Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

"Fräulein Hardine!" rief sie, "Mann, wer war
Fräulein Hardine?"

"Ein Frauenzimmer, groß und schwarz, wie Du,
Lisette," versetzte, von dem Eifer seiner Frau belustigt,
der Invalid. "Wenn die alte Beckern recht hat, meine
Frau, oder Fräulein Mama."

"Und die alte Beckern, wer war die?"

"Die Waschfrau der Anstalt und eine Klatsche."

"Fräulein Hardine! Ein Fräulein, keine Mam¬
sell! Eine Adlige sonach."

"Kann sein. Ihr Vater war ein kurfürstlicher
Major."

"Sein Name --?"

"Hab' ihn niemals nennen hören; vielleicht auch
vergessen. Die Tochter hieß bei Allen schlechtweg
Fräulein Hardine."

Frau Lisette saß eine Weile in stillen Gedan¬
ken, dann rückte sie hervor mit einem kriegslistigen
Plan.

"Gieb mir die Pfeife, daß ich sie Dir stopfe, Gustel,"
sagte sie munter; "und da noch ein Glas, das den
Kopf aufräumt. Nun aber erzähle mir einmal hübsch
im Zusammenhange Alles, was Du aus Deinen Kin¬
derjahren behalten hast. So wenig es sein mag, -- man

„Fräulein Hardine!“ rief ſie, „Mann, wer war
Fräulein Hardine?“

„Ein Frauenzimmer, groß und ſchwarz, wie Du,
Liſette,“ verſetzte, von dem Eifer ſeiner Frau beluſtigt,
der Invalid. „Wenn die alte Beckern recht hat, meine
Frau, oder Fräulein Mama.“

„Und die alte Beckern, wer war die?“

„Die Waſchfrau der Anſtalt und eine Klatſche.“

„Fräulein Hardine! Ein Fräulein, keine Mam¬
ſell! Eine Adlige ſonach.“

„Kann ſein. Ihr Vater war ein kurfürſtlicher
Major.“

„Sein Name —?“

„Hab' ihn niemals nennen hören; vielleicht auch
vergeſſen. Die Tochter hieß bei Allen ſchlechtweg
Fräulein Hardine.“

Frau Liſette ſaß eine Weile in ſtillen Gedan¬
ken, dann rückte ſie hervor mit einem kriegsliſtigen
Plan.

„Gieb mir die Pfeife, daß ich ſie Dir ſtopfe, Guſtel,“
ſagte ſie munter; „und da noch ein Glas, das den
Kopf aufräumt. Nun aber erzähle mir einmal hübſch
im Zuſammenhange Alles, was Du aus Deinen Kin¬
derjahren behalten haſt. So wenig es ſein mag, — man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0017" n="10"/>
        <p>&#x201E;Fräulein Hardine!&#x201C; rief &#x017F;ie, &#x201E;Mann, wer war<lb/>
Fräulein Hardine?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ein Frauenzimmer, groß und &#x017F;chwarz, wie Du,<lb/>
Li&#x017F;ette,&#x201C; ver&#x017F;etzte, von dem Eifer &#x017F;einer Frau belu&#x017F;tigt,<lb/>
der Invalid. &#x201E;Wenn die alte Beckern recht hat, meine<lb/>
Frau, oder Fräulein Mama.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Und die alte Beckern, wer war die?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Wa&#x017F;chfrau der An&#x017F;talt und eine Klat&#x017F;che.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Fräulein Hardine! Ein Fräulein, keine Mam¬<lb/>
&#x017F;ell! Eine Adlige &#x017F;onach.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Kann &#x017F;ein. Ihr Vater war ein kurfür&#x017F;tlicher<lb/>
Major.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sein Name &#x2014;?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hab' ihn niemals nennen hören; vielleicht auch<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;en. Die Tochter hieß bei Allen &#x017F;chlechtweg<lb/>
Fräulein Hardine.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Frau Li&#x017F;ette &#x017F;aß eine Weile in &#x017F;tillen Gedan¬<lb/>
ken, dann rückte &#x017F;ie hervor mit einem kriegsli&#x017F;tigen<lb/>
Plan.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gieb mir die Pfeife, daß ich &#x017F;ie Dir &#x017F;topfe, Gu&#x017F;tel,&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte &#x017F;ie munter; &#x201E;und da noch ein Glas, das den<lb/>
Kopf aufräumt. Nun aber erzähle mir einmal hüb&#x017F;ch<lb/>
im Zu&#x017F;ammenhange Alles, was Du aus Deinen Kin¬<lb/>
derjahren behalten ha&#x017F;t. So wenig es &#x017F;ein mag, &#x2014; man<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0017] „Fräulein Hardine!“ rief ſie, „Mann, wer war Fräulein Hardine?“ „Ein Frauenzimmer, groß und ſchwarz, wie Du, Liſette,“ verſetzte, von dem Eifer ſeiner Frau beluſtigt, der Invalid. „Wenn die alte Beckern recht hat, meine Frau, oder Fräulein Mama.“ „Und die alte Beckern, wer war die?“ „Die Waſchfrau der Anſtalt und eine Klatſche.“ „Fräulein Hardine! Ein Fräulein, keine Mam¬ ſell! Eine Adlige ſonach.“ „Kann ſein. Ihr Vater war ein kurfürſtlicher Major.“ „Sein Name —?“ „Hab' ihn niemals nennen hören; vielleicht auch vergeſſen. Die Tochter hieß bei Allen ſchlechtweg Fräulein Hardine.“ Frau Liſette ſaß eine Weile in ſtillen Gedan¬ ken, dann rückte ſie hervor mit einem kriegsliſtigen Plan. „Gieb mir die Pfeife, daß ich ſie Dir ſtopfe, Guſtel,“ ſagte ſie munter; „und da noch ein Glas, das den Kopf aufräumt. Nun aber erzähle mir einmal hübſch im Zuſammenhange Alles, was Du aus Deinen Kin¬ derjahren behalten haſt. So wenig es ſein mag, — man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/17
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/17>, abgerufen am 19.04.2024.