Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Stühle oder den Auswurf findet; die umliegenden
Theile sind oft schlapper; von einem immerwährenden
Dunst erweicht. -- Wenn nun die Lebenskraft nicht
sehr lebhaft ist, so werden diese weit geneigter seyn,
den Eiterstoff aufzunehmen, und zu beherbergen, als
die übrigen Weege. Selbst diejenigen Mittel; deren
sich die Natur zu bedienen pflegt, um den Eiter her-
auszuschaffen, als: Husten, Niesen, Erbrechen, er-
zeugen oft die schlimmsten Folgen, gählinge Erstickun-
gen, neue Blutanhäufungen und Entzündungen, Zer-
reissungen, Blutstürze. Bleibt der Eiter stocken,
so wird er scharf und dünn, gräbt und versickert sich
in Hölungen, hindert das Vernarben der Geschwüre,
wird eingesogen, verdirbt die ganze Leibesbeschaffen-
heit, und erregt ein hektisches Fieber. Ueberhaupt al-
le Ausleerungen durch uneigne Weege, wenn z. B.
der Zeitfluß durch die Lunge, die Brustwarzen etc. aus-
geleert wird, sind Folgen irriger Bestrebungen der
Natur.

Ich verlasse nun diesen Gegenstand; nicht, weil
ich ihn erschöpft zu haben glaube; sondern weil in die-
sem Theile noch vielfältige Gelegenheit seyn wird,
das Vermögen und Unvermögen der Natur und der
Kunst gegen einander abzuwägen.

Zweifel über die Bestimmung des Unvermögens
der Natur, und Kennzeichen desselben.

§. 23.

Bey dieser Uebersicht habe ich zwar, so gut
sich's thun ließ, die zweydeutigen Fälle von der Zahl

derjeni-

Stuͤhle oder den Auswurf findet; die umliegenden
Theile ſind oft ſchlapper; von einem immerwaͤhrenden
Dunſt erweicht. — Wenn nun die Lebenskraft nicht
ſehr lebhaft iſt, ſo werden dieſe weit geneigter ſeyn,
den Eiterſtoff aufzunehmen, und zu beherbergen, als
die uͤbrigen Weege. Selbſt diejenigen Mittel; deren
ſich die Natur zu bedienen pflegt, um den Eiter her-
auszuſchaffen, als: Huſten, Nieſen, Erbrechen, er-
zeugen oft die ſchlimmſten Folgen, gaͤhlinge Erſtickun-
gen, neue Blutanhaͤufungen und Entzuͤndungen, Zer-
reiſſungen, Blutſtuͤrze. Bleibt der Eiter ſtocken,
ſo wird er ſcharf und duͤnn, graͤbt und verſickert ſich
in Hoͤlungen, hindert das Vernarben der Geſchwuͤre,
wird eingeſogen, verdirbt die ganze Leibesbeſchaffen-
heit, und erregt ein hektiſches Fieber. Ueberhaupt al-
le Ausleerungen durch uneigne Weege, wenn z. B.
der Zeitfluß durch die Lunge, die Bruſtwarzen ꝛc. aus-
geleert wird, ſind Folgen irriger Beſtrebungen der
Natur.

Ich verlaſſe nun dieſen Gegenſtand; nicht, weil
ich ihn erſchoͤpft zu haben glaube; ſondern weil in die-
ſem Theile noch vielfaͤltige Gelegenheit ſeyn wird,
das Vermoͤgen und Unvermoͤgen der Natur und der
Kunſt gegen einander abzuwaͤgen.

Zweifel uͤber die Beſtimmung des Unvermoͤgens
der Natur, und Kennzeichen deſſelben.

§. 23.

Bey dieſer Ueberſicht habe ich zwar, ſo gut
ſich’s thun ließ, die zweydeutigen Faͤlle von der Zahl

