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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Die Alten blieben. Ob sie im Kloster selber ruhig weiter
lebten, oder aber, wie andrerseits versichert wird, in dem
dritthalb Meilen entfernten, dicht bei Paretz gelegenen Kloster-
dorfe Neu-Töplitz sich häuslich niederließen, ist nicht mehr
mit voller Gewißheit festzustellen gewesen. Gleichviel aber
auch, wo sie den Rest ihrer Tage beschlossen, sie beschlossen sie
ruhig, friedfertig, ergeben, ohne jede Spur von Märtyrerschaft,
ohne den kleinsten Schimmer von jenem Goldglanz um ihr
Haupt, den zu allen Zeiten das Einstehn für eine Idee ver-
liehen hat.

Die letzten Lehniner standen für nichts ein, als für sich
selbst, und das letzte Lebenszeichen, das wir, überliefert von
ihnen, besitzen, ist eine Bitte des "Priors, Subpriors und
Seniors so zu Lehnin verharren," worin sie ihren gnädigsten
Herrn und Kurfürsten ersuchen, unter vielen andern Dingen
jedem Einzelnen auch folgendes zu gewähren:

Mittagessen: 4 Gerichte; Abendessen: 3 Gerichte; Bier:
1 Tonne wöchentlich; Wein: 8 Tonnen jährlich; Außerdem zu
Neujahr und zu Mitfasten einen Pfefferkuchen.

So erlosch Lehnin. Das 400jährige Klosterleben, das
mit der Ermordung Abt Siebolds begonnen hatte, schrieb zum
Schluß einen Bitt- und Speisezettel, es den Räthen ihres gnä-
digsten Kurfürsten überlassend, "an den obgemeldeten Artikeln
zu reformiren nach ihrem Gefallen."


sow und Hieronymus Teuffel. Einige von diesen Namen: Uchten-
hagen, Lindstedt, Teuffel,
waren Adelsnamen, doch ist nicht zu
ersehn, ob die obengenannten Drei von adliger oder bürgerlicher Abkunft
waren. Im Allgemeinen traten hierlands fast nur Bürgerliche in den
Cistercienser-Orden ein, während sich in den Nonnen klöstern desselben
Ordens fast nur die Töchter adeliger Familien befanden.

Die Alten blieben. Ob ſie im Kloſter ſelber ruhig weiter
lebten, oder aber, wie andrerſeits verſichert wird, in dem
dritthalb Meilen entfernten, dicht bei Paretz gelegenen Kloſter-
dorfe Neu-Töplitz ſich häuslich niederließen, iſt nicht mehr
mit voller Gewißheit feſtzuſtellen geweſen. Gleichviel aber
auch, wo ſie den Reſt ihrer Tage beſchloſſen, ſie beſchloſſen ſie
ruhig, friedfertig, ergeben, ohne jede Spur von Märtyrerſchaft,
ohne den kleinſten Schimmer von jenem Goldglanz um ihr
Haupt, den zu allen Zeiten das Einſtehn für eine Idee ver-
liehen hat.

Die letzten Lehniner ſtanden für nichts ein, als für ſich
ſelbſt, und das letzte Lebenszeichen, das wir, überliefert von
ihnen, beſitzen, iſt eine Bitte des „Priors, Subpriors und
Seniors ſo zu Lehnin verharren,“ worin ſie ihren gnädigſten
Herrn und Kurfürſten erſuchen, unter vielen andern Dingen
jedem Einzelnen auch folgendes zu gewähren:

Mittageſſen: 4 Gerichte; Abendeſſen: 3 Gerichte; Bier:
1 Tonne wöchentlich; Wein: 8 Tonnen jährlich; Außerdem zu
Neujahr und zu Mitfaſten einen Pfefferkuchen.

So erloſch Lehnin. Das 400jährige Kloſterleben, das
mit der Ermordung Abt Siebolds begonnen hatte, ſchrieb zum
Schluß einen Bitt- und Speiſezettel, es den Räthen ihres gnä-
digſten Kurfürſten überlaſſend, „an den obgemeldeten Artikeln
zu reformiren nach ihrem Gefallen.“


ſow und Hieronymus Teuffel. Einige von dieſen Namen: Uchten-
hagen, Lindſtedt, Teuffel,
waren Adelsnamen, doch iſt nicht zu
erſehn, ob die obengenannten Drei von adliger oder bürgerlicher Abkunft
waren. Im Allgemeinen traten hierlands faſt nur Bürgerliche in den
Ciſtercienſer-Orden ein, während ſich in den Nonnen klöſtern deſſelben
Ordens faſt nur die Töchter adeliger Familien befanden.
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[103/0121] Die Alten blieben. Ob ſie im Kloſter ſelber ruhig weiter lebten, oder aber, wie andrerſeits verſichert wird, in dem dritthalb Meilen entfernten, dicht bei Paretz gelegenen Kloſter- dorfe Neu-Töplitz ſich häuslich niederließen, iſt nicht mehr mit voller Gewißheit feſtzuſtellen geweſen. Gleichviel aber auch, wo ſie den Reſt ihrer Tage beſchloſſen, ſie beſchloſſen ſie ruhig, friedfertig, ergeben, ohne jede Spur von Märtyrerſchaft, ohne den kleinſten Schimmer von jenem Goldglanz um ihr Haupt, den zu allen Zeiten das Einſtehn für eine Idee ver- liehen hat. Die letzten Lehniner ſtanden für nichts ein, als für ſich ſelbſt, und das letzte Lebenszeichen, das wir, überliefert von ihnen, beſitzen, iſt eine Bitte des „Priors, Subpriors und Seniors ſo zu Lehnin verharren,“ worin ſie ihren gnädigſten Herrn und Kurfürſten erſuchen, unter vielen andern Dingen jedem Einzelnen auch folgendes zu gewähren: Mittageſſen: 4 Gerichte; Abendeſſen: 3 Gerichte; Bier: 1 Tonne wöchentlich; Wein: 8 Tonnen jährlich; Außerdem zu Neujahr und zu Mitfaſten einen Pfefferkuchen. So erloſch Lehnin. Das 400jährige Kloſterleben, das mit der Ermordung Abt Siebolds begonnen hatte, ſchrieb zum Schluß einen Bitt- und Speiſezettel, es den Räthen ihres gnä- digſten Kurfürſten überlaſſend, „an den obgemeldeten Artikeln zu reformiren nach ihrem Gefallen.“ *) *) ſow und Hieronymus Teuffel. Einige von dieſen Namen: Uchten- hagen, Lindſtedt, Teuffel, waren Adelsnamen, doch iſt nicht zu erſehn, ob die obengenannten Drei von adliger oder bürgerlicher Abkunft waren. Im Allgemeinen traten hierlands faſt nur Bürgerliche in den Ciſtercienſer-Orden ein, während ſich in den Nonnen klöſtern deſſelben Ordens faſt nur die Töchter adeliger Familien befanden.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/121>, abgerufen am 29.03.2024.