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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898.

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Drittes Kapitel.

Wie mir die bethanischen Tage vergingen.

Mein Leben mit den zwei Diakonissinnen war ein Idyll, wie's nicht schöner gedacht werden konnte: Friede, Freundlichkeit, Freudigkeit. In ruhigen Tagen, so viel muß ich zugestehen, wär' es mir des Idylls vielleicht zu viel geworden, aber daran war in der Zeit vom Sommer 48 bis Herbst 49 gar nicht zu denken und was Th. Storm in einem seiner schönsten Gedichte von seinem Käthner auf der schleswig-holsteinischen Heide singt:

Kein Ton der aufgeregten Zeit
Drang noch in seine Einsamkeit

- das war so ziemlich das Letzte, was von meinem damaligen Leben gesagt werden konnte. Rings um mich her erklang beinah unausgesetzt der "Ton der aufgeregten Zeit". Wie schon erzählt, gleich am Tage meines Einzugs in Bethanien, bataillierte die Bürgerwehr auf dem Köpnickerfelde, dann stürmte

Drittes Kapitel.

Wie mir die bethanischen Tage vergingen.

Mein Leben mit den zwei Diakonissinnen war ein Idyll, wie’s nicht schöner gedacht werden konnte: Friede, Freundlichkeit, Freudigkeit. In ruhigen Tagen, so viel muß ich zugestehen, wär’ es mir des Idylls vielleicht zu viel geworden, aber daran war in der Zeit vom Sommer 48 bis Herbst 49 gar nicht zu denken und was Th. Storm in einem seiner schönsten Gedichte von seinem Käthner auf der schleswig-holsteinischen Heide singt:

Kein Ton der aufgeregten Zeit
Drang noch in seine Einsamkeit

– das war so ziemlich das Letzte, was von meinem damaligen Leben gesagt werden konnte. Rings um mich her erklang beinah unausgesetzt der „Ton der aufgeregten Zeit“. Wie schon erzählt, gleich am Tage meines Einzugs in Bethanien, bataillierte die Bürgerwehr auf dem Köpnickerfelde, dann stürmte

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[655/0664] Drittes Kapitel. Wie mir die bethanischen Tage vergingen. Mein Leben mit den zwei Diakonissinnen war ein Idyll, wie’s nicht schöner gedacht werden konnte: Friede, Freundlichkeit, Freudigkeit. In ruhigen Tagen, so viel muß ich zugestehen, wär’ es mir des Idylls vielleicht zu viel geworden, aber daran war in der Zeit vom Sommer 48 bis Herbst 49 gar nicht zu denken und was Th. Storm in einem seiner schönsten Gedichte von seinem Käthner auf der schleswig-holsteinischen Heide singt: Kein Ton der aufgeregten Zeit Drang noch in seine Einsamkeit – das war so ziemlich das Letzte, was von meinem damaligen Leben gesagt werden konnte. Rings um mich her erklang beinah unausgesetzt der „Ton der aufgeregten Zeit“. Wie schon erzählt, gleich am Tage meines Einzugs in Bethanien, bataillierte die Bürgerwehr auf dem Köpnickerfelde, dann stürmte

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Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T10:02:20Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Rahel Gajaneh Hartz: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T10:02:20Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig. Autobiographisches. Hrsg. von der Theodor Fontane-Arbeitsstelle, Universität Göttingen. Bandbearbeiter: Wolfgang Rasch. Berlin 2014 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das autobiographische Werk, Bd. 3]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/664>, abgerufen am 24.04.2024.