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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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Carayons Salon, wo bei dem Thema ,Hannibal
ante portas
' Ähnliches über meine Lippen kam?
Schach tadelte mich damals als unpatriotisch. Un¬
patriotisch! Die Warner sind noch immer bei diesem
Namen genannt worden. Und nun! Was ich da¬
mals als etwas blos Wahrscheinliches vor Augen
hatte, jetzt ist es thatsächlich da. Der Krieg ist
erklärt. Und was das bedeutet, steht in aller Deut¬
lichkeit vor meiner Seele. Wir werden an derselben
Welt des Scheins zugrunde gehn, an der Schach
zugrunde gegangen ist. Ihr Bülow.

Nachschrift. Dohna (früher bei der Garde du
Corps), mit dem ich eben über die Schachsche Sache
gesprochen habe, hat eine Lesart, die mich an frühere
Nostitzsche Mitteilungen erinnerte. Schach habe die
Mutter geliebt, was ihn, in einer Ehe mit der Tochter,
in seltsam peinliche Herzenskonflikte geführt haben
würde. Schreiben Sie mir doch darüber. Ich
persönlich sind es pikant, aber nicht zutreffend. Schachs
Eitelkeit hat ihn zeitlebens bei voller Herzenskühle
gehalten, und seine Vorstellungen von Ehre (hier aus¬
nahmsweise die richtige) würden ihn außerdem, wenn
er die Ehe mit der Tochter wirklich geschlossen hätte,
vor jedem faux pas gesichert haben. B.


Carayons Salon, wo bei dem Thema ‚Hannibal
ante portas
‘ Ähnliches über meine Lippen kam?
Schach tadelte mich damals als unpatriotiſch. Un¬
patriotiſch! Die Warner ſind noch immer bei dieſem
Namen genannt worden. Und nun! Was ich da¬
mals als etwas blos Wahrſcheinliches vor Augen
hatte, jetzt iſt es thatſächlich da. Der Krieg iſt
erklärt. Und was das bedeutet, ſteht in aller Deut¬
lichkeit vor meiner Seele. Wir werden an derſelben
Welt des Scheins zugrunde gehn, an der Schach
zugrunde gegangen iſt. Ihr Bülow.

Nachſchrift. Dohna (früher bei der Garde du
Corps), mit dem ich eben über die Schachſche Sache
geſprochen habe, hat eine Lesart, die mich an frühere
Noſtitzſche Mitteilungen erinnerte. Schach habe die
Mutter geliebt, was ihn, in einer Ehe mit der Tochter,
in ſeltſam peinliche Herzenskonflikte geführt haben
würde. Schreiben Sie mir doch darüber. Ich
perſönlich ſind es pikant, aber nicht zutreffend. Schachs
Eitelkeit hat ihn zeitlebens bei voller Herzenskühle
gehalten, und ſeine Vorſtellungen von Ehre (hier aus¬
nahmsweiſe die richtige) würden ihn außerdem, wenn
er die Ehe mit der Tochter wirklich geſchloſſen hätte,
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[223/0235] Carayons Salon, wo bei dem Thema ‚Hannibal ante portas‘ Ähnliches über meine Lippen kam? Schach tadelte mich damals als unpatriotiſch. Un¬ patriotiſch! Die Warner ſind noch immer bei dieſem Namen genannt worden. Und nun! Was ich da¬ mals als etwas blos Wahrſcheinliches vor Augen hatte, jetzt iſt es thatſächlich da. Der Krieg iſt erklärt. Und was das bedeutet, ſteht in aller Deut¬ lichkeit vor meiner Seele. Wir werden an derſelben Welt des Scheins zugrunde gehn, an der Schach zugrunde gegangen iſt. Ihr Bülow. Nachſchrift. Dohna (früher bei der Garde du Corps), mit dem ich eben über die Schachſche Sache geſprochen habe, hat eine Lesart, die mich an frühere Noſtitzſche Mitteilungen erinnerte. Schach habe die Mutter geliebt, was ihn, in einer Ehe mit der Tochter, in ſeltſam peinliche Herzenskonflikte geführt haben würde. Schreiben Sie mir doch darüber. Ich perſönlich ſind es pikant, aber nicht zutreffend. Schachs Eitelkeit hat ihn zeitlebens bei voller Herzenskühle gehalten, und ſeine Vorſtellungen von Ehre (hier aus¬ nahmsweiſe die richtige) würden ihn außerdem, wenn er die Ehe mit der Tochter wirklich geſchloſſen hätte, vor jedem faux pas geſichert haben. B.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/235>, abgerufen am 19.04.2024.