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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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die Anstrengungen des Einzelnen in den meisten Fällen nutzlos
bleiben mußten. Nur einige wenige Dominien, die durch kleine
Höhenzüge eines natürlichen Schutzes genossen und vielleicht nur
an einer schmalen Stelle eines Damms bedurften, waren darin
glücklicher und brachten es dahin, sich zu einer Art Festung zu
machen, in die das Wasser nicht hinein konnte.

Eine solche kleine Festung, die den Anprall des Wassers
glücklich abgeschlagen hatte, lernte König Friedrich Wilhelm I. ken-
nen, als ihn eine Reiherbeize, die er bekanntlich sehr liebte, in
dem großen Ueberschwemmungsjahre 1736 in diese Gegenden führte.
Der König sah die Verheerungen, die das Oderwasser angerichtet
hatte, sah aber auch zu gleicher Zeit, daß die geschickt eingedeichten
Besitzungen seines Staatsministers von Marschall auf Ranft
von diesen Verheerungen wenig oder gar nicht betroffen worden
waren. Was er in Ranft im Kleinen so glücklich ausgeführt sah,
mußte bei größeren Mitteln und Anstrengungen auf der ganzen
Strecke des Oderbruches, zwischen Frankfurt und Oderberg, mög-
lich sein und energisch, wie er an's Werk gegangen war, um das
große havelländische Luch trocken zu legen, so war er nun nicht
minder entschlossen, auch das Oderbruch zu einem nutzbaren Fleck
Landes zu machen.

Der König nahm auch wirklich die Sache in Angriff und
beauftragte seinen Kriegsrath Harlem (einen Holländer, der sich
schon durch ähnliche Wasserbau-Arbeiten ausgezeichnet hatte), ihm
ein Gutachten einzureichen, ob das Oderbruch auf seiner ganzen
Strecke eingedämmt und gegen Ueberschwemmungen gesichert wer-
den könne, oder nicht. Harlem's Gutachten lautete dahin: "daß
das allerdings geschehen könne; daß die Arbeit aber schwierig, weit
aussehend und kostspielig sei".

Dem König schien dies einleuchtend, und so vertagte er denn
ein Unternehmen, dessen Wichtigkeit er sehr wohl erkannte, mit den
Worten: "Ich bin schon zu alt und will es meinem Sohn über-
lassen."

Es läßt sich annehmen, daß Friedrich II. noch als Kron-

die Anſtrengungen des Einzelnen in den meiſten Fällen nutzlos
bleiben mußten. Nur einige wenige Dominien, die durch kleine
Höhenzüge eines natürlichen Schutzes genoſſen und vielleicht nur
an einer ſchmalen Stelle eines Damms bedurften, waren darin
glücklicher und brachten es dahin, ſich zu einer Art Feſtung zu
machen, in die das Waſſer nicht hinein konnte.

Eine ſolche kleine Feſtung, die den Anprall des Waſſers
glücklich abgeſchlagen hatte, lernte König Friedrich Wilhelm I. ken-
nen, als ihn eine Reiherbeize, die er bekanntlich ſehr liebte, in
dem großen Ueberſchwemmungsjahre 1736 in dieſe Gegenden führte.
Der König ſah die Verheerungen, die das Oderwaſſer angerichtet
hatte, ſah aber auch zu gleicher Zeit, daß die geſchickt eingedeichten
Beſitzungen ſeines Staatsminiſters von Marſchall auf Ranft
von dieſen Verheerungen wenig oder gar nicht betroffen worden
waren. Was er in Ranft im Kleinen ſo glücklich ausgeführt ſah,
mußte bei größeren Mitteln und Anſtrengungen auf der ganzen
Strecke des Oderbruches, zwiſchen Frankfurt und Oderberg, mög-
lich ſein und energiſch, wie er an’s Werk gegangen war, um das
große havelländiſche Luch trocken zu legen, ſo war er nun nicht
minder entſchloſſen, auch das Oderbruch zu einem nutzbaren Fleck
Landes zu machen.

Der König nahm auch wirklich die Sache in Angriff und
beauftragte ſeinen Kriegsrath Harlem (einen Holländer, der ſich
ſchon durch ähnliche Waſſerbau-Arbeiten ausgezeichnet hatte), ihm
ein Gutachten einzureichen, ob das Oderbruch auf ſeiner ganzen
Strecke eingedämmt und gegen Ueberſchwemmungen geſichert wer-
den könne, oder nicht. Harlem’s Gutachten lautete dahin: „daß
das allerdings geſchehen könne; daß die Arbeit aber ſchwierig, weit
ausſehend und koſtſpielig ſei“.

Dem König ſchien dies einleuchtend, und ſo vertagte er denn
ein Unternehmen, deſſen Wichtigkeit er ſehr wohl erkannte, mit den
Worten: „Ich bin ſchon zu alt und will es meinem Sohn über-
laſſen.“

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[198/0210] die Anſtrengungen des Einzelnen in den meiſten Fällen nutzlos bleiben mußten. Nur einige wenige Dominien, die durch kleine Höhenzüge eines natürlichen Schutzes genoſſen und vielleicht nur an einer ſchmalen Stelle eines Damms bedurften, waren darin glücklicher und brachten es dahin, ſich zu einer Art Feſtung zu machen, in die das Waſſer nicht hinein konnte. Eine ſolche kleine Feſtung, die den Anprall des Waſſers glücklich abgeſchlagen hatte, lernte König Friedrich Wilhelm I. ken- nen, als ihn eine Reiherbeize, die er bekanntlich ſehr liebte, in dem großen Ueberſchwemmungsjahre 1736 in dieſe Gegenden führte. Der König ſah die Verheerungen, die das Oderwaſſer angerichtet hatte, ſah aber auch zu gleicher Zeit, daß die geſchickt eingedeichten Beſitzungen ſeines Staatsminiſters von Marſchall auf Ranft von dieſen Verheerungen wenig oder gar nicht betroffen worden waren. Was er in Ranft im Kleinen ſo glücklich ausgeführt ſah, mußte bei größeren Mitteln und Anſtrengungen auf der ganzen Strecke des Oderbruches, zwiſchen Frankfurt und Oderberg, mög- lich ſein und energiſch, wie er an’s Werk gegangen war, um das große havelländiſche Luch trocken zu legen, ſo war er nun nicht minder entſchloſſen, auch das Oderbruch zu einem nutzbaren Fleck Landes zu machen. Der König nahm auch wirklich die Sache in Angriff und beauftragte ſeinen Kriegsrath Harlem (einen Holländer, der ſich ſchon durch ähnliche Waſſerbau-Arbeiten ausgezeichnet hatte), ihm ein Gutachten einzureichen, ob das Oderbruch auf ſeiner ganzen Strecke eingedämmt und gegen Ueberſchwemmungen geſichert wer- den könne, oder nicht. Harlem’s Gutachten lautete dahin: „daß das allerdings geſchehen könne; daß die Arbeit aber ſchwierig, weit ausſehend und koſtſpielig ſei“. Dem König ſchien dies einleuchtend, und ſo vertagte er denn ein Unternehmen, deſſen Wichtigkeit er ſehr wohl erkannte, mit den Worten: „Ich bin ſchon zu alt und will es meinem Sohn über- laſſen.“ Es läßt ſich annehmen, daß Friedrich II. noch als Kron-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/210>, abgerufen am 24.04.2024.