Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 359.

Von den Chaldäern und Babyloniern hat man
noch wenigere Ueberbleibsel, und wenn sich nicht
die Nachricht des Kallisthenes, der mit dem Ale-
xander zu Babylon war, von ihren 1903 Jahr
alten Himmelsbeobachtungen, die also 2234
Jahr vor unserer Jahrzahl geschahen, durch an-
dere für uns erhalten hätte, so würden wir ihnen
ausser dem gemeinen Ruf, kaum einige gewisse
Himmelskunde beymessen dürfen; wie denn ihre
Särus, oder Jahrrechnungen noch immer be-
zweifelt werden. Von ihrer Erdkunde findet
man aber noch weniger. Doch ist des Berosus
Nachricht, daß in der ältesten Zeit ein Oannes
als ein Fischmensch, vielleicht als ein Schiffer,
aus dem rothen Meere zu ihnen gekommen sey,
und ihnen die ersten Buchstaben, samt ihren
Wisseuschaften mitgetheilet habe, ein Umstand,
der bey den alten Erdverwandlungen, oder dem
Einstürzen alter Länder, an mehreren Orten vor-
kommen konnte; wenn einige der alten Erdbürger
auf neuen Ländern, die schon wieder bewohnt wa-
ren, sichere Ansitze suchten. Was des Zoroasters
Arjemann oder bösen Mann, und Oromoses, oder
guten Mann betrift, gehört mehr in ihre Sitten-
lehre, als in ihre wahre Erdkunde. Hingegen
sagt Diodorus (*) deutlich, daß sie die Welt für
ewig und Gott unterwürfig gehalten, und ihr we-
der einen gewissen Ursprung noch Untergang bey-
gemessen, auch alle Vorgänge als Folgen aus ih-
rer Ordnung erklährt haben, und die Ankunft
der Kometen so gut als die Finsternissen angege-

ben,
(*) Diodorus Siculus von des 2ten B. 116 S. an.
§. 359.

Von den Chaldaͤern und Babyloniern hat man
noch wenigere Ueberbleibſel, und wenn ſich nicht
die Nachricht des Kallisthenes, der mit dem Ale-
xander zu Babylon war, von ihren 1903 Jahr
alten Himmelsbeobachtungen, die alſo 2234
Jahr vor unſerer Jahrzahl geſchahen, durch an-
dere fuͤr uns erhalten haͤtte, ſo wuͤrden wir ihnen
auſſer dem gemeinen Ruf, kaum einige gewiſſe
Himmelskunde beymeſſen duͤrfen; wie denn ihre
Saͤrus, oder Jahrrechnungen noch immer be-
zweifelt werden. Von ihrer Erdkunde findet
man aber noch weniger. Doch iſt des Beroſus
Nachricht, daß in der aͤlteſten Zeit ein Oannes
als ein Fiſchmenſch, vielleicht als ein Schiffer,
aus dem rothen Meere zu ihnen gekommen ſey,
und ihnen die erſten Buchſtaben, ſamt ihren
Wiſſeuſchaften mitgetheilet habe, ein Umſtand,
der bey den alten Erdverwandlungen, oder dem
Einſtuͤrzen alter Laͤnder, an mehreren Orten vor-
kommen konnte; wenn einige der alten Erdbuͤrger
auf neuen Laͤndern, die ſchon wieder bewohnt wa-
ren, ſichere Anſitze ſuchten. Was des Zoroaſters
Arjemann oder boͤſen Mann, und Oromoſes, oder
guten Mann betrift, gehoͤrt mehr in ihre Sitten-
lehre, als in ihre wahre Erdkunde. Hingegen
ſagt Diodorus (*) deutlich, daß ſie die Welt fuͤr
ewig und Gott unterwuͤrfig gehalten, und ihr we-
der einen gewiſſen Urſprung noch Untergang bey-
gemeſſen, auch alle Vorgaͤnge als Folgen aus ih-
rer Ordnung erklaͤhrt haben, und die Ankunft
der Kometen ſo gut als die Finſterniſſen angege-

