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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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steht, Ihnen, glaub' ich's, daß Sie's ehrlich meinen.
Sie gehören zu den paar Menschen, die keinen Neid
kennen."

"Na, lassen wir das Thema lieber. Ich bin dessen
nicht so ganz sicher; mancher sieht besser aus, als er
ist. Aber natürlich komm' ich, um Ihnen wohl oder
übel meine Glückwünsche zu bringen und meinen Reise¬
segen dazu. Donnerwetter, Stechlin, wo will das noch
mit Ihnen hinaus! Sie werden natürlich Londoner
Militärattache, sagen wir in einem halben Jahr, und
in ebensoviel Zeit haben Sie sich drüben sportlich ein¬
gelebt und etablieren sich als Sieger in einem Steeple
Chase, vorausgesetzt, daß es so was noch giebt (ich
glaube nämlich, man nennt es jetzt alles ganz anders).
Und vierzehn Tage nach Ihrem ersten großen Sport¬
siege verloben Sie sich mit Ruth Russel oder mit
Geraldine Cavendish, haben den Bedforder- oder den
Devonshire-Herzog als Rückendeckung und gehen als
Generalgouverneur nach Mittelafrika, links die Zwerge,
rechts die Menschenfresser. Emin soll ja doch eigentlich
aufgefressen sein."

"Czako, Sie machen sich's zu nutze, daß die
Mittagsstunde glücklich vorüber ist, sonst könnten Sie's
kaum verantworten. Aber rücken Sie sich einen Sessel
'ran, und hier sind Zigaretten. Oder lieber Zigarre?"

"Nein, Zigaretten ... Ja, sehen Sie, Stechlin,
solche Mission oder wenn auch nur ein Bruchteil da¬
von ..."

"Sagen wir Anhängsel."

" .. Solche Mission ist gerade das, was ich mir
all mein Lebtag gewünscht habe. Bloß ,Erhörung kam
nicht geschritten'. Und doch ist gerad' in unserm Regi¬
ment immer was los. Immer ist wer auf dem Wege
nach Petersburg. Aber weiß der Teufel, trotz der vielen
Schickerei, meine Wenigkeit ist noch nicht 'ran gekommen.

ſteht, Ihnen, glaub' ich's, daß Sie's ehrlich meinen.
Sie gehören zu den paar Menſchen, die keinen Neid
kennen.“

„Na, laſſen wir das Thema lieber. Ich bin deſſen
nicht ſo ganz ſicher; mancher ſieht beſſer aus, als er
iſt. Aber natürlich komm' ich, um Ihnen wohl oder
übel meine Glückwünſche zu bringen und meinen Reiſe¬
ſegen dazu. Donnerwetter, Stechlin, wo will das noch
mit Ihnen hinaus! Sie werden natürlich Londoner
Militärattaché, ſagen wir in einem halben Jahr, und
in ebenſoviel Zeit haben Sie ſich drüben ſportlich ein¬
gelebt und etablieren ſich als Sieger in einem Steeple
Chaſe, vorausgeſetzt, daß es ſo was noch giebt (ich
glaube nämlich, man nennt es jetzt alles ganz anders).
Und vierzehn Tage nach Ihrem erſten großen Sport¬
ſiege verloben Sie ſich mit Ruth Ruſſel oder mit
Geraldine Cavendiſh, haben den Bedforder- oder den
Devonſhire-Herzog als Rückendeckung und gehen als
Generalgouverneur nach Mittelafrika, links die Zwerge,
rechts die Menſchenfreſſer. Emin ſoll ja doch eigentlich
aufgefreſſen ſein.“

„Czako, Sie machen ſich's zu nutze, daß die
Mittagsſtunde glücklich vorüber iſt, ſonſt könnten Sie's
kaum verantworten. Aber rücken Sie ſich einen Seſſel
'ran, und hier ſind Zigaretten. Oder lieber Zigarre?“

„Nein, Zigaretten ... Ja, ſehen Sie, Stechlin,
ſolche Miſſion oder wenn auch nur ein Bruchteil da¬
von ...“

„Sagen wir Anhängſel.“

„ .. Solche Miſſion iſt gerade das, was ich mir
all mein Lebtag gewünſcht habe. Bloß ‚Erhörung kam
nicht geſchritten‘. Und doch iſt gerad' in unſerm Regi¬
ment immer was los. Immer iſt wer auf dem Wege
nach Petersburg. Aber weiß der Teufel, trotz der vielen
Schickerei, meine Wenigkeit iſt noch nicht 'ran gekommen.

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[277/0284] ſteht, Ihnen, glaub' ich's, daß Sie's ehrlich meinen. Sie gehören zu den paar Menſchen, die keinen Neid kennen.“ „Na, laſſen wir das Thema lieber. Ich bin deſſen nicht ſo ganz ſicher; mancher ſieht beſſer aus, als er iſt. Aber natürlich komm' ich, um Ihnen wohl oder übel meine Glückwünſche zu bringen und meinen Reiſe¬ ſegen dazu. Donnerwetter, Stechlin, wo will das noch mit Ihnen hinaus! Sie werden natürlich Londoner Militärattaché, ſagen wir in einem halben Jahr, und in ebenſoviel Zeit haben Sie ſich drüben ſportlich ein¬ gelebt und etablieren ſich als Sieger in einem Steeple Chaſe, vorausgeſetzt, daß es ſo was noch giebt (ich glaube nämlich, man nennt es jetzt alles ganz anders). Und vierzehn Tage nach Ihrem erſten großen Sport¬ ſiege verloben Sie ſich mit Ruth Ruſſel oder mit Geraldine Cavendiſh, haben den Bedforder- oder den Devonſhire-Herzog als Rückendeckung und gehen als Generalgouverneur nach Mittelafrika, links die Zwerge, rechts die Menſchenfreſſer. Emin ſoll ja doch eigentlich aufgefreſſen ſein.“ „Czako, Sie machen ſich's zu nutze, daß die Mittagsſtunde glücklich vorüber iſt, ſonſt könnten Sie's kaum verantworten. Aber rücken Sie ſich einen Seſſel 'ran, und hier ſind Zigaretten. Oder lieber Zigarre?“ „Nein, Zigaretten ... Ja, ſehen Sie, Stechlin, ſolche Miſſion oder wenn auch nur ein Bruchteil da¬ von ...“ „Sagen wir Anhängſel.“ „ .. Solche Miſſion iſt gerade das, was ich mir all mein Lebtag gewünſcht habe. Bloß ‚Erhörung kam nicht geſchritten‘. Und doch iſt gerad' in unſerm Regi¬ ment immer was los. Immer iſt wer auf dem Wege nach Petersburg. Aber weiß der Teufel, trotz der vielen Schickerei, meine Wenigkeit iſt noch nicht 'ran gekommen.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/284>, abgerufen am 25.04.2024.