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Frege, Gottlob: Über Sinn und Bedeutung. In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, N. F., Bd. 100/1 (1892), S. 25-50.

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der Wahrheitswerth sei die Bedeutung des Satzes, dessen Sinn
ein Gedanke ist.

Kehren wir nun zu unserm Ausgangspunkte zurück!

Wenn wir den Erkenntniswert von "a=a" und "a=b"
im Allgemeinen verschieden fanden, so erklärt sich das dadurch,
daß für den Erkenntniswerth der Sinn des Satzes, nämlich der
in ihm ausgedrückte Gedanke, nicht minder in Betracht kommt als
seine Bedeutung, das ist sein Wahrheitswerth. Wenn nun a=b
ist, so ist zwar die Bedeutung von "b" dieselbe wie die von "a"
und also auch der Wahrheitswerth von "a=b" derselbe wie von
"a=a". Trotzdem kann der Sinn von "b" von dem Sinne von
"a" verschieden sein, und mithin auch der in "a=b" ausgedrückte
Gedanke verschieden von dem "a=a" ausgedrückten sein; dann
haben beide Sätze auch nicht denselben Erkenntnißwerth. Wenn
wir wie oben unter "Urteil" verstehn den Fortschritt vom Ge¬
danken zu dessen Wahrheitswerthe, so werden wir auch sagen, daß
die Urteile verschieden sind.


[irrelevantes Material]

der Wahrheitswerth ſei die Bedeutung des Satzes, deſſen Sinn
ein Gedanke iſt.

Kehren wir nun zu unſerm Ausgangspunkte zurück!

Wenn wir den Erkenntniswert von „a=a“ und „a=b
im Allgemeinen verſchieden fanden, ſo erklärt ſich das dadurch,
daß für den Erkenntniswerth der Sinn des Satzes, nämlich der
in ihm ausgedrückte Gedanke, nicht minder in Betracht kommt als
ſeine Bedeutung, das iſt ſein Wahrheitswerth. Wenn nun a=b
iſt, ſo iſt zwar die Bedeutung von „b“ dieſelbe wie die von „a
und alſo auch der Wahrheitswerth von „a=b“ derſelbe wie von
a=a“. Trotzdem kann der Sinn von „b“ von dem Sinne von
a“ verſchieden ſein, und mithin auch der in „a=b“ ausgedrückte
Gedanke verſchieden von dem „a=a“ ausgedrückten ſein; dann
haben beide Sätze auch nicht denſelben Erkenntnißwerth. Wenn
wir wie oben unter „Urteil“ verſtehn den Fortſchritt vom Ge¬
danken zu deſſen Wahrheitswerthe, ſo werden wir auch ſagen, daß
die Urteile verſchieden ſind.


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[50/0046] der Wahrheitswerth ſei die Bedeutung des Satzes, deſſen Sinn ein Gedanke iſt. Kehren wir nun zu unſerm Ausgangspunkte zurück! Wenn wir den Erkenntniswert von „a=a“ und „a=b“ im Allgemeinen verſchieden fanden, ſo erklärt ſich das dadurch, daß für den Erkenntniswerth der Sinn des Satzes, nämlich der in ihm ausgedrückte Gedanke, nicht minder in Betracht kommt als ſeine Bedeutung, das iſt ſein Wahrheitswerth. Wenn nun a=b iſt, ſo iſt zwar die Bedeutung von „b“ dieſelbe wie die von „a“ und alſo auch der Wahrheitswerth von „a=b“ derſelbe wie von „a=a“. Trotzdem kann der Sinn von „b“ von dem Sinne von „a“ verſchieden ſein, und mithin auch der in „a=b“ ausgedrückte Gedanke verſchieden von dem „a=a“ ausgedrückten ſein; dann haben beide Sätze auch nicht denſelben Erkenntnißwerth. Wenn wir wie oben unter „Urteil“ verſtehn den Fortſchritt vom Ge¬ danken zu deſſen Wahrheitswerthe, ſo werden wir auch ſagen, daß die Urteile verſchieden ſind. _

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Zitationshilfe: Frege, Gottlob: Über Sinn und Bedeutung. In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, N. F., Bd. 100/1 (1892), S. 25-50, hier S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frege_sinn_1892/46>, abgerufen am 18.04.2024.