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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

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Achtes Kapitel.

Der Tag nach der Hochzeit.



Ein frisches Morgenlicht weckte die jungen Ehe-
leute. Undine verbarg sich schaamhaft unter
ihre Decken, und Huldbrand lag still sinnend
vor sich hin. So oft er in der Nacht einge-
schlafen war, hatten ihn wunderlich grausende
Träume verstört, von Gespenstern, die sich heim-
lich grinzend in schöne Frauen zu verkleiden streb-
ten, von schönen Frauen, die mit einem Male
Drachenangesichter bekamen. Und wenn er von
den häßlichen Gebilden in die Höhe fuhr, stand
das Mondlicht bleich und kalt draußen vor den
Fenstern; entsetzt blickte er nach Undinen, an
deren Busen er eingeschlafen war, und die in
unverwandelter Schönheit und Anmuth neben


Achtes Kapitel.

Der Tag nach der Hochzeit.



Ein friſches Morgenlicht weckte die jungen Ehe-
leute. Undine verbarg ſich ſchaamhaft unter
ihre Decken, und Huldbrand lag ſtill ſinnend
vor ſich hin. So oft er in der Nacht einge-
ſchlafen war, hatten ihn wunderlich grauſende
Traͤume verſtoͤrt, von Geſpenſtern, die ſich heim-
lich grinzend in ſchoͤne Frauen zu verkleiden ſtreb-
ten, von ſchoͤnen Frauen, die mit einem Male
Drachenangeſichter bekamen. Und wenn er von
den haͤßlichen Gebilden in die Hoͤhe fuhr, ſtand
das Mondlicht bleich und kalt draußen vor den
Fenſtern; entſetzt blickte er nach Undinen, an
deren Buſen er eingeſchlafen war, und die in
unverwandelter Schoͤnheit und Anmuth neben

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[77/0091] Achtes Kapitel. Der Tag nach der Hochzeit. Ein friſches Morgenlicht weckte die jungen Ehe- leute. Undine verbarg ſich ſchaamhaft unter ihre Decken, und Huldbrand lag ſtill ſinnend vor ſich hin. So oft er in der Nacht einge- ſchlafen war, hatten ihn wunderlich grauſende Traͤume verſtoͤrt, von Geſpenſtern, die ſich heim- lich grinzend in ſchoͤne Frauen zu verkleiden ſtreb- ten, von ſchoͤnen Frauen, die mit einem Male Drachenangeſichter bekamen. Und wenn er von den haͤßlichen Gebilden in die Hoͤhe fuhr, ſtand das Mondlicht bleich und kalt draußen vor den Fenſtern; entſetzt blickte er nach Undinen, an deren Buſen er eingeſchlafen war, und die in unverwandelter Schoͤnheit und Anmuth neben

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Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/91>, abgerufen am 28.03.2024.