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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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patriotischen Ausspruch knüpfte. "Das ist Dein Mann", dacht'
ich. Und wirklich, was in Saarmund mißglückt war, hier konnt
es gelingen. Ich fuhr also fort:

"Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin.
Die vierte der Nutheburgen."

"Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit ge-
wesen sein."

"Gewiß. 700 Jahre .. Und kein Burgwall? kein unterirdischer
Gang? Keine Stelle, die hohl klingt?"

"Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der Schützengilde von
1577 ...."

"Und kein Denkmal? keine Mumie?"

"Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der .."

Es wurde mir immer klarer, auf was er mit endlich doch
siegreicher Beharrlichkeit hinaus wollte. Ich ließ also den Strom
seiner Rede fließen und warf erst ganz zuletzt und anscheinend
ohne Zusammenhang die Frage dazwischen "ob er jemals von dem
Maler Wilhelm Hensel oder doch von dessen Vater dem alten
Pastor Hensel gehört habe?"

Ein Kopfschütteln war die Antwort und nur mit Mühe
wurde festgestellt, daß der alte Pastor Hensel höchst wahrscheinlich
schon vor seiner, des Wirths und Meisters Geburt verzogen sein
müsse, eine Sache, betreffs deren ich nie den geringsten Zweifel
unterhalten hatte.

Das Vorfahren des Wagens und der Peitschenknips des
Kutschers schnitten weitere Nachforschungen ab, wobei michs trösten
mußte, schwerlich etwas anderes als die chronologische Reihenfolge
der Trebbiner Schützenkönige eingebüßt zu haben. Noch ein Hut-
lüpfen unsererseits, noch eine gegengrüßende militärische Handbe-
wegung des "Majors" -- und unser Jagdwagen klapperte über das
Pflaster hin.

Die Kirchhofsthüre stand noch offen und die Schwertlilien
blühten noch.

Ueber "Burg Trebbin" bin ich auch nachträglich ohne Mit-
theilung geblieben, aber von Wilhelm Hensel will ich erzählen.


patriotiſchen Ausſpruch knüpfte. „Das iſt Dein Mann“, dacht’
ich. Und wirklich, was in Saarmund mißglückt war, hier konnt
es gelingen. Ich fuhr alſo fort:

„Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin.
Die vierte der Nutheburgen.“

„Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit ge-
weſen ſein.“

„Gewiß. 700 Jahre .. Und kein Burgwall? kein unterirdiſcher
Gang? Keine Stelle, die hohl klingt?“

„Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der Schützengilde von
1577 ....“

„Und kein Denkmal? keine Mumie?“

„Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der ..“

Es wurde mir immer klarer, auf was er mit endlich doch
ſiegreicher Beharrlichkeit hinaus wollte. Ich ließ alſo den Strom
ſeiner Rede fließen und warf erſt ganz zuletzt und anſcheinend
ohne Zuſammenhang die Frage dazwiſchen „ob er jemals von dem
Maler Wilhelm Henſel oder doch von deſſen Vater dem alten
Paſtor Henſel gehört habe?“

Ein Kopfſchütteln war die Antwort und nur mit Mühe
wurde feſtgeſtellt, daß der alte Paſtor Henſel höchſt wahrſcheinlich
ſchon vor ſeiner, des Wirths und Meiſters Geburt verzogen ſein
müſſe, eine Sache, betreffs deren ich nie den geringſten Zweifel
unterhalten hatte.

Das Vorfahren des Wagens und der Peitſchenknips des
Kutſchers ſchnitten weitere Nachforſchungen ab, wobei michs tröſten
mußte, ſchwerlich etwas anderes als die chronologiſche Reihenfolge
der Trebbiner Schützenkönige eingebüßt zu haben. Noch ein Hut-
lüpfen unſererſeits, noch eine gegengrüßende militäriſche Handbe-
wegung des „Majors“ — und unſer Jagdwagen klapperte über das
Pflaſter hin.

Die Kirchhofsthüre ſtand noch offen und die Schwertlilien
blühten noch.

Ueber „Burg Trebbin“ bin ich auch nachträglich ohne Mit-
theilung geblieben, aber von Wilhelm Henſel will ich erzählen.


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[434/0450] patriotiſchen Ausſpruch knüpfte. „Das iſt Dein Mann“, dacht’ ich. Und wirklich, was in Saarmund mißglückt war, hier konnt es gelingen. Ich fuhr alſo fort: „Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin. Die vierte der Nutheburgen.“ „Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit ge- weſen ſein.“ „Gewiß. 700 Jahre .. Und kein Burgwall? kein unterirdiſcher Gang? Keine Stelle, die hohl klingt?“ „Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der Schützengilde von 1577 ....“ „Und kein Denkmal? keine Mumie?“ „Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der ..“ Es wurde mir immer klarer, auf was er mit endlich doch ſiegreicher Beharrlichkeit hinaus wollte. Ich ließ alſo den Strom ſeiner Rede fließen und warf erſt ganz zuletzt und anſcheinend ohne Zuſammenhang die Frage dazwiſchen „ob er jemals von dem Maler Wilhelm Henſel oder doch von deſſen Vater dem alten Paſtor Henſel gehört habe?“ Ein Kopfſchütteln war die Antwort und nur mit Mühe wurde feſtgeſtellt, daß der alte Paſtor Henſel höchſt wahrſcheinlich ſchon vor ſeiner, des Wirths und Meiſters Geburt verzogen ſein müſſe, eine Sache, betreffs deren ich nie den geringſten Zweifel unterhalten hatte. Das Vorfahren des Wagens und der Peitſchenknips des Kutſchers ſchnitten weitere Nachforſchungen ab, wobei michs tröſten mußte, ſchwerlich etwas anderes als die chronologiſche Reihenfolge der Trebbiner Schützenkönige eingebüßt zu haben. Noch ein Hut- lüpfen unſererſeits, noch eine gegengrüßende militäriſche Handbe- wegung des „Majors“ — und unſer Jagdwagen klapperte über das Pflaſter hin. Die Kirchhofsthüre ſtand noch offen und die Schwertlilien blühten noch. Ueber „Burg Trebbin“ bin ich auch nachträglich ohne Mit- theilung geblieben, aber von Wilhelm Henſel will ich erzählen.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/450>, abgerufen am 29.03.2024.