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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der zwantzigste Discurs/
gezeiget/ und den Glantz der Christlichen Lehre gleichsam auf dem Rucken
(wie der Erichthonius den grossen hellen Stern (Capella) mit sich gefüh-
ret und frey öffentlich bekennet.

Herrn Wei-
gelii Christ-
liche Erin-
nerungen/
bey den Na-
men und
Bildern der
Sterne.
Nach allen diesen Asterismis/ finden sich unter den Septentrionali-
schen noch zwischen dem Drachen und dem untersten Theil deß Thierkrei-
ses folgende Asterismi/ und zwar nechst dem Kopff deß geflügelten Pfer-
des Delphin/ kurtz darauf der Adler/ welcher einen auf dem Altar knien-
den Knaben ergreiffet/ und gleichsam in die Höhe zu führen/ angefasset
hat. Jenen Asterismus/ der Delphin/ erinnert uns der heiligen Tauffe/
welche in der durch den Pegasus bedeuteten Christlichen Lehre das erste
Sacrament ist: Heraach der auf dem Altar kniende Knabe Antinous
(welchen der Käiser Adrianus seiner Schönheit halber so lieb gehabt) er-
innert uns deß Sacraments deß Altars/ dabey der Adler den Glauben
anzeiget/ dadurch wir uns zu GOtt schwingen/ und also das Sacrament
würdiglich geniessen.

Uber jenem Asterismo/ nahe an dem Drachen/ in der Galaxie oder
Milch-Strassen/ findet sich der Schwan/ wird sonst/ (weil seine Sternen
ein Creutz darstellen) Crux Christi, das Christliche Creutz genennet. Die-
ses erinnert uns der Versuchung und Verfolgung deß alten Drachen/
welcher uns immer nachschleichet/ weil wir allhier/ in dieser zarten Milch-
Strassen unsers Christenthums wandeln. Jtem deß Creutzes/ welches
ein jeder getauffter Christ muß über sich nehmen/ und dem HErrn Chri-
sto nachtragen.

Uber diesem aber/ nemlich dem Adler/ sihet man den mit niderge-
schlagenen und zusammen gethanen Flügeln gleichsam ruhenden Geyer/
an dessen Halse die poetische Leyer hanget/ mit einem schönen hellen Stern
gezieret: Dieser erinnert uns der Ruhe deß Gewissens/ welche ein ge-
tauffter und mit dem heiligen Sacrament erquickter Christ/ bey sich befin-
det/ nechst dem hellen Liecht deß Verstandes/ so ihm aus dem Wort Got-
tes/ nachdem selbiges/ als die geistliche wolklingende Harpffe immer an
seinem Halse hänget/ und in seinen Gedancken erschallet/ in dem Hertzen
entstehet/ dadurch er auch alle Versuchung der alten Schlangen verach-
ten/ und vor derselben Nachschleichen gesichert seyn kan.

Weiter sind noch übrig der Hercules/ der Schlangenträger und die
Crone/ der Hercules stehet mit den Füssen auf dem Drachen/ ist aber
gleichsam von ihm umgeworffen/ und fällt vom Polus-Punct herab/ dar-
um er auch am Himmel prolapsus, der Umgeworffene genannt wird.
Dieser erinnert uns/ daß die menschlichen Kräffte/ wenn sie gleich in welt-
lichen Sachen etwas verrichten können/ dennoch in geistlichen nichts ver-

mögen/

Der zwantzigſte Discurs/
gezeiget/ und den Glantz der Chriſtlichen Lehre gleichſam auf dem Rucken
(wie der Erichthonius den groſſen hellen Stern (Capella) mit ſich gefuͤh-
ret und frey oͤffentlich bekennet.

Herꝛn Wei-
gelii Chriſt-
liche Erin-
nerungen/
bey den Na-
men und
Bildern der
Sterne.
Nach allen dieſen Aſterismis/ finden ſich unter den Septentrionali-
ſchen noch zwiſchen dem Drachen und dem unterſten Theil deß Thierkrei-
ſes folgende Aſterismi/ und zwar nechſt dem Kopff deß gefluͤgelten Pfer-
des Delphin/ kurtz darauf der Adler/ welcher einen auf dem Altar knien-
den Knaben ergreiffet/ und gleichſam in die Hoͤhe zu fuͤhren/ angefaſſet
hat. Jenen Aſterismus/ der Delphin/ erinnert uns der heiligen Tauffe/
welche in der durch den Pegaſus bedeuteten Chriſtlichen Lehre das erſte
Sacrament iſt: Heraach der auf dem Altar kniende Knabe Antinous
(welchen der Kaͤiſer Adrianus ſeiner Schoͤnheit halber ſo lieb gehabt) er-
innert uns deß Sacraments deß Altars/ dabey der Adler den Glauben
anzeiget/ dadurch wir uns zu GOtt ſchwingen/ und alſo das Sacrament
wuͤrdiglich genieſſen.

Uber jenem Aſterismo/ nahe an dem Drachen/ in der Galaxie oder
Milch-Straſſen/ findet ſich der Schwan/ wird ſonſt/ (weil ſeine Sternen
ein Creutz darſtellen) Crux Chriſti, das Chriſtliche Creutz genennet. Die-
ſes erinnert uns der Verſuchung und Verfolgung deß alten Drachen/
welcher uns immer nachſchleichet/ weil wir allhier/ in dieſer zarten Milch-
Straſſen unſers Chriſtenthums wandeln. Jtem deß Creutzes/ welches
ein jeder getauffter Chriſt muß uͤber ſich nehmen/ und dem HErꝛn Chri-
ſto nachtragen.

