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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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kehrte Arrangement getroffen. Er hat die Giebelwand als Hinter-
grund (woran sich nun das Gebäude lehnt), die Apsis aber nach
vorne genommen, die nun als Eingang dient. Was alles auch sich
gegen solches Basilika-Molkenhaus sagen lassen mag, darüber kann
kein Zweifel sein, daß Friedland-Wriezen damals solchen Einfalls
nicht fähig war.

[Neu-Hardenberg (Quilitz) seit 1814.]

1810, wie bereits erwähnt, war Quilitz aus den Händen
des jüngeren Prittwitz in den Besitz der Krone übergegangen, aber
nur auf kurze Zeit verblieb es bei derselben. Wie 1763 dem Ge-
neral von Prittwitz, so wurde Quilitz im November 1814 dem
Fürsten-Staatskanzler von Hardenberg als Dotationsgut verliehen,
und der alte Name Quilitz, ihm zu Ehren, in Neu-Harden-
berg
umgeändert. Der Fürst besaß es sammt 13 andern Gütern,
die zusammen die "Herrschaft Neu-Hardenberg" bilden, bis zu sei-
nem am 26. November 1822 in Genua erfolgten Tode; um
welche Zeit, nach dem Recht der Erstgeburt, der gesammte Besitz
an den Sohn des Staatskanzlers, den Dänischen Geheimen Con-
ferenzrath Grafen von Hardenberg-Reventlow kam. Dieser starb
am 16. September 1840 ohne männliche Nachkommen, und die
Herrschaft fiel nunmehr dem nächsten Erbberechtigten, dem Grafen
Carl Adolf Christian von Hardenberg, zu. Dieser, ein Neffe des
Fürsten Staatskanzlers, ist der gegenwärtige Besitzer des gesamm-
ten Gütercomplexes.

Der Fürststaatskanzler war 8 Jahre lang im Besitz von Neu-
Hardenberg; es scheint jedoch, wenn wir (was ohne große Schwie-
rigkeit möglich ist) den Verlauf seiner letzten Lebensjahre von Mo-
nat zu Monat verfolgen, daß er nicht allzuviele Mußetage für
eine Villeggiatur auf seinen Gütern fand. Nur von wenigen Fäl-
len haben wir eine bestimmte Kunde, z. B. von seinem Einzug
in Quilitz (wahrscheinlich im Sommer 1816) und von der Feier
seines 70jährigen Geburtstages am 31. Mai 1820. Ueber den
Einzugstag leben noch einige Traditionen fort, dämmernde Bilder
von Triumphbogen und Eichenlaubguirlanden, von Spalierbilden-

kehrte Arrangement getroffen. Er hat die Giebelwand als Hinter-
grund (woran ſich nun das Gebäude lehnt), die Apſis aber nach
vorne genommen, die nun als Eingang dient. Was alles auch ſich
gegen ſolches Baſilika-Molkenhaus ſagen laſſen mag, darüber kann
kein Zweifel ſein, daß Friedland-Wriezen damals ſolchen Einfalls
nicht fähig war.

[Neu-Hardenberg (Quilitz) ſeit 1814.]

1810, wie bereits erwähnt, war Quilitz aus den Händen
des jüngeren Prittwitz in den Beſitz der Krone übergegangen, aber
nur auf kurze Zeit verblieb es bei derſelben. Wie 1763 dem Ge-
neral von Prittwitz, ſo wurde Quilitz im November 1814 dem
Fürſten-Staatskanzler von Hardenberg als Dotationsgut verliehen,
und der alte Name Quilitz, ihm zu Ehren, in Neu-Harden-
berg
umgeändert. Der Fürſt beſaß es ſammt 13 andern Gütern,
die zuſammen die „Herrſchaft Neu-Hardenberg“ bilden, bis zu ſei-
nem am 26. November 1822 in Genua erfolgten Tode; um
welche Zeit, nach dem Recht der Erſtgeburt, der geſammte Beſitz
an den Sohn des Staatskanzlers, den Däniſchen Geheimen Con-
ferenzrath Grafen von Hardenberg-Reventlow kam. Dieſer ſtarb
am 16. September 1840 ohne männliche Nachkommen, und die
Herrſchaft fiel nunmehr dem nächſten Erbberechtigten, dem Grafen
Carl Adolf Chriſtian von Hardenberg, zu. Dieſer, ein Neffe des
Fürſten Staatskanzlers, iſt der gegenwärtige Beſitzer des geſamm-
ten Gütercomplexes.

