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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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2.
Försterei Brieselang.
Lesen konnt' ich in seinen festen Zügen
Seinen lang und treu bewahrten Entschluß:
Auch mit keinem Fingerdrucke zu lügen;
Sicher und wohl ward mir bei seinem Gruß.

Nic. Lenau.

Unter solchem Geplauder hatten wir eine Stelle erreicht, wo
der Weg, die bis dahin inne gehaltene Scheidelinie zwischen
Wald und Wiese aufgebend, nach links hin scharf einbiegt. Hier
schlug sich Lampe in die Tiefen des Waldes, während wir, den
Weg weiter verfolgend, alsbald auf eine große Lichtung mit
Gärten, Häusern und Stallgebäuden hinaus traten. Wir hatten den
Centralpunkt dieser Waldregionen erreicht: Försterei Briese-
lang
. Daneben das "Remonte-Depot" gleiches Namens.
Die Lichtung, die diese beiden Häusercomplexe einschließt, hat
den Charakter einer großen Waldwiese. Ein Wasserlauf, "der
neue Graben", der in früheren Jahren das Sumpfland
entwässert hat und nun zum Holzflößen dient, zieht sich quer
durch die ganze Breite; eine Brücke führt darüber hin. Jenseits
des Wasserlaufes aber steigt der Wald ("die Buten-Haide")
aufs Neue an und schließt gegen Norden hin das Bild. Am
jenseitigen Rande des Waldes: die Königseiche und Dorf Pausin.

Ein Hirschgeweih über der Thür ließ uns nicht lange in
Zweifel, wo wir die Försterei, für die wir einen Gruß mit-
brachten, zu suchen hätten. Wir traten ein. Es war um die
dritte Stunde. Der Förster, ein Mann von nah an 70, fuhr

2.
Förſterei Brieſelang.
Leſen konnt’ ich in ſeinen feſten Zügen
Seinen lang und treu bewahrten Entſchluß:
Auch mit keinem Fingerdrucke zu lügen;
Sicher und wohl ward mir bei ſeinem Gruß.

Nic. Lenau.

Unter ſolchem Geplauder hatten wir eine Stelle erreicht, wo
der Weg, die bis dahin inne gehaltene Scheidelinie zwiſchen
Wald und Wieſe aufgebend, nach links hin ſcharf einbiegt. Hier
ſchlug ſich Lampe in die Tiefen des Waldes, während wir, den
Weg weiter verfolgend, alsbald auf eine große Lichtung mit
Gärten, Häuſern und Stallgebäuden hinaus traten. Wir hatten den
Centralpunkt dieſer Waldregionen erreicht: Förſterei Brieſe-
lang
. Daneben das „Remonte-Depot“ gleiches Namens.
Die Lichtung, die dieſe beiden Häuſercomplexe einſchließt, hat
den Charakter einer großen Waldwieſe. Ein Waſſerlauf, „der
neue Graben“, der in früheren Jahren das Sumpfland
entwäſſert hat und nun zum Holzflößen dient, zieht ſich quer
durch die ganze Breite; eine Brücke führt darüber hin. Jenſeits
des Waſſerlaufes aber ſteigt der Wald („die Buten-Haide“)
aufs Neue an und ſchließt gegen Norden hin das Bild. Am
jenſeitigen Rande des Waldes: die Königseiche und Dorf Pauſin.

Ein Hirſchgeweih über der Thür ließ uns nicht lange in
Zweifel, wo wir die Förſterei, für die wir einen Gruß mit-
brachten, zu ſuchen hätten. Wir traten ein. Es war um die
dritte Stunde. Der Förſter, ein Mann von nah an 70, fuhr

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[[46]/0064] 2. Förſterei Brieſelang. Leſen konnt’ ich in ſeinen feſten Zügen Seinen lang und treu bewahrten Entſchluß: Auch mit keinem Fingerdrucke zu lügen; Sicher und wohl ward mir bei ſeinem Gruß. Nic. Lenau. Unter ſolchem Geplauder hatten wir eine Stelle erreicht, wo der Weg, die bis dahin inne gehaltene Scheidelinie zwiſchen Wald und Wieſe aufgebend, nach links hin ſcharf einbiegt. Hier ſchlug ſich Lampe in die Tiefen des Waldes, während wir, den Weg weiter verfolgend, alsbald auf eine große Lichtung mit Gärten, Häuſern und Stallgebäuden hinaus traten. Wir hatten den Centralpunkt dieſer Waldregionen erreicht: Förſterei Brieſe- lang. Daneben das „Remonte-Depot“ gleiches Namens. Die Lichtung, die dieſe beiden Häuſercomplexe einſchließt, hat den Charakter einer großen Waldwieſe. Ein Waſſerlauf, „der neue Graben“, der in früheren Jahren das Sumpfland entwäſſert hat und nun zum Holzflößen dient, zieht ſich quer durch die ganze Breite; eine Brücke führt darüber hin. Jenſeits des Waſſerlaufes aber ſteigt der Wald („die Buten-Haide“) aufs Neue an und ſchließt gegen Norden hin das Bild. Am jenſeitigen Rande des Waldes: die Königseiche und Dorf Pauſin. Ein Hirſchgeweih über der Thür ließ uns nicht lange in Zweifel, wo wir die Förſterei, für die wir einen Gruß mit- brachten, zu ſuchen hätten. Wir traten ein. Es war um die dritte Stunde. Der Förſter, ein Mann von nah an 70, fuhr

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [46]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/64>, abgerufen am 23.04.2024.