Uber dieſem aber/ nemlich dem Adler/ ſihet man den mit niderge-
ſchlagenen und zuſammen gethanen Fluͤgeln gleichſam ruhenden Geyer/
an deſſen Halſe die poetiſche Leyer hanget/ mit einem ſchoͤnen hellen Stern
gezieret: Dieſer erinnert uns der Ruhe deß Gewiſſens/ welche ein ge-
tauffter und mit dem heiligen Sacrament erquickter Chriſt/ bey ſich befin-
det/ nechſt dem hellen Liecht deß Verſtandes/ ſo ihm aus dem Wort Got-
tes/ nachdem ſelbiges/ als die geiſtliche wolklingende Harpffe immer an
ſeinem Halſe haͤnget/ und in ſeinen Gedancken erſchallet/ in dem Hertzen
entſtehet/ dadurch er auch alle Verſuchung der alten Schlangen verach-
ten/ und vor derſelben Nachſchleichen geſichert ſeyn kan.

Weiter ſind noch uͤbrig der Hercules/ der Schlangentraͤger und die
Crone/ der Hercules ſtehet mit den Fuͤſſen auf dem Drachen/ iſt aber
gleichſam von ihm umgeworffen/ und faͤllt vom Polus-Punct herab/ dar-
um er auch am Himmel prolapſus, der Umgeworffene genannt wird.
Dieſer erinnert uns/ daß die menſchlichen Kraͤffte/ wenn ſie gleich in welt-
lichen Sachen etwas verrichten koͤnnen/ dennoch in geiſtlichen nichts ver-

moͤgen/
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[1090/1160] Der zwantzigſte Discurs/ gezeiget/ und den Glantz der Chriſtlichen Lehre gleichſam auf dem Rucken (wie der Erichthonius den groſſen hellen Stern (Capella) mit ſich gefuͤh- ret und frey oͤffentlich bekennet. Nach allen dieſen Aſterismis/ finden ſich unter den Septentrionali- ſchen noch zwiſchen dem Drachen und dem unterſten Theil deß Thierkrei- ſes folgende Aſterismi/ und zwar nechſt dem Kopff deß gefluͤgelten Pfer- des Delphin/ kurtz darauf der Adler/ welcher einen auf dem Altar knien- den Knaben ergreiffet/ und gleichſam in die Hoͤhe zu fuͤhren/ angefaſſet hat. Jenen Aſterismus/ der Delphin/ erinnert uns der heiligen Tauffe/ welche in der durch den Pegaſus bedeuteten Chriſtlichen Lehre das erſte Sacrament iſt: Heraach der auf dem Altar kniende Knabe Antinous (welchen der Kaͤiſer Adrianus ſeiner Schoͤnheit halber ſo lieb gehabt) er- innert uns deß Sacraments deß Altars/ dabey der Adler den Glauben anzeiget/ dadurch wir uns zu GOtt ſchwingen/ und alſo das Sacrament wuͤrdiglich genieſſen. Herꝛn Wei- gelii Chriſt- liche Erin- nerungen/ bey den Na- men und Bildern der Sterne. Uber jenem Aſterismo/ nahe an dem Drachen/ in der Galaxie oder Milch-Straſſen/ findet ſich der Schwan/ wird ſonſt/ (weil ſeine Sternen ein Creutz darſtellen) Crux Chriſti, das Chriſtliche Creutz genennet. Die- ſes erinnert uns der Verſuchung und Verfolgung deß alten Drachen/ welcher uns immer nachſchleichet/ weil wir allhier/ in dieſer zarten Milch- Straſſen unſers Chriſtenthums wandeln. Jtem deß Creutzes/ welches ein jeder getauffter Chriſt muß uͤber ſich nehmen/ und dem HErꝛn Chri- ſto nachtragen. Uber dieſem aber/ nemlich dem Adler/ ſihet man den mit niderge- ſchlagenen und zuſammen gethanen Fluͤgeln gleichſam ruhenden Geyer/ an deſſen Halſe die poetiſche Leyer hanget/ mit einem ſchoͤnen hellen Stern gezieret: Dieſer erinnert uns der Ruhe deß Gewiſſens/ welche ein ge- tauffter und mit dem heiligen Sacrament erquickter Chriſt/ bey ſich befin- det/ nechſt dem hellen Liecht deß Verſtandes/ ſo ihm aus dem Wort Got- tes/ nachdem ſelbiges/ als die geiſtliche wolklingende Harpffe immer an ſeinem Halſe haͤnget/ und in ſeinen Gedancken erſchallet/ in dem Hertzen entſtehet/ dadurch er auch alle Verſuchung der alten Schlangen verach- ten/ und vor derſelben Nachſchleichen geſichert ſeyn kan. Weiter ſind noch uͤbrig der Hercules/ der Schlangentraͤger und die Crone/ der Hercules ſtehet mit den Fuͤſſen auf dem Drachen/ iſt aber gleichſam von ihm umgeworffen/ und faͤllt vom Polus-Punct herab/ dar- um er auch am Himmel prolapſus, der Umgeworffene genannt wird. Dieſer erinnert uns/ daß die menſchlichen Kraͤffte/ wenn ſie gleich in welt- lichen Sachen etwas verrichten koͤnnen/ dennoch in geiſtlichen nichts ver- moͤgen/

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1090. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1160>, abgerufen am 29.03.2024.