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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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und einen ihrer größten Triumphe gefeiert hatte, erhebt sich jetzt,
auf schlankem Postament, eine Statuette der Künstlerin, einfach
die Inschrift tragend: den 15. Juli 1852.


5.
Frau Friedrich.
Herr Friedrich saß auf Sanssouci,
Den Krückstock, den vergaß er nie;
Frau Friedrich findet's a propos
Und sagt: ich mach' es ebenso.

Demoiselle Rachel ist hinüber, Frau Friedrich lebt noch.
Ihre goldene Hochzeit liegt hinter ihr, sie steht vor ihrer dia-
mantnen. Funfzig Jahre Inselherrschaft haben ihren Namen
an den Namen dieses stillen Eilands gekettet. Und welche
Herrschaft! Das absoluteste car tel est notre plaisir, hier
hatte es seine Stätte.

Aber wer ist Frau Friedrich? In Potsdam kennt sie
jeder; jeder hat ihr gehuldigt, jeder wenn er auf der Insel
landete, hat ihr einen allerfreundlichsten Guten Tag geboten
und nach ihren Mienen gesehn, um zu wissen, ob gutes oder
schlechtes Wetter sei. Das Schicksal ganzer Landpartien hing
an dem Zwinkern dieser Augen; ein heitres Blinzeln bedeutete
den besten Kaffee, eine einzige Krähenpfote strich einen Nach-
mittag aus dem Leben harmloser Mitmenschen, und warf sie
der Enttäuschung, unter Umständen dem Hunger in die Arme.
Frau Friedrich war eine Macht. Sie ist es noch. Aber noch
einmal, wer ist Frau Friedrich?

Sie ist die Frau des gleichnamigen Maschinenmeisters.
In einem früheren Abschnitt dieses Pfaueninselkapitels haben
wir erzählt, daß um 1822 ein Wasserwerk angelegt wurde,
das zunächst ein großes Reservoir speisend, mit Hülfe dieses die
Aufgabe hatte, die sandigen Stellen der Insel zu bewässern und
fruchtbar zu machen. Dieses Wasserwerk nun bedurfte einer

und einen ihrer größten Triumphe gefeiert hatte, erhebt ſich jetzt,
auf ſchlankem Poſtament, eine Statuette der Künſtlerin, einfach
die Inſchrift tragend: den 15. Juli 1852.


5.
Frau Friedrich.
Herr Friedrich ſaß auf Sansſouci,
Den Krückſtock, den vergaß er nie;
Frau Friedrich findet’s à propos
Und ſagt: ich mach’ es ebenſo.

Demoiſelle Rachel iſt hinüber, Frau Friedrich lebt noch.
Ihre goldene Hochzeit liegt hinter ihr, ſie ſteht vor ihrer dia-
mantnen. Funfzig Jahre Inſelherrſchaft haben ihren Namen
an den Namen dieſes ſtillen Eilands gekettet. Und welche
Herrſchaft! Das abſoluteſte car tel est notre plaisir, hier
hatte es ſeine Stätte.

Aber wer iſt Frau Friedrich? In Potsdam kennt ſie
jeder; jeder hat ihr gehuldigt, jeder wenn er auf der Inſel
landete, hat ihr einen allerfreundlichſten Guten Tag geboten
und nach ihren Mienen geſehn, um zu wiſſen, ob gutes oder
ſchlechtes Wetter ſei. Das Schickſal ganzer Landpartien hing
an dem Zwinkern dieſer Augen; ein heitres Blinzeln bedeutete
den beſten Kaffee, eine einzige Krähenpfote ſtrich einen Nach-
mittag aus dem Leben harmloſer Mitmenſchen, und warf ſie
der Enttäuſchung, unter Umſtänden dem Hunger in die Arme.
Frau Friedrich war eine Macht. Sie iſt es noch. Aber noch
einmal, wer iſt Frau Friedrich?

Sie iſt die Frau des gleichnamigen Maſchinenmeiſters.
In einem früheren Abſchnitt dieſes Pfaueninſelkapitels haben
wir erzählt, daß um 1822 ein Waſſerwerk angelegt wurde,
das zunächſt ein großes Reſervoir ſpeiſend, mit Hülfe dieſes die
Aufgabe hatte, die ſandigen Stellen der Inſel zu bewäſſern und
fruchtbar zu machen. Dieſes Waſſerwerk nun bedurfte einer

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[155/0173] und einen ihrer größten Triumphe gefeiert hatte, erhebt ſich jetzt, auf ſchlankem Poſtament, eine Statuette der Künſtlerin, einfach die Inſchrift tragend: den 15. Juli 1852. 5. Frau Friedrich. Herr Friedrich ſaß auf Sansſouci, Den Krückſtock, den vergaß er nie; Frau Friedrich findet’s à propos Und ſagt: ich mach’ es ebenſo. Demoiſelle Rachel iſt hinüber, Frau Friedrich lebt noch. Ihre goldene Hochzeit liegt hinter ihr, ſie ſteht vor ihrer dia- mantnen. Funfzig Jahre Inſelherrſchaft haben ihren Namen an den Namen dieſes ſtillen Eilands gekettet. Und welche Herrſchaft! Das abſoluteſte car tel est notre plaisir, hier hatte es ſeine Stätte. Aber wer iſt Frau Friedrich? In Potsdam kennt ſie jeder; jeder hat ihr gehuldigt, jeder wenn er auf der Inſel landete, hat ihr einen allerfreundlichſten Guten Tag geboten und nach ihren Mienen geſehn, um zu wiſſen, ob gutes oder ſchlechtes Wetter ſei. Das Schickſal ganzer Landpartien hing an dem Zwinkern dieſer Augen; ein heitres Blinzeln bedeutete den beſten Kaffee, eine einzige Krähenpfote ſtrich einen Nach- mittag aus dem Leben harmloſer Mitmenſchen, und warf ſie der Enttäuſchung, unter Umſtänden dem Hunger in die Arme. Frau Friedrich war eine Macht. Sie iſt es noch. Aber noch einmal, wer iſt Frau Friedrich? Sie iſt die Frau des gleichnamigen Maſchinenmeiſters. In einem früheren Abſchnitt dieſes Pfaueninſelkapitels haben wir erzählt, daß um 1822 ein Waſſerwerk angelegt wurde, das zunächſt ein großes Reſervoir ſpeiſend, mit Hülfe dieſes die Aufgabe hatte, die ſandigen Stellen der Inſel zu bewäſſern und fruchtbar zu machen. Dieſes Waſſerwerk nun bedurfte einer

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/173>, abgerufen am 29.03.2024.