Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
alle jüngere Officiers, (die nicht mit uns speisten,) diesem Leckerbissen mit sehn-1774.
Septem-
ber.

suchtsvollen Appetit nach, und priesen uns, die wir daran Theil hatten, des-
halb so glücklich, daß es selbst einem Wilden, geschweige denn ihren lebhafter füh-
lenden Cameraden, hätte weh thun mögen! Dem Sauerkraut welches wir am
Bord hatten muß es allein zugeschrieben werden, daß der Scorbut nicht
stärker einriß, doch waren unsre Umstände, auch ohne dieses Ue-
bel schon kläglich und bedauernswürdig genug. Am Abend über-
fiel uns eine Windstille, ehe wir noch zwischen den Riefen heraus
waren. Dies setzte uns in die größte Gefahr, weil Fluth und Ströhmung das
Schif gegen die Klippen trieben, wir aber keinem von beyden Einhalt thun
konnten, indem mit 150 Faden nirgends Grund zu finden war! In die-
ser Verlegenheit erblickten wir, um halb acht Uhr, gegen Norden, eine Feuer-
kugel, die an Größe und Glanz der Sonne glich, jedoch von etwas blasserm
Lichte war. Nach wenig Augenblicken borst sie, und hinterließ viel helle Fun-
ken, wovon die größten länglich-rund, und, eh wirs uns versahen, unter den
Horizont herab gesunken waren. Eine bläuliche Flamme folgte und bezeichnete
den Lauf dieser Feuerkugel, auch wollten einige, während ihres Herabfallens,
ein Zischen gehört haben. Indeß wir über die Ursachen und Würkun-
gen dieses Meteors nachdachten, erscholl bereits unter den Matrosen ein Jauch-
zen, daß jetzt bald ein frischer Wind entstehen würde, und, es sey nun Zufall
oder sonst einige natürliche Verbindung zwischen diesem Phänomen und der
Atmosphäre; genug ihre Prophezeihungen giengen noch dieselbe Nacht in Er-
füllung. Es erhob sich nemlich ein starker Wind, der am folgenden MorgenOctober
den 1.

südlich wurde, und uns erlaubte, Ost bey Süd und Süd-Süd-ostwärts, von Neu-
Caledonien
weg zu steuern.

Diese Insel ist unter allen zwischen den Wendezirkeln bisher
entdeckten, Eylanden der Südsee die größeste. Die Südseite derselben haben
wir gänzlich ununtersucht lassen müssen, und auch von der nördlichen ward, in der
kurzen Zeit die wir an diese Entdeckung wenden konnten, nicht mehr als die Richtung
und äußere Gestalt der Küste erforscht. Die Thiere, Pflanzen und Mineralien die-
ses Landes sind uns beynahe völlig unbekannt geblieben, und bieten künftigen Natur-
forschern ein weites Feld von Entdeckungen dar. Cypressen haben wir nur allein am

Forster's Reise u. die W. zweyter Theil. X x

in den Jahren 1772 bis 1775.
alle juͤngere Officiers, (die nicht mit uns ſpeiſten,) dieſem Leckerbiſſen mit ſehn-1774.
Septem-
ber.

ſuchtsvollen Appetit nach, und prieſen uns, die wir daran Theil hatten, des-
halb ſo gluͤcklich, daß es ſelbſt einem Wilden, geſchweige denn ihren lebhafter fuͤh-
lenden Cameraden, haͤtte weh thun moͤgen! Dem Sauerkraut welches wir am
Bord hatten muß es allein zugeſchrieben werden, daß der Scorbut nicht
ſtaͤrker einriß, doch waren unſre Umſtaͤnde, auch ohne dieſes Ue-
bel ſchon klaͤglich und bedauernswuͤrdig genug. Am Abend uͤber-
fiel uns eine Windſtille, ehe wir noch zwiſchen den Riefen heraus
waren. Dies ſetzte uns in die groͤßte Gefahr, weil Fluth und Stroͤhmung das
Schif gegen die Klippen trieben, wir aber keinem von beyden Einhalt thun
konnten, indem mit 150 Faden nirgends Grund zu finden war! In die-
ſer Verlegenheit erblickten wir, um halb acht Uhr, gegen Norden, eine Feuer-
kugel, die an Groͤße und Glanz der Sonne glich, jedoch von etwas blaſſerm
Lichte war. Nach wenig Augenblicken borſt ſie, und hinterließ viel helle Fun-
ken, wovon die groͤßten laͤnglich-rund, und, eh wirs uns verſahen, unter den
Horizont herab geſunken waren. Eine blaͤuliche Flamme folgte und bezeichnete
den Lauf dieſer Feuerkugel, auch wollten einige, waͤhrend ihres Herabfallens,
ein Ziſchen gehoͤrt haben. Indeß wir uͤber die Urſachen und Wuͤrkun-
gen dieſes Meteors nachdachten, erſcholl bereits unter den Matroſen ein Jauch-
zen, daß jetzt bald ein friſcher Wind entſtehen wuͤrde, und, es ſey nun Zufall
oder ſonſt einige natuͤrliche Verbindung zwiſchen dieſem Phaͤnomen und der
Atmosphaͤre; genug ihre Prophezeihungen giengen noch dieſelbe Nacht in Er-
fuͤllung. Es erhob ſich nemlich ein ſtarker Wind, der am folgenden MorgenOctober
den 1.

