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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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bei Müncheberg und Gielsdorf-Wilkendorf bei Straußberg.
Der Name des alten Geschlechtes aber lebt noch überall in den
alt-pfulischen Dörfern auf Grabsteinen, Bildern und Glocken fort,
so daß wir in Nachstehendem von Dorf zu Dorf, von Kirche zu
Kirche, zu wandern und dabei aufzuzeichnen haben werden, was
dem Pfulen-Lande noch an Erinnerungsstücken aus alter Zeit ge-
blieben ist.

1. Schulzendorf.

Schulzendorf, eine halbe Meile westlich von Wriezen, kam bald
nach 1450 in Pfuel'schen Besitz. Es blieb lange bei der Familie; erst
1837 ist es in andre Hände übergegangen. Die Feldsteinkirche ist
alt und enthält außer einem weißgetünchten Schnitzaltar (die Kriegs-
knechte würfeln um Christi Mantel) ein großes, sehr interessantes
Bild aus der Pfuel'schen Zeit her. Dies Bild, zu Ehren eines
Quilitzer Pfuel gemalt und aufgestellt, befand sich demgemäß
ursprünglich in der Quilitzer Kirche. Nachdem indeß diesem Zweige
der Familie Quilitz verloren gegangen und nur Schulzendorf noch
geblieben war, hatten die spätren Repräsentanten der Quilitzer
Linie den Wunsch, das Ehren-Bild ihres Ahnherrn nicht mehr in
einer ihnen fremd gewordenen Kirche zu sehen. Sie erkauften da-
her das Bild und stellten es in der Schulzendorfer Kirche auf.
Das Bild ist sehr groß, wenigstens 6 Fuß zu 4, und stellt eine
Kreuzigung Christi dar. Zu Füßen des Kreuzes kniet in blanker
Rüstung
der alte Pfuel, dem zu Ehren das Bild errichtet wurde,
und blickt betend zu dem Gekreuzigten auf. Weiter unterhalb die
Donatoren: 4 weibliche und 2 männliche Figuren. Dies wäre
das Herkömmliche. Wodurch sich aber das Bild von dem tradi-
tionell Ueblichen unterscheidet, das ist der Umstand, daß die Ge-
stalten des Heilands und des in blanker Rüstung knieenden Pfuel
nicht gemalt, sondern basreliefartig in Holz geschnitten
und nun erst an der ihnen zukommenden Stelle auf dem Bilde
befestigt sind. Es ist dies das erste und einzige Beispiel der Art,
dem ich begegnet bin. Es ist mehr eigenthümlich, als schön; man
könnte es praktisch nennen, indem es die Aufmerksamkeit des Be-

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bei Müncheberg und Gielsdorf-Wilkendorf bei Straußberg.
Der Name des alten Geſchlechtes aber lebt noch überall in den
alt-pfuliſchen Dörfern auf Grabſteinen, Bildern und Glocken fort,
ſo daß wir in Nachſtehendem von Dorf zu Dorf, von Kirche zu
Kirche, zu wandern und dabei aufzuzeichnen haben werden, was
dem Pfulen-Lande noch an Erinnerungsſtücken aus alter Zeit ge-
blieben iſt.