derjeni-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0293" n="274"/>
Stu&#x0364;hle oder den Auswurf findet; die umliegenden<lb/>
Theile &#x017F;ind oft &#x017F;chlapper; von einem immerwa&#x0364;hrenden<lb/>
Dun&#x017F;t erweicht. &#x2014; Wenn nun die Lebenskraft nicht<lb/>
&#x017F;ehr lebhaft i&#x017F;t, &#x017F;o werden die&#x017F;e weit geneigter &#x017F;eyn,<lb/>
den Eiter&#x017F;toff aufzunehmen, und zu beherbergen, als<lb/>
die u&#x0364;brigen Weege. Selb&#x017F;t diejenigen Mittel; deren<lb/>
&#x017F;ich die Natur zu bedienen pflegt, um den Eiter her-<lb/>
auszu&#x017F;chaffen, als: Hu&#x017F;ten, Nie&#x017F;en, Erbrechen, er-<lb/>
zeugen oft die &#x017F;chlimm&#x017F;ten Folgen, ga&#x0364;hlinge Er&#x017F;tickun-<lb/>
gen, neue Blutanha&#x0364;ufungen und Entzu&#x0364;ndungen, Zer-<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;ungen, Blut&#x017F;tu&#x0364;rze. Bleibt der Eiter &#x017F;tocken,<lb/>
&#x017F;o wird er &#x017F;charf und du&#x0364;nn, gra&#x0364;bt und ver&#x017F;ickert &#x017F;ich<lb/>
in Ho&#x0364;lungen, hindert das Vernarben der Ge&#x017F;chwu&#x0364;re,<lb/>
wird einge&#x017F;ogen, verdirbt die ganze Leibesbe&#x017F;chaffen-<lb/>
heit, und erregt ein hekti&#x017F;ches Fieber. Ueberhaupt al-<lb/>
le Ausleerungen durch uneigne Weege, wenn z. B.<lb/>
der Zeitfluß durch die Lunge, die Bru&#x017F;twarzen &#xA75B;c. aus-<lb/>
geleert wird, &#x017F;ind Folgen irriger Be&#x017F;trebungen der<lb/>
Natur.</p><lb/>
              <p>Ich verla&#x017F;&#x017F;e nun die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand; nicht, weil<lb/>
ich ihn er&#x017F;cho&#x0364;pft zu haben glaube; &#x017F;ondern weil in die-<lb/>
&#x017F;em Theile noch vielfa&#x0364;ltige Gelegenheit &#x017F;eyn wird,<lb/>
das Vermo&#x0364;gen und Unvermo&#x0364;gen der Natur und der<lb/>
Kun&#x017F;t gegen einander abzuwa&#x0364;gen.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#b">Zweifel u&#x0364;ber die Be&#x017F;timmung des Unvermo&#x0364;gens<lb/>
der Natur, und Kennzeichen de&#x017F;&#x017F;elben.</hi><lb/>
§. 23.</head><lb/>
            <p>Bey die&#x017F;er Ueber&#x017F;icht habe ich zwar, &#x017F;o gut<lb/>
&#x017F;ich&#x2019;s thun ließ, die zweydeutigen Fa&#x0364;lle von der Zahl<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">derjeni-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[274/0293] Stuͤhle oder den Auswurf findet; die umliegenden Theile ſind oft ſchlapper; von einem immerwaͤhrenden Dunſt erweicht. — Wenn nun die Lebenskraft nicht ſehr lebhaft iſt, ſo werden dieſe weit geneigter ſeyn, den Eiterſtoff aufzunehmen, und zu beherbergen, als die uͤbrigen Weege. Selbſt diejenigen Mittel; deren ſich die Natur zu bedienen pflegt, um den Eiter her- auszuſchaffen, als: Huſten, Nieſen, Erbrechen, er- zeugen oft die ſchlimmſten Folgen, gaͤhlinge Erſtickun- gen, neue Blutanhaͤufungen und Entzuͤndungen, Zer- reiſſungen, Blutſtuͤrze. Bleibt der Eiter ſtocken, ſo wird er ſcharf und duͤnn, graͤbt und verſickert ſich in Hoͤlungen, hindert das Vernarben der Geſchwuͤre, wird eingeſogen, verdirbt die ganze Leibesbeſchaffen- heit, und erregt ein hektiſches Fieber. Ueberhaupt al- le Ausleerungen durch uneigne Weege, wenn z. B. der Zeitfluß durch die Lunge, die Bruſtwarzen ꝛc. aus- geleert wird, ſind Folgen irriger Beſtrebungen der Natur. Ich verlaſſe nun dieſen Gegenſtand; nicht, weil ich ihn erſchoͤpft zu haben glaube; ſondern weil in die- ſem Theile noch vielfaͤltige Gelegenheit ſeyn wird, das Vermoͤgen und Unvermoͤgen der Natur und der Kunſt gegen einander abzuwaͤgen. Zweifel uͤber die Beſtimmung des Unvermoͤgens der Natur, und Kennzeichen deſſelben. §. 23. Bey dieſer Ueberſicht habe ich zwar, ſo gut ſich’s thun ließ, die zweydeutigen Faͤlle von der Zahl derjeni-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/293
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/293>, abgerufen am 23.04.2024.