ſuͤdlich wurde, und uns erlaubte, Oſt bey Suͤd und Suͤd-Suͤd-oſtwaͤrts, von Neu-
Caledonien
weg zu ſteuern.

Dieſe Inſel iſt unter allen zwiſchen den Wendezirkeln bisher
entdeckten, Eylanden der Suͤdſee die groͤßeſte. Die Suͤdſeite derſelben haben
wir gaͤnzlich ununterſucht laſſen muͤſſen, und auch von der noͤrdlichen ward, in der
kurzen Zeit die wir an dieſe Entdeckung wenden konnten, nicht mehr als die Richtung
und aͤußere Geſtalt der Kuͤſte erforſcht. Die Thiere, Pflanzen und Mineralien die-
ſes Landes ſind uns beynahe voͤllig unbekannt geblieben, und bieten kuͤnftigen Natur-
forſchern ein weites Feld von Entdeckungen dar. Cypreſſen haben wir nur allein am

Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Theil. X x
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0363" n="345"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
alle ju&#x0364;ngere Officiers, (die nicht mit uns &#x017F;pei&#x017F;ten,) die&#x017F;em Leckerbi&#x017F;&#x017F;en mit &#x017F;ehn-<note place="right">1774.<lb/>
Septem-<lb/>
ber.</note><lb/>
&#x017F;uchtsvollen Appetit nach, und prie&#x017F;en uns, die wir daran Theil hatten, des-<lb/>
halb &#x017F;o glu&#x0364;cklich, daß es &#x017F;elb&#x017F;t einem Wilden, ge&#x017F;chweige denn ihren lebhafter fu&#x0364;h-<lb/>
lenden Cameraden, ha&#x0364;tte weh thun mo&#x0364;gen! Dem Sauerkraut welches wir am<lb/>
Bord hatten muß es allein zuge&#x017F;chrieben werden, daß der Scorbut nicht<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;rker einriß, doch waren un&#x017F;re Um&#x017F;ta&#x0364;nde, auch <hi rendition="#fr">ohne</hi> die&#x017F;es Ue-<lb/>
bel &#x017F;chon kla&#x0364;glich und bedauernswu&#x0364;rdig genug. Am Abend u&#x0364;ber-<lb/>
fiel uns eine Wind&#x017F;tille, ehe wir noch zwi&#x017F;chen den Riefen heraus<lb/>
waren. Dies &#x017F;etzte uns in die gro&#x0364;ßte Gefahr, weil Fluth und Stro&#x0364;hmung das<lb/>
Schif gegen die Klippen trieben, wir aber keinem von beyden Einhalt thun<lb/>
konnten, indem mit 150 Faden nirgends Grund zu finden war! In die-<lb/>
&#x017F;er Verlegenheit erblickten wir, um halb acht Uhr, gegen Norden, eine Feuer-<lb/>
kugel, die an Gro&#x0364;ße und Glanz der Sonne glich, jedoch von etwas bla&#x017F;&#x017F;erm<lb/>
Lichte war. Nach wenig Augenblicken bor&#x017F;t &#x017F;ie, und hinterließ viel helle Fun-<lb/>
ken, wovon die gro&#x0364;ßten la&#x0364;nglich-rund, und, eh wirs uns ver&#x017F;ahen, unter den<lb/>
Horizont herab ge&#x017F;unken waren. Eine bla&#x0364;uliche Flamme folgte und bezeichnete<lb/>
den Lauf die&#x017F;er Feuerkugel, auch wollten einige, wa&#x0364;hrend ihres Herabfallens,<lb/>
ein Zi&#x017F;chen geho&#x0364;rt haben. Indeß wir u&#x0364;ber die Ur&#x017F;achen und Wu&#x0364;rkun-<lb/>
gen die&#x017F;es Meteors nachdachten, er&#x017F;choll bereits unter den Matro&#x017F;en ein Jauch-<lb/>
zen, daß jetzt bald ein fri&#x017F;cher Wind ent&#x017F;tehen wu&#x0364;rde, und, es &#x017F;ey nun Zufall<lb/>
oder &#x017F;on&#x017F;t einige natu&#x0364;rliche Verbindung zwi&#x017F;chen die&#x017F;em Pha&#x0364;nomen und der<lb/>
Atmospha&#x0364;re; genug ihre Prophezeihungen giengen noch die&#x017F;elbe Nacht in Er-<lb/>
fu&#x0364;llung. Es erhob &#x017F;ich nemlich ein &#x017F;tarker Wind, der am folgenden Morgen<note place="right">October<lb/>
den 1.</note><lb/>
&#x017F;u&#x0364;dlich wurde, und uns erlaubte, O&#x017F;t bey Su&#x0364;d und Su&#x0364;d-Su&#x0364;d-o&#x017F;twa&#x0364;rts, von <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-<lb/>
Caledonien</placeName></hi> weg zu &#x017F;teuern.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e In&#x017F;el i&#x017F;t unter allen zwi&#x017F;chen den Wendezirkeln bisher<lb/>
