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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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schaffen will, so wird meist nichts draus. Da werden
nur Heuchelei und Ziererei geboren. Eigner freier Ent¬
schluß wiegt hundert Erziehungsmaximen auf."

Armgard stimmte zu. Krippenstapel aber fuhr in
seinem Berichte fort und erzählte von Kluckhuhn, von
Uncke, von Elfriede; Sponholz werde in der nächsten
Woche zurückerwartet, und Koseleger und die Prinzessin
seien ein Herz und eine Seele, ganz besonders -- und das
sei das allerneueste -- seit man für ein Rettungshaus
sammle. Seitens des Adels werde fleißig dazu bei¬
gesteuert; nur Molchow habe sich geweigert: "so was
schaffe bloß Konfusion".

Um zwei traf man in Schloß Stechlin ein. Wolde¬
mar durchschritt die verödeten Räume, verweilte kurze
Zeit in dem Sterbezimmer und ging dann in die Kirchen¬
gruft, um da den Kranz an des Vaters Sarge nieder¬
zulegen.

Am späten Nachmittag erschien auch Lorenzen und
sprach zunächst sein Bedauern aus, daß er einer Amts¬
handlung halber (Kossäth Zschocke habe sich wieder
verheiratet) nicht habe kommen können. Er blieb dann
noch den Abend über und erzählte vielerlei, zuletzt auch
von dem, was er dem Alten feierlich habe versprechen
müssen.

Woldemar lächelte dabei. "Die Zukunft liegt also
bei dir."

Und unter diesen Worten reichte er Armgard die
Hand.


ſchaffen will, ſo wird meiſt nichts draus. Da werden
nur Heuchelei und Ziererei geboren. Eigner freier Ent¬
ſchluß wiegt hundert Erziehungsmaximen auf.“

Armgard ſtimmte zu. Krippenſtapel aber fuhr in
ſeinem Berichte fort und erzählte von Kluckhuhn, von
Uncke, von Elfriede; Sponholz werde in der nächſten
Woche zurückerwartet, und Koſeleger und die Prinzeſſin
ſeien ein Herz und eine Seele, ganz beſonders — und das
ſei das allerneueſte — ſeit man für ein Rettungshaus
ſammle. Seitens des Adels werde fleißig dazu bei¬
geſteuert; nur Molchow habe ſich geweigert: „ſo was
ſchaffe bloß Konfuſion“.

Um zwei traf man in Schloß Stechlin ein. Wolde¬
mar durchſchritt die verödeten Räume, verweilte kurze
Zeit in dem Sterbezimmer und ging dann in die Kirchen¬
gruft, um da den Kranz an des Vaters Sarge nieder¬
zulegen.

Am ſpäten Nachmittag erſchien auch Lorenzen und
ſprach zunächſt ſein Bedauern aus, daß er einer Amts¬
handlung halber (Koſſäth Zſchocke habe ſich wieder
verheiratet) nicht habe kommen können. Er blieb dann
noch den Abend über und erzählte vielerlei, zuletzt auch
von dem, was er dem Alten feierlich habe verſprechen
müſſen.

Woldemar lächelte dabei. „Die Zukunft liegt alſo
bei dir.“

Und unter dieſen Worten reichte er Armgard die
Hand.


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[514/0521] ſchaffen will, ſo wird meiſt nichts draus. Da werden nur Heuchelei und Ziererei geboren. Eigner freier Ent¬ ſchluß wiegt hundert Erziehungsmaximen auf.“ Armgard ſtimmte zu. Krippenſtapel aber fuhr in ſeinem Berichte fort und erzählte von Kluckhuhn, von Uncke, von Elfriede; Sponholz werde in der nächſten Woche zurückerwartet, und Koſeleger und die Prinzeſſin ſeien ein Herz und eine Seele, ganz beſonders — und das ſei das allerneueſte — ſeit man für ein Rettungshaus ſammle. Seitens des Adels werde fleißig dazu bei¬ geſteuert; nur Molchow habe ſich geweigert: „ſo was ſchaffe bloß Konfuſion“. Um zwei traf man in Schloß Stechlin ein. Wolde¬ mar durchſchritt die verödeten Räume, verweilte kurze Zeit in dem Sterbezimmer und ging dann in die Kirchen¬ gruft, um da den Kranz an des Vaters Sarge nieder¬ zulegen. Am ſpäten Nachmittag erſchien auch Lorenzen und ſprach zunächſt ſein Bedauern aus, daß er einer Amts¬ handlung halber (Koſſäth Zſchocke habe ſich wieder verheiratet) nicht habe kommen können. Er blieb dann noch den Abend über und erzählte vielerlei, zuletzt auch von dem, was er dem Alten feierlich habe verſprechen müſſen. Woldemar lächelte dabei. „Die Zukunft liegt alſo bei dir.“ Und unter dieſen Worten reichte er Armgard die Hand.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/521>, abgerufen am 29.03.2024.