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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
was meinst Du, wenn wir eine Spazierfahrt machten,
aber eine lange, nicht bloß so durch die Plantage hin,
und natürlich im Schlitten und das Geläut auf und
die weißen Schneedecken, und wenn wir dann um
vier zurück sind, dann ruhst Du Dich aus, und um
sieben sind wir bei Gieshübler und hören die
Trippelli."

Effi nahm seine Hand. "Wie gut Du bist,
Geert, und wie nachsichtig. Denn ich muß Dir ja
kindisch oder doch wenigstens sehr kindlich vorgekommen
sein; erst das mit meiner Angst und dann hinterher,
daß ich Dir einen Hausverkauf, und was noch
schlimmer ist, das mit dem Fürsten ansinne. Du
sollst ihm den Stuhl vor die Thür setzen -- es ist
zum Lachen. Denn schließlich ist er doch der Mann,
der über uns entscheidet. Auch über mich. Du glaubst
gar nicht, wie ehrgeizig ich bin. Ich habe Dich
eigentlich bloß aus Ehrgeiz geheiratet. Aber Du
mußt nicht solch ernstes Gesicht dabei machen. Ich
liebe Dich ja ... wie heißt es doch, wenn man
einen Zweig abbricht und die Blätter abreißt? Von
Herzen, mit Schmerzen, über alle Maßen."

Und sie lachte hell auf. "Und nun sage mir,"
fuhr sie fort, als Innstetten noch immer schwieg,
"wo soll es hingehen?"

"Ich habe mir gedacht, nach der Bahnstation,

Effi Brieſt
was meinſt Du, wenn wir eine Spazierfahrt machten,
aber eine lange, nicht bloß ſo durch die Plantage hin,
und natürlich im Schlitten und das Geläut auf und
die weißen Schneedecken, und wenn wir dann um
vier zurück ſind, dann ruhſt Du Dich aus, und um
ſieben ſind wir bei Gieshübler und hören die
Trippelli.“

Effi nahm ſeine Hand. „Wie gut Du biſt,
Geert, und wie nachſichtig. Denn ich muß Dir ja
kindiſch oder doch wenigſtens ſehr kindlich vorgekommen
ſein; erſt das mit meiner Angſt und dann hinterher,
daß ich Dir einen Hausverkauf, und was noch
ſchlimmer iſt, das mit dem Fürſten anſinne. Du
ſollſt ihm den Stuhl vor die Thür ſetzen — es iſt
zum Lachen. Denn ſchließlich iſt er doch der Mann,
der über uns entſcheidet. Auch über mich. Du glaubſt
gar nicht, wie ehrgeizig ich bin. Ich habe Dich
eigentlich bloß aus Ehrgeiz geheiratet. Aber Du
mußt nicht ſolch ernſtes Geſicht dabei machen. Ich
liebe Dich ja … wie heißt es doch, wenn man
einen Zweig abbricht und die Blätter abreißt? Von
Herzen, mit Schmerzen, über alle Maßen.“

Und ſie lachte hell auf. „Und nun ſage mir,“
fuhr ſie fort, als Innſtetten noch immer ſchwieg,
„wo ſoll es hingehen?“

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[137/0146] Effi Brieſt was meinſt Du, wenn wir eine Spazierfahrt machten, aber eine lange, nicht bloß ſo durch die Plantage hin, und natürlich im Schlitten und das Geläut auf und die weißen Schneedecken, und wenn wir dann um vier zurück ſind, dann ruhſt Du Dich aus, und um ſieben ſind wir bei Gieshübler und hören die Trippelli.“ Effi nahm ſeine Hand. „Wie gut Du biſt, Geert, und wie nachſichtig. Denn ich muß Dir ja kindiſch oder doch wenigſtens ſehr kindlich vorgekommen ſein; erſt das mit meiner Angſt und dann hinterher, daß ich Dir einen Hausverkauf, und was noch ſchlimmer iſt, das mit dem Fürſten anſinne. Du ſollſt ihm den Stuhl vor die Thür ſetzen — es iſt zum Lachen. Denn ſchließlich iſt er doch der Mann, der über uns entſcheidet. Auch über mich. Du glaubſt gar nicht, wie ehrgeizig ich bin. Ich habe Dich eigentlich bloß aus Ehrgeiz geheiratet. Aber Du mußt nicht ſolch ernſtes Geſicht dabei machen. Ich liebe Dich ja … wie heißt es doch, wenn man einen Zweig abbricht und die Blätter abreißt? Von Herzen, mit Schmerzen, über alle Maßen.“ Und ſie lachte hell auf. „Und nun ſage mir,“ fuhr ſie fort, als Innſtetten noch immer ſchwieg, „wo ſoll es hingehen?“ „Ich habe mir gedacht, nach der Bahnſtation,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/146>, abgerufen am 20.04.2024.