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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
gemacht, Effi, und wenn ihr Gesindebuch nicht zu
schlimme Sachen sagt, so nehmen wir sie auf ihr
gutes Gesicht hin. Es ist doch, Gott sei Dank,
selten, daß einen das täuscht."

Effi war sehr glücklich, so wenig Schwierigkeiten
zu begegnen, und sagte: "Nun wird es gehen. Ich
fürchte mich jetzt nicht mehr."

"Um was, Effi?"

"Ach, Du weißt ja ... Aber Einbildungen
sind das schlimmste, mitunter schlimmer als alles."


Roswitha zog in selbiger Stunde noch mit
ihren paar Habseligkeiten in das landrätliche Haus
hinüber und richtete sich in dem kleinen Alkoven ein.
Als der Tag um war, ging sie früh zu Bett und
schlief, ermüdet wie sie war, gleich ein.

Am andern Morgen erkundigte sich Effi -- die
seit einiger Zeit (denn es war gerade Vollmond) wieder
in Ängsten lebte -- wie Roswitha geschlafen und
ob sie nichts gehört habe?

"Was?" fragte diese.

"O, nichts. Ich meine nur so; so 'was wie
wenn ein Besen fegt oder wie wenn einer über die
Diele schlittert."

Roswitha lachte, was auf ihre junge Herrin
einen besonders guten Eindruck machte. Effi war

Effi Brieſt
gemacht, Effi, und wenn ihr Geſindebuch nicht zu
ſchlimme Sachen ſagt, ſo nehmen wir ſie auf ihr
gutes Geſicht hin. Es iſt doch, Gott ſei Dank,
ſelten, daß einen das täuſcht.“

Effi war ſehr glücklich, ſo wenig Schwierigkeiten
zu begegnen, und ſagte: „Nun wird es gehen. Ich
fürchte mich jetzt nicht mehr.“

„Um was, Effi?“

„Ach, Du weißt ja … Aber Einbildungen
ſind das ſchlimmſte, mitunter ſchlimmer als alles.“


Roswitha zog in ſelbiger Stunde noch mit
ihren paar Habſeligkeiten in das landrätliche Haus
hinüber und richtete ſich in dem kleinen Alkoven ein.
Als der Tag um war, ging ſie früh zu Bett und
ſchlief, ermüdet wie ſie war, gleich ein.

Am andern Morgen erkundigte ſich Effi — die
ſeit einiger Zeit (denn es war gerade Vollmond) wieder
in Ängſten lebte — wie Roswitha geſchlafen und
ob ſie nichts gehört habe?

„Was?“ fragte dieſe.

„O, nichts. Ich meine nur ſo; ſo 'was wie
wenn ein Beſen fegt oder wie wenn einer über die
Diele ſchlittert.“

Roswitha lachte, was auf ihre junge Herrin
einen beſonders guten Eindruck machte. Effi war

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[196/0205] Effi Brieſt gemacht, Effi, und wenn ihr Geſindebuch nicht zu ſchlimme Sachen ſagt, ſo nehmen wir ſie auf ihr gutes Geſicht hin. Es iſt doch, Gott ſei Dank, ſelten, daß einen das täuſcht.“ Effi war ſehr glücklich, ſo wenig Schwierigkeiten zu begegnen, und ſagte: „Nun wird es gehen. Ich fürchte mich jetzt nicht mehr.“ „Um was, Effi?“ „Ach, Du weißt ja … Aber Einbildungen ſind das ſchlimmſte, mitunter ſchlimmer als alles.“ Roswitha zog in ſelbiger Stunde noch mit ihren paar Habſeligkeiten in das landrätliche Haus hinüber und richtete ſich in dem kleinen Alkoven ein. Als der Tag um war, ging ſie früh zu Bett und ſchlief, ermüdet wie ſie war, gleich ein. Am andern Morgen erkundigte ſich Effi — die ſeit einiger Zeit (denn es war gerade Vollmond) wieder in Ängſten lebte — wie Roswitha geſchlafen und ob ſie nichts gehört habe? „Was?“ fragte dieſe. „O, nichts. Ich meine nur ſo; ſo 'was wie wenn ein Beſen fegt oder wie wenn einer über die Diele ſchlittert.“ Roswitha lachte, was auf ihre junge Herrin einen beſonders guten Eindruck machte. Effi war

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/205>, abgerufen am 28.03.2024.