Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
Derselbe an Lisbeth Markwort.

Liebe Kleine! Eben geht Brief an den Alten ab. Ich hab' es ihm fein eingegeben; es wäre geradezu unhöflich, wenn er es mir abschlüge. Freue Dich, Lisbeth, die Flügel für Dich sind in Arbeit, und Du wirst sie in beliebiger Zeit anschnallen können.

Wenn ich nicht Abstinent wäre, tränk' ich mir heute jedenfalls einen Schwips; so werd' ich eine stramme Segeltour machen, das ist noch besser. Adieu, Lisbeth.

Dein Axel.


Pastor Markwort an Axel Lorenzen.

Mein Herr Neffe! Dein absonderliches Schreiben ist in meinen Händen, und ich gäbe viel darum, wenn ich in diesem Augenblick in Deinen Kopf hineinsehen könnte wie in diesen Brief. Es scheint darin eine konfuse Wirthschaft zu herrschen, die Worte: Elternautorität, Pietät, Vorstellung von echter deutscher Weiblichkeit u. s. w. scheinen darin gestrichen und allerlei absurde und widrige Worte des Wahns und der Unnatur an ihre Stelle getreten zu sein. In zweiter Linie berührt es mich höchst unangenehm und peinlich, daß zwischen Dir und meiner Tochter ein mir völlig unbekanntes Einverständniß herrscht. Du

Derselbe an Lisbeth Markwort.

Liebe Kleine! Eben geht Brief an den Alten ab. Ich hab’ es ihm fein eingegeben; es wäre geradezu unhöflich, wenn er es mir abschlüge. Freue Dich, Lisbeth, die Flügel für Dich sind in Arbeit, und Du wirst sie in beliebiger Zeit anschnallen können.

Wenn ich nicht Abstinent wäre, tränk’ ich mir heute jedenfalls einen Schwips; so werd’ ich eine stramme Segeltour machen, das ist noch besser. Adieu, Lisbeth.

Dein Axel.


Pastor Markwort an Axel Lorenzen.

Mein Herr Neffe! Dein absonderliches Schreiben ist in meinen Händen, und ich gäbe viel darum, wenn ich in diesem Augenblick in Deinen Kopf hineinsehen könnte wie in diesen Brief. Es scheint darin eine konfuse Wirthschaft zu herrschen, die Worte: Elternautorität, Pietät, Vorstellung von echter deutscher Weiblichkeit u. s. w. scheinen darin gestrichen und allerlei absurde und widrige Worte des Wahns und der Unnatur an ihre Stelle getreten zu sein. In zweiter Linie berührt es mich höchst unangenehm und peinlich, daß zwischen Dir und meiner Tochter ein mir völlig unbekanntes Einverständniß herrscht. Du

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0350" n="342"/>
        <div type="letter" n="2">
          <head>Derselbe an Lisbeth Markwort.</head>
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#right">Kopenhagen 1. November 1892.</hi> </dateline>
          </opener>
          <p>Liebe Kleine! Eben geht Brief an den Alten ab. Ich hab&#x2019; es ihm fein eingegeben; es wäre geradezu unhöflich, wenn er es mir abschlüge. Freue Dich, Lisbeth, die Flügel für Dich sind in Arbeit, und Du wirst sie in beliebiger Zeit anschnallen können.</p>
          <p>Wenn ich nicht Abstinent wäre, tränk&#x2019; ich mir heute jedenfalls einen Schwips; so werd&#x2019; ich eine stramme Segeltour machen, das ist noch besser. Adieu, Lisbeth.</p>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#right">Dein Axel.</hi> </salute>
          </closer>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="letter" n="2">
          <head>Pastor Markwort an Axel Lorenzen.</head>
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#right">Wedel, 5. November 1892.</hi> </dateline>
          </opener>
          <p>Mein Herr Neffe! Dein absonderliches Schreiben ist in meinen Händen, und ich gäbe viel darum, wenn ich in diesem Augenblick in Deinen Kopf hineinsehen könnte wie in diesen Brief. Es scheint darin eine konfuse Wirthschaft zu herrschen, die Worte: Elternautorität, Pietät, Vorstellung von echter deutscher Weiblichkeit u. s. w. scheinen darin gestrichen und allerlei absurde und widrige Worte des Wahns und der Unnatur an ihre Stelle getreten zu sein. In zweiter Linie berührt es mich höchst unangenehm und peinlich, daß zwischen Dir und meiner Tochter ein mir völlig unbekanntes Einverständniß herrscht. Du
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0350] Derselbe an Lisbeth Markwort. Kopenhagen 1. November 1892. Liebe Kleine! Eben geht Brief an den Alten ab. Ich hab’ es ihm fein eingegeben; es wäre geradezu unhöflich, wenn er es mir abschlüge. Freue Dich, Lisbeth, die Flügel für Dich sind in Arbeit, und Du wirst sie in beliebiger Zeit anschnallen können. Wenn ich nicht Abstinent wäre, tränk’ ich mir heute jedenfalls einen Schwips; so werd’ ich eine stramme Segeltour machen, das ist noch besser. Adieu, Lisbeth. Dein Axel. Pastor Markwort an Axel Lorenzen. Wedel, 5. November 1892. Mein Herr Neffe! Dein absonderliches Schreiben ist in meinen Händen, und ich gäbe viel darum, wenn ich in diesem Augenblick in Deinen Kopf hineinsehen könnte wie in diesen Brief. Es scheint darin eine konfuse Wirthschaft zu herrschen, die Worte: Elternautorität, Pietät, Vorstellung von echter deutscher Weiblichkeit u. s. w. scheinen darin gestrichen und allerlei absurde und widrige Worte des Wahns und der Unnatur an ihre Stelle getreten zu sein. In zweiter Linie berührt es mich höchst unangenehm und peinlich, daß zwischen Dir und meiner Tochter ein mir völlig unbekanntes Einverständniß herrscht. Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/350
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/350>, abgerufen am 28.03.2024.