ben,
(*) Diodorus Siculus von des 2ten B. 116 S. an.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0262" n="250"/>
        <div n="2">
          <head>§. 359.</head><lb/>
          <p>Von den Chalda&#x0364;ern und Babyloniern hat man<lb/>
noch wenigere Ueberbleib&#x017F;el, und wenn &#x017F;ich nicht<lb/>
die Nachricht des Kallisthenes, der mit dem Ale-<lb/>
xander zu Babylon war, von ihren 1903 Jahr<lb/>
alten Himmelsbeobachtungen, die al&#x017F;o 2234<lb/>
Jahr vor un&#x017F;erer Jahrzahl ge&#x017F;chahen, durch an-<lb/>
dere fu&#x0364;r uns erhalten ha&#x0364;tte, &#x017F;o wu&#x0364;rden wir ihnen<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er dem gemeinen Ruf, kaum einige gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Himmelskunde beyme&#x017F;&#x017F;en du&#x0364;rfen; wie denn ihre<lb/>
Sa&#x0364;rus, oder Jahrrechnungen noch immer be-<lb/>
zweifelt werden. Von ihrer Erdkunde findet<lb/>
man aber noch weniger. Doch i&#x017F;t des <hi rendition="#fr">Bero&#x017F;us</hi><lb/>
Nachricht, daß in der a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeit ein Oannes<lb/>
als ein Fi&#x017F;chmen&#x017F;ch, vielleicht als ein Schiffer,<lb/>
aus dem rothen Meere zu ihnen gekommen &#x017F;ey,<lb/>
und ihnen die er&#x017F;ten Buch&#x017F;taben, &#x017F;amt ihren<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;eu&#x017F;chaften mitgetheilet habe, ein Um&#x017F;tand,<lb/>
der bey den alten Erdverwandlungen, oder dem<lb/>
Ein&#x017F;tu&#x0364;rzen alter La&#x0364;nder, an mehreren Orten vor-<lb/>
kommen konnte; wenn einige der alten Erdbu&#x0364;rger<lb/>
auf neuen La&#x0364;ndern, die &#x017F;chon wieder bewohnt wa-<lb/>
ren, &#x017F;ichere An&#x017F;itze &#x017F;uchten. Was des <hi rendition="#fr">Zoroa&#x017F;ters</hi><lb/>
Arjemann oder bo&#x0364;&#x017F;en Mann, und Oromo&#x017F;es, oder<lb/>
guten Mann betrift, geho&#x0364;rt mehr in ihre Sitten-<lb/>
lehre, als in ihre wahre Erdkunde. Hingegen<lb/>
&#x017F;agt <hi rendition="#fr">Diodorus</hi> <note place="foot" n="(*)">Diodorus Siculus von des 2ten B. 116 S. an.</note> deutlich, daß &#x017F;ie die Welt fu&#x0364;r<lb/>
ewig und Gott unterwu&#x0364;rfig gehalten, und ihr we-<lb/>
der einen gewi&#x017F;&#x017F;en Ur&#x017F;prung noch Untergang bey-<lb/>
geme&#x017F;&#x017F;en, auch alle Vorga&#x0364;nge als Folgen aus ih-<lb/>
rer Ordnung erkla&#x0364;hrt haben, und die Ankunft<lb/>
der Kometen &#x017F;o gut als die Fin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;en angege-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ben,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0262] §. 359. Von den Chaldaͤern und Babyloniern hat man noch wenigere Ueberbleibſel, und wenn ſich nicht die Nachricht des Kallisthenes, der mit dem Ale- xander zu Babylon war, von ihren 1903 Jahr alten Himmelsbeobachtungen, die alſo 2234 Jahr vor unſerer Jahrzahl geſchahen, durch an- dere fuͤr uns erhalten haͤtte, ſo wuͤrden wir ihnen auſſer dem gemeinen Ruf, kaum einige gewiſſe Himmelskunde beymeſſen duͤrfen; wie denn ihre Saͤrus, oder Jahrrechnungen noch immer be- zweifelt werden. Von ihrer Erdkunde findet man aber noch weniger. Doch iſt des Beroſus Nachricht, daß in der aͤlteſten Zeit ein Oannes als ein Fiſchmenſch, vielleicht als ein Schiffer, aus dem rothen Meere zu ihnen gekommen ſey, und ihnen die erſten Buchſtaben, ſamt ihren Wiſſeuſchaften mitgetheilet habe, ein Umſtand, der bey den alten Erdverwandlungen, oder dem Einſtuͤrzen alter Laͤnder, an mehreren Orten vor- kommen konnte; wenn einige der alten Erdbuͤrger auf neuen Laͤndern, die ſchon wieder bewohnt wa- ren, ſichere Anſitze ſuchten. Was des Zoroaſters Arjemann oder boͤſen Mann, und Oromoſes, oder guten Mann betrift, gehoͤrt mehr in ihre Sitten- lehre, als in ihre wahre Erdkunde. Hingegen ſagt Diodorus (*) deutlich, daß ſie die Welt fuͤr ewig und Gott unterwuͤrfig gehalten, und ihr we- der einen gewiſſen Urſprung noch Untergang bey- gemeſſen, auch alle Vorgaͤnge als Folgen aus ih- rer Ordnung erklaͤhrt haben, und die Ankunft der Kometen ſo gut als die Finſterniſſen angege- ben, (*) Diodorus Siculus von des 2ten B. 116 S. an.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/262
Zitationshilfe: [Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/262>, abgerufen am 25.04.2024.