muß und der in Nachstehendem aphoristisch enthüllt, was er an Ort und Stelle gewissenhaft verzeichnet hat. Das Ganze ist ein in's Religiöse hinüberklingender Naturhymnus, in dem Logik und Grammatik, wie der Lahme und Blinde, einen wunderlichen Wett- lauf anstellen. "Gott (so hebt die Inschrift an) ist die Seele sei- ner Schöpfung, in der Er sich gleichsam wie in ein herrliches Gewand hüllt." Dieser Dativ überrascht; aber Valentini bringt alles wieder in's Gleichgewicht. "Wie ein freundlicher Talisman (so fährt er fort) erhält uns die Religion über die Wellen im Schiffbruch des Lebens." So vollzieht er (in seinem eignen Hym- nus) einen Akt der Gerechtigkeit und zahlt schließlich dem Akku- sativ die Schuld zurück, die er Anfangs bei ihm eingegangen.
Denken wir milde darüber, hat er doch selber seitdem die letzte Schuld gezahlt. Auf "Valentini's Ruh" rasten jetzt Andere, er selber aber ist, am Fuße des Hügels, längst eingegangen zu dauernder Ruh.
muß und der in Nachſtehendem aphoriſtiſch enthüllt, was er an Ort und Stelle gewiſſenhaft verzeichnet hat. Das Ganze iſt ein in’s Religiöſe hinüberklingender Naturhymnus, in dem Logik und Grammatik, wie der Lahme und Blinde, einen wunderlichen Wett- lauf anſtellen. „Gott (ſo hebt die Inſchrift an) iſt die Seele ſei- ner Schöpfung, in der Er ſich gleichſam wie in ein herrliches Gewand hüllt.“ Dieſer Dativ überraſcht; aber Valentini bringt alles wieder in’s Gleichgewicht. „Wie ein freundlicher Talisman (ſo fährt er fort) erhält uns die Religion über die Wellen im Schiffbruch des Lebens.“ So vollzieht er (in ſeinem eignen Hym- nus) einen Akt der Gerechtigkeit und zahlt ſchließlich dem Akku- ſativ die Schuld zurück, die er Anfangs bei ihm eingegangen.
Denken wir milde darüber, hat er doch ſelber ſeitdem die letzte Schuld gezahlt. Auf „Valentini’s Ruh“ raſten jetzt Andere, er ſelber aber iſt, am Fuße des Hügels, längſt eingegangen zu dauernder Ruh.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0273"n="261"/><hirendition="#g">muß</hi> und der in Nachſtehendem aphoriſtiſch enthüllt, was er an<lb/>
Ort und Stelle gewiſſenhaft verzeichnet hat. Das Ganze iſt ein<lb/>
in’s Religiöſe hinüberklingender Naturhymnus, in dem Logik und<lb/>
Grammatik, wie der Lahme und Blinde, einen wunderlichen Wett-<lb/>
lauf anſtellen. „Gott (ſo hebt die Inſchrift an) iſt die Seele ſei-<lb/>
ner Schöpfung, in <hirendition="#g">der</hi> Er ſich gleichſam wie in ein herrliches<lb/>
Gewand hüllt.“ Dieſer Dativ überraſcht; aber Valentini bringt<lb/>
alles wieder in’s Gleichgewicht. „Wie ein freundlicher Talisman<lb/>
(ſo fährt er fort) erhält uns die Religion über <hirendition="#g">die</hi> Wellen im<lb/>
Schiffbruch des Lebens.“ So vollzieht er (in ſeinem eignen Hym-<lb/>
nus) einen Akt der Gerechtigkeit und zahlt ſchließlich dem Akku-<lb/>ſativ die Schuld zurück, die er Anfangs bei ihm eingegangen.</p><lb/><p>Denken wir milde darüber, hat er doch ſelber ſeitdem die<lb/>
letzte Schuld gezahlt. Auf „Valentini’s Ruh“ raſten jetzt Andere,<lb/>
er ſelber aber iſt, am Fuße des Hügels, längſt eingegangen zu<lb/>
dauernder Ruh.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[261/0273]
muß und der in Nachſtehendem aphoriſtiſch enthüllt, was er an
Ort und Stelle gewiſſenhaft verzeichnet hat. Das Ganze iſt ein
in’s Religiöſe hinüberklingender Naturhymnus, in dem Logik und
Grammatik, wie der Lahme und Blinde, einen wunderlichen Wett-
lauf anſtellen. „Gott (ſo hebt die Inſchrift an) iſt die Seele ſei-
ner Schöpfung, in der Er ſich gleichſam wie in ein herrliches
Gewand hüllt.“ Dieſer Dativ überraſcht; aber Valentini bringt
alles wieder in’s Gleichgewicht. „Wie ein freundlicher Talisman
(ſo fährt er fort) erhält uns die Religion über die Wellen im
Schiffbruch des Lebens.“ So vollzieht er (in ſeinem eignen Hym-
nus) einen Akt der Gerechtigkeit und zahlt ſchließlich dem Akku-
ſativ die Schuld zurück, die er Anfangs bei ihm eingegangen.
Denken wir milde darüber, hat er doch ſelber ſeitdem die
letzte Schuld gezahlt. Auf „Valentini’s Ruh“ raſten jetzt Andere,
er ſelber aber iſt, am Fuße des Hügels, längſt eingegangen zu
dauernder Ruh.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/273>, abgerufen am 23.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.