Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

gende blinde Nachäffung, oder Nachahmung
ist und bleibt wegen der Anlage unserer Sinnen
hiezu, die erste und leichteste. Folglich wäre die
Erfindung der Sprache, aus Beobachtung seiner
selbst, auch noch allezeit die schwerste; aus Beob-
achtung anderer hingegen, die leichteste und zwar
für alle Menschen.

§. 107.

Das giebt nun für den, der sich für den ersten
Erfinder der Sprache ausgeben will, eben keinen
günstigen Anblick. Denn es beweiset vielmehr,
daß er die Sprache lernen, oder andern ablernen
mußte. Wem aber sollte er sie abgelernet haben?
Etwa den Thieren? oder den rauschenden Quel-
len und Bäumen? sollten diese seine Sprachmei-
ster gewesen seyn können? wohl schwerlich? denn
selbst uns bleibt diese Nachahmung noch immer
eine grose Schwierigkeit, und ist nicht so leicht,
als es die Erfindung der Sprache erfordert.

§. 108.

gende blinde Nachaͤffung, oder Nachahmung
iſt und bleibt wegen der Anlage unſerer Sinnen
hiezu, die erſte und leichteſte. Folglich waͤre die
Erfindung der Sprache, aus Beobachtung ſeiner
ſelbſt, auch noch allezeit die ſchwerſte; aus Beob-
achtung anderer hingegen, die leichteſte und zwar
fuͤr alle Menſchen.

§. 107.

Das giebt nun fuͤr den, der ſich fuͤr den erſten
Erfinder der Sprache ausgeben will, eben keinen
guͤnſtigen Anblick. Denn es beweiſet vielmehr,
daß er die Sprache lernen, oder andern ablernen
mußte. Wem aber ſollte er ſie abgelernet haben?
Etwa den Thieren? oder den rauſchenden Quel-
len und Baͤumen? ſollten dieſe ſeine Sprachmei-
ſter geweſen ſeyn koͤnnen? wohl ſchwerlich? denn
ſelbſt uns bleibt dieſe Nachahmung noch immer
eine groſe Schwierigkeit, und iſt nicht ſo leicht,
als es die Erfindung der Sprache erfordert.

§. 108.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0092" n="80"/>
gende blinde Nacha&#x0364;ffung, oder Nachahmung<lb/>
i&#x017F;t und bleibt wegen der Anlage un&#x017F;erer Sinnen<lb/>
hiezu, die er&#x017F;te und leichte&#x017F;te. Folglich wa&#x0364;re die<lb/>
Erfindung der Sprache, aus Beobachtung &#x017F;einer<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, auch noch allezeit die &#x017F;chwer&#x017F;te; aus Beob-<lb/>
achtung anderer hingegen, die leichte&#x017F;te und zwar<lb/>
fu&#x0364;r alle Men&#x017F;chen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 107.</head><lb/>
          <p>Das giebt nun fu&#x0364;r den, der &#x017F;ich fu&#x0364;r den er&#x017F;ten<lb/>
Erfinder der Sprache ausgeben will, eben keinen<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tigen Anblick. Denn es bewei&#x017F;et vielmehr,<lb/>
daß er die Sprache lernen, oder andern ablernen<lb/>
mußte. Wem aber &#x017F;ollte er &#x017F;ie abgelernet haben?<lb/>
Etwa den Thieren? oder den rau&#x017F;chenden Quel-<lb/>
len und Ba&#x0364;umen? &#x017F;ollten die&#x017F;e &#x017F;eine Sprachmei-<lb/>
&#x017F;ter gewe&#x017F;en &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen? wohl &#x017F;chwerlich? denn<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t uns bleibt die&#x017F;e Nachahmung noch immer<lb/>
eine gro&#x017F;e Schwierigkeit, und i&#x017F;t nicht &#x017F;o leicht,<lb/>
als es die Erfindung der Sprache erfordert.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 108.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0092] gende blinde Nachaͤffung, oder Nachahmung iſt und bleibt wegen der Anlage unſerer Sinnen hiezu, die erſte und leichteſte. Folglich waͤre die Erfindung der Sprache, aus Beobachtung ſeiner ſelbſt, auch noch allezeit die ſchwerſte; aus Beob- achtung anderer hingegen, die leichteſte und zwar fuͤr alle Menſchen. §. 107. Das giebt nun fuͤr den, der ſich fuͤr den erſten Erfinder der Sprache ausgeben will, eben keinen guͤnſtigen Anblick. Denn es beweiſet vielmehr, daß er die Sprache lernen, oder andern ablernen mußte. Wem aber ſollte er ſie abgelernet haben? Etwa den Thieren? oder den rauſchenden Quel- len und Baͤumen? ſollten dieſe ſeine Sprachmei- ſter geweſen ſeyn koͤnnen? wohl ſchwerlich? denn ſelbſt uns bleibt dieſe Nachahmung noch immer eine groſe Schwierigkeit, und iſt nicht ſo leicht, als es die Erfindung der Sprache erfordert. §. 108.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/92
Zitationshilfe: [Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/92>, abgerufen am 29.03.2024.