1. Schulzendorf.

Schulzendorf, eine halbe Meile weſtlich von Wriezen, kam bald
nach 1450 in Pfuel’ſchen Beſitz. Es blieb lange bei der Familie; erſt
1837 iſt es in andre Hände übergegangen. Die Feldſteinkirche iſt
alt und enthält außer einem weißgetünchten Schnitzaltar (die Kriegs-
knechte würfeln um Chriſti Mantel) ein großes, ſehr intereſſantes
Bild aus der Pfuel’ſchen Zeit her. Dies Bild, zu Ehren eines
Quilitzer Pfuel gemalt und aufgeſtellt, befand ſich demgemäß
urſprünglich in der Quilitzer Kirche. Nachdem indeß dieſem Zweige
der Familie Quilitz verloren gegangen und nur Schulzendorf noch
geblieben war, hatten die ſpätren Repräſentanten der Quilitzer
Linie den Wunſch, das Ehren-Bild ihres Ahnherrn nicht mehr in
einer ihnen fremd gewordenen Kirche zu ſehen. Sie erkauften da-
her das Bild und ſtellten es in der Schulzendorfer Kirche auf.
Das Bild iſt ſehr groß, wenigſtens 6 Fuß zu 4, und ſtellt eine
Kreuzigung Chriſti dar. Zu Füßen des Kreuzes kniet in blanker
Rüſtung
der alte Pfuel, dem zu Ehren das Bild errichtet wurde,
und blickt betend zu dem Gekreuzigten auf. Weiter unterhalb die
Donatoren: 4 weibliche und 2 männliche Figuren. Dies wäre
das Herkömmliche. Wodurch ſich aber das Bild von dem tradi-
tionell Ueblichen unterſcheidet, das iſt der Umſtand, daß die Ge-
ſtalten des Heilands und des in blanker Rüſtung knieenden Pfuel
nicht gemalt, ſondern basreliefartig in Holz geſchnitten
und nun erſt an der ihnen zukommenden Stelle auf dem Bilde
befeſtigt ſind. Es iſt dies das erſte und einzige Beiſpiel der Art,
dem ich begegnet bin. Es iſt mehr eigenthümlich, als ſchön; man
könnte es praktiſch nennen, indem es die Aufmerkſamkeit des Be-

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[481/0493] bei Müncheberg und Gielsdorf-Wilkendorf bei Straußberg. Der Name des alten Geſchlechtes aber lebt noch überall in den alt-pfuliſchen Dörfern auf Grabſteinen, Bildern und Glocken fort, ſo daß wir in Nachſtehendem von Dorf zu Dorf, von Kirche zu Kirche, zu wandern und dabei aufzuzeichnen haben werden, was dem Pfulen-Lande noch an Erinnerungsſtücken aus alter Zeit ge- blieben iſt. 1. Schulzendorf. Schulzendorf, eine halbe Meile weſtlich von Wriezen, kam bald nach 1450 in Pfuel’ſchen Beſitz. Es blieb lange bei der Familie; erſt 1837 iſt es in andre Hände übergegangen. Die Feldſteinkirche iſt alt und enthält außer einem weißgetünchten Schnitzaltar (die Kriegs- knechte würfeln um Chriſti Mantel) ein großes, ſehr intereſſantes Bild aus der Pfuel’ſchen Zeit her. Dies Bild, zu Ehren eines Quilitzer Pfuel gemalt und aufgeſtellt, befand ſich demgemäß urſprünglich in der Quilitzer Kirche. Nachdem indeß dieſem Zweige der Familie Quilitz verloren gegangen und nur Schulzendorf noch geblieben war, hatten die ſpätren Repräſentanten der Quilitzer Linie den Wunſch, das Ehren-Bild ihres Ahnherrn nicht mehr in einer ihnen fremd gewordenen Kirche zu ſehen. Sie erkauften da- her das Bild und ſtellten es in der Schulzendorfer Kirche auf. Das Bild iſt ſehr groß, wenigſtens 6 Fuß zu 4, und ſtellt eine Kreuzigung Chriſti dar. Zu Füßen des Kreuzes kniet in blanker Rüſtung der alte Pfuel, dem zu Ehren das Bild errichtet wurde, und blickt betend zu dem Gekreuzigten auf. Weiter unterhalb die Donatoren: 4 weibliche und 2 männliche Figuren. Dies wäre das Herkömmliche. Wodurch ſich aber das Bild von dem tradi- tionell Ueblichen unterſcheidet, das iſt der Umſtand, daß die Ge- ſtalten des Heilands und des in blanker Rüſtung knieenden Pfuel nicht gemalt, ſondern basreliefartig in Holz geſchnitten und nun erſt an der ihnen zukommenden Stelle auf dem Bilde befeſtigt ſind. Es iſt dies das erſte und einzige Beiſpiel der Art, dem ich begegnet bin. Es iſt mehr eigenthümlich, als ſchön; man könnte es praktiſch nennen, indem es die Aufmerkſamkeit des Be- 31

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/493>, abgerufen am 29.03.2024.