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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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3.
Kloster Lehnin, wie es war und wie es ist.
Kapellen
Das Schiff umstellen;
In engen
Gängen
Die Lampen hängen,
Und werfen ihre düstren Lichter
Auf grabstein-geschnittene Mönchsgesichter.

Nach Waltham-Abtei hieher alsdann
Sollt ihr die Leiche bringen,
Damit wir christlich bestatten den Leib
Und für die Seele fingen.

H. Heine.

Lehnin war nicht nur das älteste Kloster in der Mark, es war
auch, wie schon hervorgehoben, das reichste, das begütertste,
und demgemäß war seine Erscheinung. Nicht daß es sich durch
architektonische Schönheit vor allen andern ausgezeichnet hätte
(nach dieser Seite hin wurde es von Kloster Chorin übertroffen),
aber die Fülle der Baulichkeiten, die sich innerhalb seiner weit-
gespannten Klostermauern vorfand, die Gast- und Empfangs-
und Wirthschaftsgebäude, die Schulen, die Handwerks- und
Siechenhäuser, die nach allen Seiten hin das eigentliche Kloster
umstanden, alle diese Baulichkeiten, eine gothische Stadt im
Kleinen, deuteten auf die Ausgedehntheit und Solidität des
Besitzes.

Der stattliche Mittelpunkt des Ganzen, die zahlreichen
Giebel überragend, war und blieb die hohe Klosterkirche, deren
mit Kupfer gedeckter Mittelthurm dunkel bronzefarben in der

3.
Kloſter Lehnin, wie es war und wie es iſt.
Kapellen
Das Schiff umſtellen;
In engen
Gängen
Die Lampen hängen,
Und werfen ihre düſtren Lichter
Auf grabſtein-geſchnittene Mönchsgeſichter.

Nach Waltham-Abtei hieher alsdann
Sollt ihr die Leiche bringen,
Damit wir chriſtlich beſtatten den Leib
Und für die Seele fingen.

H. Heine.

Lehnin war nicht nur das älteſte Kloſter in der Mark, es war
auch, wie ſchon hervorgehoben, das reichſte, das begütertſte,
und demgemäß war ſeine Erſcheinung. Nicht daß es ſich durch
architektoniſche Schönheit vor allen andern ausgezeichnet hätte
(nach dieſer Seite hin wurde es von Kloſter Chorin übertroffen),
aber die Fülle der Baulichkeiten, die ſich innerhalb ſeiner weit-
geſpannten Kloſtermauern vorfand, die Gaſt- und Empfangs-
und Wirthſchaftsgebäude, die Schulen, die Handwerks- und
Siechenhäuſer, die nach allen Seiten hin das eigentliche Kloſter
umſtanden, alle dieſe Baulichkeiten, eine gothiſche Stadt im
Kleinen, deuteten auf die Ausgedehntheit und Solidität des
Beſitzes.

Der ſtattliche Mittelpunkt des Ganzen, die zahlreichen
Giebel überragend, war und blieb die hohe Kloſterkirche, deren
mit Kupfer gedeckter Mittelthurm dunkel bronzefarben in der

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[[104]/0122] 3. Kloſter Lehnin, wie es war und wie es iſt. Kapellen Das Schiff umſtellen; In engen Gängen Die Lampen hängen, Und werfen ihre düſtren Lichter Auf grabſtein-geſchnittene Mönchsgeſichter. Nach Waltham-Abtei hieher alsdann Sollt ihr die Leiche bringen, Damit wir chriſtlich beſtatten den Leib Und für die Seele fingen. H. Heine. Lehnin war nicht nur das älteſte Kloſter in der Mark, es war auch, wie ſchon hervorgehoben, das reichſte, das begütertſte, und demgemäß war ſeine Erſcheinung. Nicht daß es ſich durch architektoniſche Schönheit vor allen andern ausgezeichnet hätte (nach dieſer Seite hin wurde es von Kloſter Chorin übertroffen), aber die Fülle der Baulichkeiten, die ſich innerhalb ſeiner weit- geſpannten Kloſtermauern vorfand, die Gaſt- und Empfangs- und Wirthſchaftsgebäude, die Schulen, die Handwerks- und Siechenhäuſer, die nach allen Seiten hin das eigentliche Kloſter umſtanden, alle dieſe Baulichkeiten, eine gothiſche Stadt im Kleinen, deuteten auf die Ausgedehntheit und Solidität des Beſitzes. Der ſtattliche Mittelpunkt des Ganzen, die zahlreichen Giebel überragend, war und blieb die hohe Kloſterkirche, deren mit Kupfer gedeckter Mittelthurm dunkel bronzefarben in der

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [104]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/122>, abgerufen am 28.03.2024.