesmal als ein beſonders treffliches Material. Mit dem Bewußt-
ſein hiervon geht allerdings viel Uebermuth Hand in Hand und die Brücher,
zumal auf den Canton-Verſammlungen, lieben es, die „hungrigen Kerle
von der Höhe“ zu tyranniſiren. Einer (ein Angermünder Poſtillon), der
mir davon erzählte und ſeinerzeit unter dieſer Tyrannei gelitten haben
mochte, fügte hinzu: es wäre mitunter nicht auszuhalten, wenn nicht die
Ukermärker wären; „die bringen alles wieder zurechte.“
**) Der aus Schiller’s „Wallenſtein“ männiglich bekannte Feldmar-
ſchall Illo ſchrieb ſich eigentlich Ilow, oder Ylow, auch Ihlow (alle
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[191/0203] „Mittelbruch“ ganz fallen zu laſſen. Man ſpricht nur noch von einem Ober- und Niederbruch, und ſo iſt es in der Ordnung. Ohnehin wird dadurch das Bruch in zwei ziemlich gleich große Hälften getheilt. Das Bruch iſt ein Bauernland, eine Art Dithmar- ſchen *); aber adlige Güter blicken rundum, wie von hoher Warte, in das ſchöne, fruchtbare Bruchland hinein. Eine ganze Anzahl dieſer auf der Höhe gelegenen, altadligen Güter wer- den wir noch in ausführlicheren Schilderungen kennen lernen; nur ihre Namen, ſo wie die Namen der alten, zum Theil ausge- ſtorbenen Familien, die ihnen im Lauf der Jahrhunderte zu Ruhm und Anſehn verhalfen, mögen ſchon hier eine Stelle finden. Auch einem neuen Namen werden wir begegnen: Albrecht Thaer. Es wird dem Leſer, mit bloßer Hülfe dieſer Aufzählung, der Reichthum hiſtoriſchen Lebens entgegentreten, der ſich hier, unmit- telbar am Rande des Bruchs, auf dem Raum weniger Meilen zuſammenfand. Ich folge der Linie von Nord nach Süd. Hohen-Finow (Sparr. Vernezobre). Cöthen und Falkenberg (von Jena). Freienwalde (Uchtenhagen). Ranft (von Marſchall). Möglin (Albrecht Thaer). Batzlow (Barfus). Ihlow (Ihlow oder Illo). **) *) Die Bewohner des Oderbruchs ſind auch an Kraft und Muth, freilich noch nicht an bewährter Freiheitsliebe, (das ſoll noch erſt kommen), den Dithmarſchen verwandt. Die ausgehobenen Rekruten gelten jedesmal als ein beſonders treffliches Material. Mit dem Bewußt- ſein hiervon geht allerdings viel Uebermuth Hand in Hand und die Brücher, zumal auf den Canton-Verſammlungen, lieben es, die „hungrigen Kerle von der Höhe“ zu tyranniſiren. Einer (ein Angermünder Poſtillon), der mir davon erzählte und ſeinerzeit unter dieſer Tyrannei gelitten haben mochte, fügte hinzu: es wäre mitunter nicht auszuhalten, wenn nicht die Ukermärker wären; „die bringen alles wieder zurechte.“ **) Der aus Schiller’s „Wallenſtein“ männiglich bekannte Feldmar- ſchall Illo ſchrieb ſich eigentlich Ilow, oder Ylow, auch Ihlow (alle

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/203>, abgerufen am 24.04.2024.