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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Einfluß blieb, schritten sie zu einer förmlichen Anklageschrift,
in der sie dem Kloster all seine vorgeblichen Vergehen und Ein-
griffe entgegenhielten. Diese Anklageschrift enthielt, unter vielen
andern Paragraphen, drei Hauptpunkte:

1) Das Kloster habe ihnen, den Quitzow's, zweimal den
Landschoß verweigert, wiewohl sie doch die "Statthalter in
Mark Brandenburg" wären.

2) Das Kloster habe den Quitzow'schen Knechten, auf
seinen, des Klosters Gütern jedes Einlager verweigert und die
Zuwiderhandelnden mit Mord bedroht.

3) Endlich, das Kloster habe dabei beharrt, die Havel bei
Schloß Plaue als sein Eigenthum anzusehn, während sie doch
ihnen, den Quitzow's, als den zeitigen Besitzern von Schloß
Plaue gehöre, denn weil das Wasser bei dem Schlosse sei,
so müßte es auch zu dem Schlosse gehören, und führe das
Schloß nicht umsonst den Namen "Schloß Plaue an der
Havel
."

Abt Heinrich erwiederte auf alle Anklagepunkte in wür-
diger Weise, alle seine Aussagen urkundlich belegend. Er
wies aus den Schenkungsurkunden und verbrieften Gerechtsamen
des Klosters nach, daß sie, Abt und Mönche, erstens ihre Güter
"in aller Freiheit" besäßen und niemals Landschoß zu zah-
len gehabt hätten, daß es zweitens zu ihren vielfach verbrieften
Gerechtsamen gehöre, keine Herren, keine Lehnsträger, Ritter
oder Knechte wider Willen aufnehmen zu müssen, und daß sie
drittens die Havel bei Plaue seit so langer Zeit als Eigenthum
besäßen, "daß Niemand dessen anders gedenken möge."

Dieser dritte Punkt, weil es sich dabei um eine Eigen-
thumsfrage
handelte, die den praktischen Leuten des Mittel-
alters immer die Hauptsache war, bekümmerte den Abt nun
ganz besonders. Da man sich nicht einigen konnte, wurden
Schiedsrichter vorgeschlagen, wobei Hennig von Stechow
und Henning von Groeben als Abgesandte oder Man-
datare der Quitzow's auftraten. Das Recht des Klosters
indessen war zu klar, als daß die eigenen Vertrauensmänner

Einfluß blieb, ſchritten ſie zu einer förmlichen Anklageſchrift,
in der ſie dem Kloſter all ſeine vorgeblichen Vergehen und Ein-
griffe entgegenhielten. Dieſe Anklageſchrift enthielt, unter vielen
andern Paragraphen, drei Hauptpunkte:

1) Das Kloſter habe ihnen, den Quitzow’s, zweimal den
Landſchoß verweigert, wiewohl ſie doch die „Statthalter in
Mark Brandenburg“ wären.

2) Das Kloſter habe den Quitzow’ſchen Knechten, auf
ſeinen, des Kloſters Gütern jedes Einlager verweigert und die
Zuwiderhandelnden mit Mord bedroht.

3) Endlich, das Kloſter habe dabei beharrt, die Havel bei
Schloß Plaue als ſein Eigenthum anzuſehn, während ſie doch
ihnen, den Quitzow’s, als den zeitigen Beſitzern von Schloß
Plaue gehöre, denn weil das Waſſer bei dem Schloſſe ſei,
ſo müßte es auch zu dem Schloſſe gehören, und führe das
Schloß nicht umſonſt den Namen „Schloß Plaue an der
Havel
.“

Abt Heinrich erwiederte auf alle Anklagepunkte in wür-
diger Weiſe, alle ſeine Ausſagen urkundlich belegend. Er
wies aus den Schenkungsurkunden und verbrieften Gerechtſamen
des Kloſters nach, daß ſie, Abt und Mönche, erſtens ihre Güter
„in aller Freiheit“ beſäßen und niemals Landſchoß zu zah-
len gehabt hätten, daß es zweitens zu ihren vielfach verbrieften
Gerechtſamen gehöre, keine Herren, keine Lehnsträger, Ritter
oder Knechte wider Willen aufnehmen zu müſſen, und daß ſie
drittens die Havel bei Plaue ſeit ſo langer Zeit als Eigenthum
beſäßen, „daß Niemand deſſen anders gedenken möge.“

Dieſer dritte Punkt, weil es ſich dabei um eine Eigen-
thumsfrage
handelte, die den praktiſchen Leuten des Mittel-
alters immer die Hauptſache war, bekümmerte den Abt nun
ganz beſonders. Da man ſich nicht einigen konnte, wurden
Schiedsrichter vorgeſchlagen, wobei Hennig von Stechow
und Henning von Groeben als Abgeſandte oder Man-
datare der Quitzow’s auftraten. Das Recht des Kloſters
indeſſen war zu klar, als daß die eigenen Vertrauensmänner

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[93/0111] Einfluß blieb, ſchritten ſie zu einer förmlichen Anklageſchrift, in der ſie dem Kloſter all ſeine vorgeblichen Vergehen und Ein- griffe entgegenhielten. Dieſe Anklageſchrift enthielt, unter vielen andern Paragraphen, drei Hauptpunkte: 1) Das Kloſter habe ihnen, den Quitzow’s, zweimal den Landſchoß verweigert, wiewohl ſie doch die „Statthalter in Mark Brandenburg“ wären. 2) Das Kloſter habe den Quitzow’ſchen Knechten, auf ſeinen, des Kloſters Gütern jedes Einlager verweigert und die Zuwiderhandelnden mit Mord bedroht. 3) Endlich, das Kloſter habe dabei beharrt, die Havel bei Schloß Plaue als ſein Eigenthum anzuſehn, während ſie doch ihnen, den Quitzow’s, als den zeitigen Beſitzern von Schloß Plaue gehöre, denn weil das Waſſer bei dem Schloſſe ſei, ſo müßte es auch zu dem Schloſſe gehören, und führe das Schloß nicht umſonſt den Namen „Schloß Plaue an der Havel.“ Abt Heinrich erwiederte auf alle Anklagepunkte in wür- diger Weiſe, alle ſeine Ausſagen urkundlich belegend. Er wies aus den Schenkungsurkunden und verbrieften Gerechtſamen des Kloſters nach, daß ſie, Abt und Mönche, erſtens ihre Güter „in aller Freiheit“ beſäßen und niemals Landſchoß zu zah- len gehabt hätten, daß es zweitens zu ihren vielfach verbrieften Gerechtſamen gehöre, keine Herren, keine Lehnsträger, Ritter oder Knechte wider Willen aufnehmen zu müſſen, und daß ſie drittens die Havel bei Plaue ſeit ſo langer Zeit als Eigenthum beſäßen, „daß Niemand deſſen anders gedenken möge.“ Dieſer dritte Punkt, weil es ſich dabei um eine Eigen- thumsfrage handelte, die den praktiſchen Leuten des Mittel- alters immer die Hauptſache war, bekümmerte den Abt nun ganz beſonders. Da man ſich nicht einigen konnte, wurden Schiedsrichter vorgeſchlagen, wobei Hennig von Stechow und Henning von Groeben als Abgeſandte oder Man- datare der Quitzow’s auftraten. Das Recht des Kloſters indeſſen war zu klar, als daß die eigenen Vertrauensmänner

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/111>, abgerufen am 16.04.2024.