Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

Bild:
<< vorherige Seite

die Glieder; da entriß mein Oheim dem wei-
chenden Fähnrich das Panier: "Wer mich
liebt und die Ehre," rief er "der folge mir!
Freiheit und Sieg! Freiheit und Sieg!" Mit
diesen Worten stürmte er im raschen Laufe ge-
gen die feindliche Batterie vor. "Freiheit und
Sieg!" rief mein Vater; "Freiheit, Sieg und
unser Oberst!" tönte es durch alle Glieder. Man
stürmte ihm nach. Die Batterie war genom-
men, aber tödlich verwundet erreichte mein
edler Oheim das Ziel seiner Anstrengung. Ein
Schuß in die Brust hatte ihn schon im halben
Laufe getroffen. Er hielt die linke Hand fest
auf die Wunde gedrückt, um das fließende Blut
noch einige Augenblicke aufzuhalten, pflanzte
mit bebender Rechte die flatternde Fahne neben
dem feindlichen Geschütz auf, und sank dann
sterbend nieder. "Mein Wunsch ist erfüllt,"
sagte er mit schwacher Stimme, "der Sieg ist
unser. Freiheit und Menschenrechte habe ich
diesem dereinst glücklichem Lande erkämpfen hel-
fen. Weine nicht, mein Bruder, weinet nicht,
Kameraden, ich sterbe den schönsten Tod." Mit
diesen Worten hauchte der jugendliche Held in

*

die Glieder; da entriß mein Oheim dem wei-
chenden Faͤhnrich das Panier: „Wer mich
liebt und die Ehre,‟ rief er „der folge mir!
Freiheit und Sieg! Freiheit und Sieg!‟ Mit
dieſen Worten ſtuͤrmte er im raſchen Laufe ge-
gen die feindliche Batterie vor. „Freiheit und
Sieg!‟ rief mein Vater; „Freiheit, Sieg und
unſer Oberſt!‟ toͤnte es durch alle Glieder. Man
ſtuͤrmte ihm nach. Die Batterie war genom-
men, aber toͤdlich verwundet erreichte mein
edler Oheim das Ziel ſeiner Anſtrengung. Ein
Schuß in die Bruſt hatte ihn ſchon im halben
Laufe getroffen. Er hielt die linke Hand feſt
auf die Wunde gedruͤckt, um das fließende Blut
noch einige Augenblicke aufzuhalten, pflanzte
mit bebender Rechte die flatternde Fahne neben
dem feindlichen Geſchuͤtz auf, und ſank dann
ſterbend nieder. „Mein Wunſch iſt erfuͤllt,‟
ſagte er mit ſchwacher Stimme, „der Sieg iſt
unſer. Freiheit und Menſchenrechte habe ich
dieſem dereinſt gluͤcklichem Lande erkaͤmpfen hel-
fen. Weine nicht, mein Bruder, weinet nicht,
Kameraden, ich ſterbe den ſchoͤnſten Tod.‟ Mit
dieſen Worten hauchte der jugendliche Held in

*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0027" n="19"/>
die Glieder; da entriß mein Oheim dem wei-<lb/>
chenden Fa&#x0364;hnrich das Panier: &#x201E;Wer mich<lb/>
liebt und die Ehre,&#x201F; rief er &#x201E;der folge mir!<lb/>
Freiheit und Sieg! Freiheit und Sieg!&#x201F; Mit<lb/>
die&#x017F;en Worten &#x017F;tu&#x0364;rmte er im ra&#x017F;chen Laufe ge-<lb/>
gen die feindliche Batterie vor. &#x201E;Freiheit und<lb/>
Sieg!&#x201F; rief mein Vater; &#x201E;Freiheit, Sieg und<lb/>
un&#x017F;er Ober&#x017F;t!&#x201F; to&#x0364;nte es durch alle Glieder. Man<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rmte ihm nach. Die Batterie war genom-<lb/>
men, aber to&#x0364;dlich verwundet erreichte mein<lb/>
edler Oheim das Ziel &#x017F;einer An&#x017F;trengung. Ein<lb/>
Schuß in die Bru&#x017F;t hatte ihn &#x017F;chon im halben<lb/>
Laufe getroffen. Er hielt die linke Hand fe&#x017F;t<lb/>
auf die Wunde gedru&#x0364;ckt, um das fließende Blut<lb/>
noch einige Augenblicke aufzuhalten, pflanzte<lb/>
mit bebender Rechte die flatternde Fahne neben<lb/>
dem feindlichen Ge&#x017F;chu&#x0364;tz auf, und &#x017F;ank dann<lb/>
&#x017F;terbend nieder. &#x201E;Mein Wun&#x017F;ch i&#x017F;t erfu&#x0364;llt,&#x201F;<lb/>
&#x017F;agte er mit &#x017F;chwacher Stimme, &#x201E;der Sieg i&#x017F;t<lb/>
un&#x017F;er. Freiheit und Men&#x017F;chenrechte habe ich<lb/>
die&#x017F;em derein&#x017F;t glu&#x0364;cklichem Lande erka&#x0364;mpfen hel-<lb/>
fen. Weine nicht, mein Bruder, weinet nicht,<lb/>
Kameraden, ich &#x017F;terbe den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Tod.&#x201F; Mit<lb/>
die&#x017F;en Worten hauchte der jugendliche Held in<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0027] die Glieder; da entriß mein Oheim dem wei- chenden Faͤhnrich das Panier: „Wer mich liebt und die Ehre,‟ rief er „der folge mir! Freiheit und Sieg! Freiheit und Sieg!‟ Mit dieſen Worten ſtuͤrmte er im raſchen Laufe ge- gen die feindliche Batterie vor. „Freiheit und Sieg!‟ rief mein Vater; „Freiheit, Sieg und unſer Oberſt!‟ toͤnte es durch alle Glieder. Man ſtuͤrmte ihm nach. Die Batterie war genom- men, aber toͤdlich verwundet erreichte mein edler Oheim das Ziel ſeiner Anſtrengung. Ein Schuß in die Bruſt hatte ihn ſchon im halben Laufe getroffen. Er hielt die linke Hand feſt auf die Wunde gedruͤckt, um das fließende Blut noch einige Augenblicke aufzuhalten, pflanzte mit bebender Rechte die flatternde Fahne neben dem feindlichen Geſchuͤtz auf, und ſank dann ſterbend nieder. „Mein Wunſch iſt erfuͤllt,‟ ſagte er mit ſchwacher Stimme, „der Sieg iſt unſer. Freiheit und Menſchenrechte habe ich dieſem dereinſt gluͤcklichem Lande erkaͤmpfen hel- fen. Weine nicht, mein Bruder, weinet nicht, Kameraden, ich ſterbe den ſchoͤnſten Tod.‟ Mit dieſen Worten hauchte der jugendliche Held in *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/27
Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/27>, abgerufen am 25.04.2024.