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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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wegen als eine Beckern und dergleichen in das Re¬
gister einzutragen brauchte. Notabene: insoferne der
Pastor mit Einem unter einer Decke steckt. Was
aber, frage ich, ist unser Herr Probst? Ein alter
guter Freund von Fräulein Hardinen. Wer hat Dich
heimlich bei Nacht und Nebel in das Waisenkloster
eingeschmuggelt, wer, frage ich? Fräulein Hardine.
Bist Du ein Soldatensohn wie die Anderen? Weiß
Einer überhaupt, wer Dein Vater gewesen ist? Siehst
Du aus wie von gemeinem Gezücht? Wie ein
Junker, August, wie ein Prinz siehst Du aus." --

"Wahrlich, ja wahrlichen Gott, wie ein Prinz!"
unterbrach Frau Lisette den Erzähler, eine stolze Röthe
über dem abgezehrten Gesicht, -- "Der Prinz hießest
Du, Prinz Gustel in der ganzen Legion!" --

Prinz Gustel schmunzelte nicht unempfindlich bei
dieser schmeichelhaften Erinnerung, hielt aber den
Faden seiner Mittheilung getreulich fest.

"Wer hat Dir eine halbe Freistelle ausge¬
wirkt?" fragte die Alte weiter. -- "Eine Mutter
etwa, die Wittwe ist? ein Vormund, ein Rath, oder
Amt? Gott bewahre, Fräulein Hardine. Wer bringt
dem Probst netto alle sechs Monate die Unkosten für
Deinen Unterhalt? Wer besucht Dich im Kloster?

wegen als eine Beckern und dergleichen in das Re¬
giſter einzutragen brauchte. Notabene: inſoferne der
Paſtor mit Einem unter einer Decke ſteckt. Was
aber, frage ich, iſt unſer Herr Probſt? Ein alter
guter Freund von Fräulein Hardinen. Wer hat Dich
heimlich bei Nacht und Nebel in das Waiſenkloſter
eingeſchmuggelt, wer, frage ich? Fräulein Hardine.
Biſt Du ein Soldatenſohn wie die Anderen? Weiß
Einer überhaupt, wer Dein Vater geweſen iſt? Siehſt
Du aus wie von gemeinem Gezücht? Wie ein
Junker, Auguſt, wie ein Prinz ſiehſt Du aus.“ —

„Wahrlich, ja wahrlichen Gott, wie ein Prinz!“
unterbrach Frau Liſette den Erzähler, eine ſtolze Röthe
über dem abgezehrten Geſicht, — „Der Prinz hießeſt
Du, Prinz Guſtel in der ganzen Legion!“ —

Prinz Guſtel ſchmunzelte nicht unempfindlich bei
dieſer ſchmeichelhaften Erinnerung, hielt aber den
Faden ſeiner Mittheilung getreulich feſt.

Wer hat Dir eine halbe Freiſtelle ausge¬
wirkt?“ fragte die Alte weiter. — „Eine Mutter
etwa, die Wittwe iſt? ein Vormund, ein Rath, oder
Amt? Gott bewahre, Fräulein Hardine. Wer bringt
dem Probſt netto alle ſechs Monate die Unkoſten für
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[29/0036] wegen als eine Beckern und dergleichen in das Re¬ giſter einzutragen brauchte. Notabene: inſoferne der Paſtor mit Einem unter einer Decke ſteckt. Was aber, frage ich, iſt unſer Herr Probſt? Ein alter guter Freund von Fräulein Hardinen. Wer hat Dich heimlich bei Nacht und Nebel in das Waiſenkloſter eingeſchmuggelt, wer, frage ich? Fräulein Hardine. Biſt Du ein Soldatenſohn wie die Anderen? Weiß Einer überhaupt, wer Dein Vater geweſen iſt? Siehſt Du aus wie von gemeinem Gezücht? Wie ein Junker, Auguſt, wie ein Prinz ſiehſt Du aus.“ — „Wahrlich, ja wahrlichen Gott, wie ein Prinz!“ unterbrach Frau Liſette den Erzähler, eine ſtolze Röthe über dem abgezehrten Geſicht, — „Der Prinz hießeſt Du, Prinz Guſtel in der ganzen Legion!“ — Prinz Guſtel ſchmunzelte nicht unempfindlich bei dieſer ſchmeichelhaften Erinnerung, hielt aber den Faden ſeiner Mittheilung getreulich feſt. „Wer hat Dir eine halbe Freiſtelle ausge¬ wirkt?“ fragte die Alte weiter. — „Eine Mutter etwa, die Wittwe iſt? ein Vormund, ein Rath, oder Amt? Gott bewahre, Fräulein Hardine. Wer bringt dem Probſt netto alle ſechs Monate die Unkoſten für Deinen Unterhalt? Wer beſucht Dich im Kloſter?

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/36>, abgerufen am 29.03.2024.