Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Geh', gutes Kind, sagte er plötzlich mit verändertem Ton, geh' - Du thust mir wehe, unaussprechlich wehe. Luise stand scheu und zagend auf. Wohin gehst du? fragte er sanft. Zu meiner einsamen Wohnung, erwiederte sie, wo ich Niemand, ach Niemand mehr habe als meinen Gram. O Julius! rief sie, vor ihm niederknieend, Du weißst, ich bin nun ganz allein, gieb mir Deinen Segen, sage, daß Du mir nicht fluchst, damit Dein Andenken wieder rein in mir leben und Du mir dennoch schützend zur Seite stehn mögest! Niemals, niemals! rief er, sie heftig an seine Brust drückend, wird dies Herz eine feindliche Regung kennen! Wie sollte ich Dir fluchen, ohne mich selbst nicht tausendfach zu verwunden! Wie könnte ich Dein Bild vergiften, was mich, wie der Maienmorgen unsrer Kindheit, hell und friedlich ansieht! Nein, Du armes, verwaistes Kind, meine Liebe kann Dich nie verlassen! sie erfleht Dir den Segen des Himmels, der Dich jetzt geleiten möge! Er sagte diese letzten Worte leise, mit erstickter Stimme, indem er sich sanft aus ihren Armen wand. Luise schwankte zur Thür. Lebe wohl, ach lebe wohl, Du schönes Traumgesicht! rief er noch einmal im heftigsten Kampf. Luise machte eine Bewegung, zu ihm zurückzukehren; aber er verhüllte das Gesicht, als scheue er ihren Anblick. Lebe wohl, mein Julius,

Geh’, gutes Kind, sagte er plötzlich mit verändertem Ton, geh’ – Du thust mir wehe, unaussprechlich wehe. Luise stand scheu und zagend auf. Wohin gehst du? fragte er sanft. Zu meiner einsamen Wohnung, erwiederte sie, wo ich Niemand, ach Niemand mehr habe als meinen Gram. O Julius! rief sie, vor ihm niederknieend, Du weißst, ich bin nun ganz allein, gieb mir Deinen Segen, sage, daß Du mir nicht fluchst, damit Dein Andenken wieder rein in mir leben und Du mir dennoch schützend zur Seite stehn mögest! Niemals, niemals! rief er, sie heftig an seine Brust drückend, wird dies Herz eine feindliche Regung kennen! Wie sollte ich Dir fluchen, ohne mich selbst nicht tausendfach zu verwunden! Wie könnte ich Dein Bild vergiften, was mich, wie der Maienmorgen unsrer Kindheit, hell und friedlich ansieht! Nein, Du armes, verwaistes Kind, meine Liebe kann Dich nie verlassen! sie erfleht Dir den Segen des Himmels, der Dich jetzt geleiten möge! Er sagte diese letzten Worte leise, mit erstickter Stimme, indem er sich sanft aus ihren Armen wand. Luise schwankte zur Thür. Lebe wohl, ach lebe wohl, Du schönes Traumgesicht! rief er noch einmal im heftigsten Kampf. Luise machte eine Bewegung, zu ihm zurückzukehren; aber er verhüllte das Gesicht, als scheue er ihren Anblick. Lebe wohl, mein Julius,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0042" n="40"/>
Geh&#x2019;, gutes Kind, sagte er plötzlich mit verändertem Ton, geh&#x2019; &#x2013; Du thust mir wehe, unaussprechlich wehe. Luise stand scheu und zagend auf. Wohin gehst du? fragte er sanft. Zu meiner einsamen Wohnung, erwiederte sie, wo ich Niemand, ach Niemand mehr habe als meinen Gram. O Julius! rief sie, vor ihm niederknieend, Du weißst, ich bin nun ganz allein, gieb mir Deinen Segen, sage, daß Du mir nicht fluchst, damit Dein Andenken wieder rein in mir leben und Du mir dennoch schützend zur Seite stehn mögest! Niemals, niemals! rief er, sie heftig an seine Brust drückend, wird dies Herz eine feindliche Regung kennen! Wie sollte ich Dir fluchen, ohne mich selbst nicht tausendfach zu verwunden! Wie könnte ich Dein Bild vergiften, was mich, wie der Maienmorgen unsrer Kindheit, hell und friedlich ansieht! Nein, Du armes, verwaistes Kind, meine Liebe kann Dich nie verlassen! sie erfleht Dir den Segen des Himmels, der Dich jetzt geleiten möge! Er sagte diese letzten Worte leise, mit erstickter Stimme, indem er sich sanft aus ihren Armen wand. Luise schwankte zur Thür. Lebe wohl, ach lebe wohl, Du schönes Traumgesicht! rief er noch einmal im heftigsten Kampf. Luise machte eine Bewegung, zu ihm zurückzukehren; aber er verhüllte das Gesicht, als scheue er ihren Anblick. Lebe wohl, mein Julius,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0042] Geh’, gutes Kind, sagte er plötzlich mit verändertem Ton, geh’ – Du thust mir wehe, unaussprechlich wehe. Luise stand scheu und zagend auf. Wohin gehst du? fragte er sanft. Zu meiner einsamen Wohnung, erwiederte sie, wo ich Niemand, ach Niemand mehr habe als meinen Gram. O Julius! rief sie, vor ihm niederknieend, Du weißst, ich bin nun ganz allein, gieb mir Deinen Segen, sage, daß Du mir nicht fluchst, damit Dein Andenken wieder rein in mir leben und Du mir dennoch schützend zur Seite stehn mögest! Niemals, niemals! rief er, sie heftig an seine Brust drückend, wird dies Herz eine feindliche Regung kennen! Wie sollte ich Dir fluchen, ohne mich selbst nicht tausendfach zu verwunden! Wie könnte ich Dein Bild vergiften, was mich, wie der Maienmorgen unsrer Kindheit, hell und friedlich ansieht! Nein, Du armes, verwaistes Kind, meine Liebe kann Dich nie verlassen! sie erfleht Dir den Segen des Himmels, der Dich jetzt geleiten möge! Er sagte diese letzten Worte leise, mit erstickter Stimme, indem er sich sanft aus ihren Armen wand. Luise schwankte zur Thür. Lebe wohl, ach lebe wohl, Du schönes Traumgesicht! rief er noch einmal im heftigsten Kampf. Luise machte eine Bewegung, zu ihm zurückzukehren; aber er verhüllte das Gesicht, als scheue er ihren Anblick. Lebe wohl, mein Julius,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/42
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/42>, abgerufen am 28.03.2024.