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Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812.

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Ueberfluß verscheuchte Fleiß und Betriebsamkeit und den stillen Genuß sittigen Erwerbs. Die Aecker lagen aufgewühlt, zerstampft, tief gleisete Wege führten achtlos darüber hin. Auf den Weinbergen rankte sich ein wild wucherndes Gewächs zwischen überhangendem Unkraut hin, Planken und Pfähle waren ausgerissen, Winzerwohnungen umgestürtzt, die schwellende Traube schüttete ihren Segen in den Schooß der Erde, keine Hand wollte sie pflücken, in keinen Becher perlte der bescheidene Most, so lange reiche Keller ihre Schätze hergaben und schäumende Feuerströme das trockene Gehirn der Menge entzündeten. Und aus all den verwandelten Umgebungen starrte ein neues Geschlecht mit verwilderten Blicken hervor. Sehr mannigfach und in seltsamer Verzerrung war dessen Erscheinen! Auf das Empörendste trieben viehische Rohheit und bettelhafter Trotz ihr wüstes Spiel unter Männern und Frauen. Bewaffnete und verstümmelte Weiber schleppten sich in wilden Haufen umher, hielten Wegelagerung und waren die grausamsten Verfolgerinnen ihrer Beute. Spindel und Nadel ruheten, das Schwerdt half ertrozzen, was diese mühsam erwarben. Aber mehr noch als Geldgier und Rache war Mißtrauen das Schreckensgespenst, das vor jeglichem herging, und mit seinem Pesthauch die Lebensluft vergiftete.

Ueberfluß verscheuchte Fleiß und Betriebsamkeit und den stillen Genuß sittigen Erwerbs. Die Aecker lagen aufgewühlt, zerstampft, tief gleisete Wege führten achtlos darüber hin. Auf den Weinbergen rankte sich ein wild wucherndes Gewächs zwischen überhangendem Unkraut hin, Planken und Pfähle waren ausgerissen, Winzerwohnungen umgestürtzt, die schwellende Traube schüttete ihren Segen in den Schooß der Erde, keine Hand wollte sie pflücken, in keinen Becher perlte der bescheidene Most, so lange reiche Keller ihre Schätze hergaben und schäumende Feuerströme das trockene Gehirn der Menge entzündeten. Und aus all den verwandelten Umgebungen starrte ein neues Geschlecht mit verwilderten Blicken hervor. Sehr mannigfach und in seltsamer Verzerrung war dessen Erscheinen! Auf das Empörendste trieben viehische Rohheit und bettelhafter Trotz ihr wüstes Spiel unter Männern und Frauen. Bewaffnete und verstümmelte Weiber schleppten sich in wilden Haufen umher, hielten Wegelagerung und waren die grausamsten Verfolgerinnen ihrer Beute. Spindel und Nadel ruheten, das Schwerdt half ertrozzen, was diese mühsam erwarben. Aber mehr noch als Geldgier und Rache war Mißtrauen das Schreckensgespenst, das vor jeglichem herging, und mit seinem Pesthauch die Lebensluft vergiftete.

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Ueberfluß verscheuchte Fleiß und Betriebsamkeit und den stillen Genuß sittigen Erwerbs. Die Aecker lagen aufgewühlt, zerstampft, tief gleisete Wege führten achtlos darüber hin. Auf den Weinbergen rankte sich ein wild wucherndes Gewächs zwischen überhangendem Unkraut hin, Planken und Pfähle waren ausgerissen, Winzerwohnungen umgestürtzt, die schwellende Traube schüttete ihren Segen in den Schooß der Erde, keine Hand wollte sie pflücken, in keinen Becher perlte der bescheidene Most, so lange reiche Keller ihre Schätze hergaben und schäumende Feuerströme das trockene Gehirn der Menge entzündeten. Und aus all den verwandelten Umgebungen starrte ein neues Geschlecht mit verwilderten Blicken hervor. Sehr mannigfach und in seltsamer Verzerrung war dessen Erscheinen! Auf das Empörendste trieben viehische Rohheit und bettelhafter Trotz ihr wüstes Spiel unter Männern und Frauen. Bewaffnete und verstümmelte Weiber schleppten sich in wilden Haufen umher, hielten Wegelagerung und waren die grausamsten Verfolgerinnen ihrer Beute. Spindel und Nadel ruheten, das Schwerdt half ertrozzen, was diese mühsam erwarben. Aber mehr noch als Geldgier und Rache war Mißtrauen das Schreckensgespenst, das vor jeglichem herging, und mit seinem Pesthauch die Lebensluft vergiftete.
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[27/0034] Ueberfluß verscheuchte Fleiß und Betriebsamkeit und den stillen Genuß sittigen Erwerbs. Die Aecker lagen aufgewühlt, zerstampft, tief gleisete Wege führten achtlos darüber hin. Auf den Weinbergen rankte sich ein wild wucherndes Gewächs zwischen überhangendem Unkraut hin, Planken und Pfähle waren ausgerissen, Winzerwohnungen umgestürtzt, die schwellende Traube schüttete ihren Segen in den Schooß der Erde, keine Hand wollte sie pflücken, in keinen Becher perlte der bescheidene Most, so lange reiche Keller ihre Schätze hergaben und schäumende Feuerströme das trockene Gehirn der Menge entzündeten. Und aus all den verwandelten Umgebungen starrte ein neues Geschlecht mit verwilderten Blicken hervor. Sehr mannigfach und in seltsamer Verzerrung war dessen Erscheinen! Auf das Empörendste trieben viehische Rohheit und bettelhafter Trotz ihr wüstes Spiel unter Männern und Frauen. Bewaffnete und verstümmelte Weiber schleppten sich in wilden Haufen umher, hielten Wegelagerung und waren die grausamsten Verfolgerinnen ihrer Beute. Spindel und Nadel ruheten, das Schwerdt half ertrozzen, was diese mühsam erwarben. Aber mehr noch als Geldgier und Rache war Mißtrauen das Schreckensgespenst, das vor jeglichem herging, und mit seinem Pesthauch die Lebensluft vergiftete.

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Magie der Natur. In: Kleine Romanenbibliothek von und für Damen. Berlin, 1812, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_magie_1812/34>, abgerufen am 29.03.2024.