Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweiundzwanzigstes Kapitel.

Botho hatte sich der Führung eines gleich am
Kirchhofs-Eingange beschäftigten Alten anvertraut
und das Grab der Frau Nimptsch in guter Pflege
gefunden: Epheuranken waren eingesetzt, ein Ge¬
raniumtopf stand dazwischen und an einem Eisen¬
ständerchen hing bereits ein Immortellenkranz. "Ah,
Lene," sagte Botho vor sich hin. "Immer dieselbe . . .
Ich komme zu spät." Und dann wandt' er sich zu
dem neben ihm stehenden Alten und sagte: "War
wohl blos 'ne kleine Leiche?"

"Ja, klein war sie man."

"Drei oder vier?"

"Justement vier. Und versteht sich unser alter
Supperndent. Er sprach blos 's Gebet und die
große mittelaltsche Frau, die mit dabei war, so 40
oder drum rum, die blieb in einem Weinen. Und

Zweiundzwanzigſtes Kapitel.

Botho hatte ſich der Führung eines gleich am
Kirchhofs-Eingange beſchäftigten Alten anvertraut
und das Grab der Frau Nimptſch in guter Pflege
gefunden: Epheuranken waren eingeſetzt, ein Ge¬
raniumtopf ſtand dazwiſchen und an einem Eiſen¬
ſtänderchen hing bereits ein Immortellenkranz. „Ah,
Lene,“ ſagte Botho vor ſich hin. „Immer dieſelbe . . .
Ich komme zu ſpät.“ Und dann wandt' er ſich zu
dem neben ihm ſtehenden Alten und ſagte: „War
wohl blos 'ne kleine Leiche?“

„Ja, klein war ſie man.“

„Drei oder vier?“

„Juſtement vier. Und verſteht ſich unſer alter
Supperndent. Er ſprach blos 's Gebet und die
große mittelaltſche Frau, die mit dabei war, ſo 40
oder drum rum, die blieb in einem Weinen. Und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0252" n="[242]"/>
      <div n="1">
        <head>Zweiundzwanzig&#x017F;tes Kapitel.<lb/></head>
        <p><hi rendition="#in">B</hi>otho hatte &#x017F;ich der Führung eines gleich am<lb/>
Kirchhofs-Eingange be&#x017F;chäftigten Alten anvertraut<lb/>
und das Grab der Frau Nimpt&#x017F;ch in guter Pflege<lb/>
gefunden: Epheuranken waren einge&#x017F;etzt, ein Ge¬<lb/>
raniumtopf &#x017F;tand dazwi&#x017F;chen und an einem Ei&#x017F;en¬<lb/>
&#x017F;tänderchen hing bereits ein Immortellenkranz. &#x201E;Ah,<lb/>
Lene,&#x201C; &#x017F;agte Botho vor &#x017F;ich hin. &#x201E;Immer die&#x017F;elbe . . .<lb/>
Ich komme zu &#x017F;pät.&#x201C; Und dann wandt' er &#x017F;ich zu<lb/>
dem neben ihm &#x017F;tehenden Alten und &#x017F;agte: &#x201E;War<lb/>
wohl blos 'ne kleine Leiche?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, klein war &#x017F;ie man.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Drei oder vier?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ju&#x017F;tement vier. Und ver&#x017F;teht &#x017F;ich un&#x017F;er alter<lb/>
Supperndent. Er &#x017F;prach blos 's Gebet und die<lb/>
große mittelalt&#x017F;che Frau, die mit dabei war, &#x017F;o 40<lb/>
oder drum rum, die blieb in einem Weinen. Und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[242]/0252] Zweiundzwanzigſtes Kapitel. Botho hatte ſich der Führung eines gleich am Kirchhofs-Eingange beſchäftigten Alten anvertraut und das Grab der Frau Nimptſch in guter Pflege gefunden: Epheuranken waren eingeſetzt, ein Ge¬ raniumtopf ſtand dazwiſchen und an einem Eiſen¬ ſtänderchen hing bereits ein Immortellenkranz. „Ah, Lene,“ ſagte Botho vor ſich hin. „Immer dieſelbe . . . Ich komme zu ſpät.“ Und dann wandt' er ſich zu dem neben ihm ſtehenden Alten und ſagte: „War wohl blos 'ne kleine Leiche?“ „Ja, klein war ſie man.“ „Drei oder vier?“ „Juſtement vier. Und verſteht ſich unſer alter Supperndent. Er ſprach blos 's Gebet und die große mittelaltſche Frau, die mit dabei war, ſo 40 oder drum rum, die blieb in einem Weinen. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/252
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. [242]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/252>, abgerufen am 24.04.2024.