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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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Ehrentage fahren zu dürfen. Was denn auch ohne
weiteres bewilligt worden war. Als der Wagen aus
der Behren- in die Wilhelmsstraße einbog, gab es
einen Ruck oder Schlag, ohne daß ein Stoß von unten
her verspürt worden wäre.

"Damm," sagte der Groom. "What's that?"

"Wat et is? Wat soll et sind, Kleener? En
Steen is et; en doter Feldwebel."

"Oh no, Baarsch. Nich stone. 't was something
. . dear me . . like shooting."

"Schuting? Na nu."

"Yes; pistol-shooting . ."

Aber der Satz kam nicht mehr zu Ende, denn
der Wagen hielt vor Schachs Wohnung, und der
Groom sprang in Angst und Eile vom Bock, um
seinem Herrn beim Aussteigen behilflich zu sein. Er
öffnete den Wagenschlag, ein dichter Qualm schlug ihm
entgegen, und Schach saß aufrecht in der Ecke, nur wenig
zurückgelehnt. Auf dem Teppich zu seinen Füßen lag
das Pistol. Entsetzt warf der Kleine den Schlag wieder
ins Schloß und jammerte: "Heavens, he is dead."

Die Wirtsleute wurden alarmiert, und so trugen
sie den Toten in seine Wohnung hinauf.

Baarsch fluchte und flennte, und schob alles auf
die "Menschheit", weil ers aufs Heiraten zu schieben
nicht den Mut hatte. Denn er war eine diplomatische
Natur wie alle Bauern.


Ehrentage fahren zu dürfen. Was denn auch ohne
weiteres bewilligt worden war. Als der Wagen aus
der Behren- in die Wilhelmsſtraße einbog, gab es
einen Ruck oder Schlag, ohne daß ein Stoß von unten
her verſpürt worden wäre.

„Damm,“ ſagte der Groom. „What's that?“

„Wat et is? Wat ſoll et ſind, Kleener? En
Steen is et; en doter Feldwebel.“

„Oh no, Baarſch. Nich stone. 't was something
. . dear me . . like shooting.“

„Schuting? Na nu.“

„Yes; pistol-shooting . .“

Aber der Satz kam nicht mehr zu Ende, denn
der Wagen hielt vor Schachs Wohnung, und der
Groom ſprang in Angſt und Eile vom Bock, um
ſeinem Herrn beim Ausſteigen behilflich zu ſein. Er
öffnete den Wagenſchlag, ein dichter Qualm ſchlug ihm
entgegen, und Schach ſaß aufrecht in der Ecke, nur wenig
zurückgelehnt. Auf dem Teppich zu ſeinen Füßen lag
das Piſtol. Entſetzt warf der Kleine den Schlag wieder
ins Schloß und jammerte: „Heavens, he is dead.“

Die Wirtsleute wurden alarmiert, und ſo trugen
ſie den Toten in ſeine Wohnung hinauf.

Baarſch fluchte und flennte, und ſchob alles auf
die „Menſchheit“, weil ers aufs Heiraten zu ſchieben
nicht den Mut hatte. Denn er war eine diplomatiſche
Natur wie alle Bauern.


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[218/0230] Ehrentage fahren zu dürfen. Was denn auch ohne weiteres bewilligt worden war. Als der Wagen aus der Behren- in die Wilhelmsſtraße einbog, gab es einen Ruck oder Schlag, ohne daß ein Stoß von unten her verſpürt worden wäre. „Damm,“ ſagte der Groom. „What's that?“ „Wat et is? Wat ſoll et ſind, Kleener? En Steen is et; en doter Feldwebel.“ „Oh no, Baarſch. Nich stone. 't was something . . dear me . . like shooting.“ „Schuting? Na nu.“ „Yes; pistol-shooting . .“ Aber der Satz kam nicht mehr zu Ende, denn der Wagen hielt vor Schachs Wohnung, und der Groom ſprang in Angſt und Eile vom Bock, um ſeinem Herrn beim Ausſteigen behilflich zu ſein. Er öffnete den Wagenſchlag, ein dichter Qualm ſchlug ihm entgegen, und Schach ſaß aufrecht in der Ecke, nur wenig zurückgelehnt. Auf dem Teppich zu ſeinen Füßen lag das Piſtol. Entſetzt warf der Kleine den Schlag wieder ins Schloß und jammerte: „Heavens, he is dead.“ Die Wirtsleute wurden alarmiert, und ſo trugen ſie den Toten in ſeine Wohnung hinauf. Baarſch fluchte und flennte, und ſchob alles auf die „Menſchheit“, weil ers aufs Heiraten zu ſchieben nicht den Mut hatte. Denn er war eine diplomatiſche Natur wie alle Bauern.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/230>, abgerufen am 29.03.2024.