entdeckten, Eylanden der <placeName>Su&#x0364;d&#x017F;ee</placeName> die gro&#x0364;ße&#x017F;te. Die Su&#x0364;d&#x017F;eite der&#x017F;elben haben<lb/>
wir ga&#x0364;nzlich ununter&#x017F;ucht la&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und auch von der no&#x0364;rdlichen ward, in der<lb/>
kurzen Zeit die wir an die&#x017F;e Entdeckung wenden konnten, nicht mehr als die Richtung<lb/>
und a&#x0364;ußere Ge&#x017F;talt der Ku&#x0364;&#x017F;te erfor&#x017F;cht. Die Thiere, Pflanzen und Mineralien die-<lb/>
&#x017F;es Landes &#x017F;ind uns beynahe vo&#x0364;llig unbekannt geblieben, und bieten ku&#x0364;nftigen Natur-<lb/>
for&#x017F;chern ein weites Feld von Entdeckungen dar. Cypre&#x017F;&#x017F;en haben wir nur allein am<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e u. die W. zweyter Theil.</hi> X x</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0363] in den Jahren 1772 bis 1775. alle juͤngere Officiers, (die nicht mit uns ſpeiſten,) dieſem Leckerbiſſen mit ſehn- ſuchtsvollen Appetit nach, und prieſen uns, die wir daran Theil hatten, des- halb ſo gluͤcklich, daß es ſelbſt einem Wilden, geſchweige denn ihren lebhafter fuͤh- lenden Cameraden, haͤtte weh thun moͤgen! Dem Sauerkraut welches wir am Bord hatten muß es allein zugeſchrieben werden, daß der Scorbut nicht ſtaͤrker einriß, doch waren unſre Umſtaͤnde, auch ohne dieſes Ue- bel ſchon klaͤglich und bedauernswuͤrdig genug. Am Abend uͤber- fiel uns eine Windſtille, ehe wir noch zwiſchen den Riefen heraus waren. Dies ſetzte uns in die groͤßte Gefahr, weil Fluth und Stroͤhmung das Schif gegen die Klippen trieben, wir aber keinem von beyden Einhalt thun konnten, indem mit 150 Faden nirgends Grund zu finden war! In die- ſer Verlegenheit erblickten wir, um halb acht Uhr, gegen Norden, eine Feuer- kugel, die an Groͤße und Glanz der Sonne glich, jedoch von etwas blaſſerm Lichte war. Nach wenig Augenblicken borſt ſie, und hinterließ viel helle Fun- ken, wovon die groͤßten laͤnglich-rund, und, eh wirs uns verſahen, unter den Horizont herab geſunken waren. Eine blaͤuliche Flamme folgte und bezeichnete den Lauf dieſer Feuerkugel, auch wollten einige, waͤhrend ihres Herabfallens, ein Ziſchen gehoͤrt haben. Indeß wir uͤber die Urſachen und Wuͤrkun- gen dieſes Meteors nachdachten, erſcholl bereits unter den Matroſen ein Jauch- zen, daß jetzt bald ein friſcher Wind entſtehen wuͤrde, und, es ſey nun Zufall oder ſonſt einige natuͤrliche Verbindung zwiſchen dieſem Phaͤnomen und der Atmosphaͤre; genug ihre Prophezeihungen giengen noch dieſelbe Nacht in Er- fuͤllung. Es erhob ſich nemlich ein ſtarker Wind, der am folgenden Morgen ſuͤdlich wurde, und uns erlaubte, Oſt bey Suͤd und Suͤd-Suͤd-oſtwaͤrts, von Neu- Caledonien weg zu ſteuern. 1774. Septem- ber. October den 1. Dieſe Inſel iſt unter allen zwiſchen den Wendezirkeln bisher entdeckten, Eylanden der Suͤdſee die groͤßeſte. Die Suͤdſeite derſelben haben wir gaͤnzlich ununterſucht laſſen muͤſſen, und auch von der noͤrdlichen ward, in der kurzen Zeit die wir an dieſe Entdeckung wenden konnten, nicht mehr als die Richtung und aͤußere Geſtalt der Kuͤſte erforſcht. Die Thiere, Pflanzen und Mineralien die- ſes Landes ſind uns beynahe voͤllig unbekannt geblieben, und bieten kuͤnftigen Natur- forſchern ein weites Feld von Entdeckungen dar. Cypreſſen haben wir nur allein am Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Theil. X x

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/363
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/363>, abgerufen am 19.04.2024.