Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

blos schreyet, er kein Sprachlaut mehr ist, son-
dern wieder ein bloses Nachgeschrey wird, und
den Werth eines Wortes gleich verliehret.

§. 110.

Wenn nun der Sprachlaut kein unbesonnener
Laut seyn darf, die Selbsterkenntniß aber dem
sprachleeren Menschen, durch alles Besinnen und
Nachdenken, keinen Laut aus sich selbst erfinden
läßt, auch kein besonnener bloser Schrey, ein
Sprachlaut heissen kann, sondern jeder Sprach-
laut ein überdachter im Redeton ausgesprochener
Laut seyn muß; wie ist alles dieses bey unserer
Sprache, ausser durch Erlernung von andern
Menschen, die schon reden können, für möglich
anzuseben. Denn in diesem Fall ist die Hälfte
von besinnen und nachahmen hinlänglich, da aus-
ser dem der höchste Grad von beyden dazu nicht
hinreicht.

§. 111.

Doch will ich dieses nicht so strenge genommen
wissen, als wenn bis jetzt kein einziger unüber-

dachter

blos ſchreyet, er kein Sprachlaut mehr iſt, ſon-
dern wieder ein bloſes Nachgeſchrey wird, und
den Werth eines Wortes gleich verliehret.

§. 110.

Wenn nun der Sprachlaut kein unbeſonnener
Laut ſeyn darf, die Selbſterkenntniß aber dem
ſprachleeren Menſchen, durch alles Beſinnen und
Nachdenken, keinen Laut aus ſich ſelbſt erfinden
laͤßt, auch kein beſonnener bloſer Schrey, ein
Sprachlaut heiſſen kann, ſondern jeder Sprach-
laut ein uͤberdachter im Redeton ausgeſprochener
Laut ſeyn muß; wie iſt alles dieſes bey unſerer
Sprache, auſſer durch Erlernung von andern
Menſchen, die ſchon reden koͤnnen, fuͤr moͤglich
anzuſeben. Denn in dieſem Fall iſt die Haͤlfte
von beſinnen und nachahmen hinlaͤnglich, da auſ-
ſer dem der hoͤchſte Grad von beyden dazu nicht
hinreicht.

§. 111.

Doch will ich dieſes nicht ſo ſtrenge genommen
wiſſen, als wenn bis jetzt kein einziger unuͤber-

dachter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0094" n="82"/>
blos &#x017F;chreyet, er kein Sprachlaut mehr i&#x017F;t, &#x017F;on-<lb/>
dern wieder ein blo&#x017F;es Nachge&#x017F;chrey wird, und<lb/>
den Werth eines Wortes gleich verliehret.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 110.</head><lb/>
          <p>Wenn nun der Sprachlaut kein unbe&#x017F;onnener<lb/>
Laut &#x017F;eyn darf, die Selb&#x017F;terkenntniß aber dem<lb/>
&#x017F;prachleeren Men&#x017F;chen, durch alles Be&#x017F;innen und<lb/>
Nachdenken, keinen Laut aus &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t erfinden<lb/>
la&#x0364;ßt, auch kein be&#x017F;onnener blo&#x017F;er Schrey, ein<lb/>
Sprachlaut hei&#x017F;&#x017F;en kann, &#x017F;ondern jeder Sprach-<lb/>
laut ein u&#x0364;berdachter im Redeton ausge&#x017F;prochener<lb/>
Laut &#x017F;eyn muß; wie i&#x017F;t alles die&#x017F;es bey un&#x017F;erer<lb/>
Sprache, au&#x017F;&#x017F;er durch Erlernung von andern<lb/>
Men&#x017F;chen, die &#x017F;chon reden ko&#x0364;nnen, fu&#x0364;r mo&#x0364;glich<lb/>
anzu&#x017F;eben. Denn in die&#x017F;em Fall i&#x017F;t die Ha&#x0364;lfte<lb/>
von be&#x017F;innen und nachahmen hinla&#x0364;nglich, da au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er dem der ho&#x0364;ch&#x017F;te Grad von beyden dazu nicht<lb/>
hinreicht.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 111.</head><lb/>
          <p>Doch will ich die&#x017F;es nicht &#x017F;o &#x017F;trenge genommen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, als wenn bis jetzt kein einziger unu&#x0364;ber-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dachter</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0094] blos ſchreyet, er kein Sprachlaut mehr iſt, ſon- dern wieder ein bloſes Nachgeſchrey wird, und den Werth eines Wortes gleich verliehret. §. 110. Wenn nun der Sprachlaut kein unbeſonnener Laut ſeyn darf, die Selbſterkenntniß aber dem ſprachleeren Menſchen, durch alles Beſinnen und Nachdenken, keinen Laut aus ſich ſelbſt erfinden laͤßt, auch kein beſonnener bloſer Schrey, ein Sprachlaut heiſſen kann, ſondern jeder Sprach- laut ein uͤberdachter im Redeton ausgeſprochener Laut ſeyn muß; wie iſt alles dieſes bey unſerer Sprache, auſſer durch Erlernung von andern Menſchen, die ſchon reden koͤnnen, fuͤr moͤglich anzuſeben. Denn in dieſem Fall iſt die Haͤlfte von beſinnen und nachahmen hinlaͤnglich, da auſ- ſer dem der hoͤchſte Grad von beyden dazu nicht hinreicht. §. 111. Doch will ich dieſes nicht ſo ſtrenge genommen wiſſen, als wenn bis jetzt kein einziger unuͤber- dachter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/94
Zitationshilfe: [Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/94>, abgerufen am 19.04.2024.