Der Fürſtſtaatskanzler war 8 Jahre lang im Beſitz von Neu-
Hardenberg; es ſcheint jedoch, wenn wir (was ohne große Schwie-
rigkeit möglich iſt) den Verlauf ſeiner letzten Lebensjahre von Mo-
nat zu Monat verfolgen, daß er nicht allzuviele Mußetage für
eine Villeggiatur auf ſeinen Gütern fand. Nur von wenigen Fäl-
len haben wir eine beſtimmte Kunde, z. B. von ſeinem Einzug
in Quilitz (wahrſcheinlich im Sommer 1816) und von der Feier
ſeines 70jährigen Geburtstages am 31. Mai 1820. Ueber den
Einzugstag leben noch einige Traditionen fort, dämmernde Bilder
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[425/0437] kehrte Arrangement getroffen. Er hat die Giebelwand als Hinter- grund (woran ſich nun das Gebäude lehnt), die Apſis aber nach vorne genommen, die nun als Eingang dient. Was alles auch ſich gegen ſolches Baſilika-Molkenhaus ſagen laſſen mag, darüber kann kein Zweifel ſein, daß Friedland-Wriezen damals ſolchen Einfalls nicht fähig war. [Neu-Hardenberg (Quilitz) ſeit 1814.] 1810, wie bereits erwähnt, war Quilitz aus den Händen des jüngeren Prittwitz in den Beſitz der Krone übergegangen, aber nur auf kurze Zeit verblieb es bei derſelben. Wie 1763 dem Ge- neral von Prittwitz, ſo wurde Quilitz im November 1814 dem Fürſten-Staatskanzler von Hardenberg als Dotationsgut verliehen, und der alte Name Quilitz, ihm zu Ehren, in Neu-Harden- berg umgeändert. Der Fürſt beſaß es ſammt 13 andern Gütern, die zuſammen die „Herrſchaft Neu-Hardenberg“ bilden, bis zu ſei- nem am 26. November 1822 in Genua erfolgten Tode; um welche Zeit, nach dem Recht der Erſtgeburt, der geſammte Beſitz an den Sohn des Staatskanzlers, den Däniſchen Geheimen Con- ferenzrath Grafen von Hardenberg-Reventlow kam. Dieſer ſtarb am 16. September 1840 ohne männliche Nachkommen, und die Herrſchaft fiel nunmehr dem nächſten Erbberechtigten, dem Grafen Carl Adolf Chriſtian von Hardenberg, zu. Dieſer, ein Neffe des Fürſten Staatskanzlers, iſt der gegenwärtige Beſitzer des geſamm- ten Gütercomplexes. Der Fürſtſtaatskanzler war 8 Jahre lang im Beſitz von Neu- Hardenberg; es ſcheint jedoch, wenn wir (was ohne große Schwie- rigkeit möglich iſt) den Verlauf ſeiner letzten Lebensjahre von Mo- nat zu Monat verfolgen, daß er nicht allzuviele Mußetage für eine Villeggiatur auf ſeinen Gütern fand. Nur von wenigen Fäl- len haben wir eine beſtimmte Kunde, z. B. von ſeinem Einzug in Quilitz (wahrſcheinlich im Sommer 1816) und von der Feier ſeines 70jährigen Geburtstages am 31. Mai 1820. Ueber den Einzugstag leben noch einige Traditionen fort, dämmernde Bilder von Triumphbogen und Eichenlaubguirlanden, von Spalierbilden-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/437>, abgerufen am 25.04.2024.