Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Zeit erwachen, wo Glück und Liebe Hand in Hand gingen. Als Du mir einige Jahre darauf, nachdem ich lange kinderlos blieb, vom Himmel geschenkt wardst, beschloß die Gräfin sogleich eure Verbindung. Dieser Gedanke beschäftigte sie angenehm und ließ sie den Verlust eigner Glückseligkeit weniger empfinden. Wie sie alles an sich zog, was sie gewinnen wollte, so hingst auch Du mit solcher Liebe an ihr, daß Du nie von ihrem Arm fortzulocken warst, und jener Augenblick, der noch in Deiner Erinnrung lebt, war einer von den vielen, wo sie Deine Aufmerksamkeit durch Gesang und Erzählung fesselte, ohnerachtet noch kein festes Bild in dir haften konnte. So verfloß uns die Zeit in Hoffnung und Glauben an eine heitre Zukunft unsrer Kinder, als ich bei der Gräfin ein trübes Nachdenken wahrnahm, das sie häufig von allem Aeußern abzog. Sie verschloß sich Stundenlang in ihr Kabinet und ging öfter als gewöhnlich zur Messe ins benachbarte Kloster. Einst begleiteten ihr Gemahl und ich sie dorthin. Auf dem Wege sprachen wir über die seltsame Lage des Gebäudes, das in sumpfigem Grunde, von Klippen umgeben, recht wider Gewohnheit der Klöster, öde dasteht. Darüber, sagte der Graf, giebt die Geschichte meines Hauses völligen Aufschluß, und wenn auch der dumpfe Glaube meines Ahnherrn manches

Zeit erwachen, wo Glück und Liebe Hand in Hand gingen. Als Du mir einige Jahre darauf, nachdem ich lange kinderlos blieb, vom Himmel geschenkt wardst, beschloß die Gräfin sogleich eure Verbindung. Dieser Gedanke beschäftigte sie angenehm und ließ sie den Verlust eigner Glückseligkeit weniger empfinden. Wie sie alles an sich zog, was sie gewinnen wollte, so hingst auch Du mit solcher Liebe an ihr, daß Du nie von ihrem Arm fortzulocken warst, und jener Augenblick, der noch in Deiner Erinnrung lebt, war einer von den vielen, wo sie Deine Aufmerksamkeit durch Gesang und Erzählung fesselte, ohnerachtet noch kein festes Bild in dir haften konnte. So verfloß uns die Zeit in Hoffnung und Glauben an eine heitre Zukunft unsrer Kinder, als ich bei der Gräfin ein trübes Nachdenken wahrnahm, das sie häufig von allem Aeußern abzog. Sie verschloß sich Stundenlang in ihr Kabinet und ging öfter als gewöhnlich zur Messe ins benachbarte Kloster. Einst begleiteten ihr Gemahl und ich sie dorthin. Auf dem Wege sprachen wir über die seltsame Lage des Gebäudes, das in sumpfigem Grunde, von Klippen umgeben, recht wider Gewohnheit der Klöster, öde dasteht. Darüber, sagte der Graf, giebt die Geschichte meines Hauses völligen Aufschluß, und wenn auch der dumpfe Glaube meines Ahnherrn manches

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="19"/>
Zeit erwachen, wo Glück und Liebe Hand in Hand gingen. Als Du mir einige Jahre darauf, nachdem ich lange kinderlos blieb, vom Himmel geschenkt wardst, beschloß die Gräfin sogleich eure Verbindung. Dieser Gedanke beschäftigte sie angenehm und ließ sie den Verlust eigner Glückseligkeit weniger empfinden. Wie sie alles an sich zog, was sie gewinnen wollte, so hingst auch Du mit solcher Liebe an ihr, daß Du nie von ihrem Arm fortzulocken warst, und jener Augenblick, der noch in Deiner Erinnrung lebt, war einer von den vielen, wo sie Deine Aufmerksamkeit durch Gesang und Erzählung fesselte, ohnerachtet noch kein festes Bild in dir haften konnte. So verfloß uns die Zeit in Hoffnung und Glauben an eine heitre Zukunft unsrer Kinder, als ich bei der Gräfin ein trübes Nachdenken wahrnahm, das sie häufig von allem Aeußern abzog. Sie verschloß sich Stundenlang in ihr Kabinet und ging öfter als gewöhnlich zur Messe ins benachbarte Kloster. Einst begleiteten ihr Gemahl und ich sie dorthin. Auf dem Wege sprachen wir über die seltsame Lage des Gebäudes, das in sumpfigem Grunde, von Klippen umgeben, recht wider Gewohnheit der Klöster, öde dasteht. Darüber, sagte der Graf, giebt die Geschichte meines Hauses völligen Aufschluß, und wenn auch der dumpfe Glaube meines Ahnherrn manches
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0027] Zeit erwachen, wo Glück und Liebe Hand in Hand gingen. Als Du mir einige Jahre darauf, nachdem ich lange kinderlos blieb, vom Himmel geschenkt wardst, beschloß die Gräfin sogleich eure Verbindung. Dieser Gedanke beschäftigte sie angenehm und ließ sie den Verlust eigner Glückseligkeit weniger empfinden. Wie sie alles an sich zog, was sie gewinnen wollte, so hingst auch Du mit solcher Liebe an ihr, daß Du nie von ihrem Arm fortzulocken warst, und jener Augenblick, der noch in Deiner Erinnrung lebt, war einer von den vielen, wo sie Deine Aufmerksamkeit durch Gesang und Erzählung fesselte, ohnerachtet noch kein festes Bild in dir haften konnte. So verfloß uns die Zeit in Hoffnung und Glauben an eine heitre Zukunft unsrer Kinder, als ich bei der Gräfin ein trübes Nachdenken wahrnahm, das sie häufig von allem Aeußern abzog. Sie verschloß sich Stundenlang in ihr Kabinet und ging öfter als gewöhnlich zur Messe ins benachbarte Kloster. Einst begleiteten ihr Gemahl und ich sie dorthin. Auf dem Wege sprachen wir über die seltsame Lage des Gebäudes, das in sumpfigem Grunde, von Klippen umgeben, recht wider Gewohnheit der Klöster, öde dasteht. Darüber, sagte der Graf, giebt die Geschichte meines Hauses völligen Aufschluß, und wenn auch der dumpfe Glaube meines Ahnherrn manches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/27
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/27>, abgerufen am 19.04.2024.