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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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den Muskeln oder in der Haut geschieht. Dieses
aber, fährt Hunter fort, scheint in Krankheiten,
welche von einem spezifischen Gifte herrühren, eine
Ausnahme zu zu lassen. So bringen der Krebs und
die Skrofeln in allen Theilen die nämliche spezifische
Wirkung hervor." Dieses ist auch die Ursache,
warum die Wunden der Füße langsamer und schwe-
rer heilen, als jene der Beine und der Schenkel.

Diese örtliche Schwäche ist ebenfalls eine von den
vornehmsten Ursachen der Krankheiten der verschiede-
nen Alter. Um aber nicht einseitig zu werden, er-
spare ich dieses zum Kapitel von den Krankheiten der
Alter und Geschlechter.

§. 52.

Die geringere Kraft eines Theiles, den etwan-
nigen Krankheitsursachen zu widerstehen, macht zum
Theil dasjenige aus, was wir eine Anlage zu Krank-
heiten heißen. Bey einem ist der Kopf, beym an-
dern die Brust, und bey einem andern der Unterleib
der schwächste Theil; weßwegen der erste zu Krank-
heiten des Kopfes, der zweyte zu Krankheiten der
Brust und der dritte zu den Krankheiten des Unterlei-
bes geneigt seyn wird. Morgagni redet von einem
im Winter 1738 in Patavia herrschenden Seitensti-
che, welcher vorzüglich unter den Klosterfrauen seine
Verheerungen anrichtete; wahrscheinlich, weil ih-
re Lungen durch das Chorsingen geschwächt waren.
In einem starben alle, die er angrif, und zwar eini-
ge schon den vierten Tag. Keine aber, sagt Mor-

gagni

den Muskeln oder in der Haut geſchieht. Dieſes
aber, faͤhrt Hunter fort, ſcheint in Krankheiten,
welche von einem ſpezifiſchen Gifte herruͤhren, eine
Ausnahme zu zu laſſen. So bringen der Krebs und
die Skrofeln in allen Theilen die naͤmliche ſpezifiſche
Wirkung hervor.„ Dieſes iſt auch die Urſache,
warum die Wunden der Fuͤße langſamer und ſchwe-
rer heilen, als jene der Beine und der Schenkel.

Dieſe oͤrtliche Schwaͤche iſt ebenfalls eine von den
vornehmſten Urſachen der Krankheiten der verſchiede-
nen Alter. Um aber nicht einſeitig zu werden, er-
ſpare ich dieſes zum Kapitel von den Krankheiten der
Alter und Geſchlechter.

§. 52.

Die geringere Kraft eines Theiles, den etwan-
nigen Krankheitsurſachen zu widerſtehen, macht zum
Theil dasjenige aus, was wir eine Anlage zu Krank-
heiten heißen. Bey einem iſt der Kopf, beym an-
dern die Bruſt, und bey einem andern der Unterleib
der ſchwaͤchſte Theil; weßwegen der erſte zu Krank-
heiten des Kopfes, der zweyte zu Krankheiten der
Bruſt und der dritte zu den Krankheiten des Unterlei-
bes geneigt ſeyn wird. Morgagni redet von einem
im Winter 1738 in Patavia herrſchenden Seitenſti-
che, welcher vorzuͤglich unter den Kloſterfrauen ſeine
Verheerungen anrichtete; wahrſcheinlich, weil ih-
re Lungen durch das Chorſingen geſchwaͤcht waren.
In einem ſtarben alle, die er angrif, und zwar eini-
ge ſchon den vierten Tag. Keine aber, ſagt Mor-

gagni
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[447/0466] den Muskeln oder in der Haut geſchieht. Dieſes aber, faͤhrt Hunter fort, ſcheint in Krankheiten, welche von einem ſpezifiſchen Gifte herruͤhren, eine Ausnahme zu zu laſſen. So bringen der Krebs und die Skrofeln in allen Theilen die naͤmliche ſpezifiſche Wirkung hervor.„ Dieſes iſt auch die Urſache, warum die Wunden der Fuͤße langſamer und ſchwe- rer heilen, als jene der Beine und der Schenkel. Dieſe oͤrtliche Schwaͤche iſt ebenfalls eine von den vornehmſten Urſachen der Krankheiten der verſchiede- nen Alter. Um aber nicht einſeitig zu werden, er- ſpare ich dieſes zum Kapitel von den Krankheiten der Alter und Geſchlechter. §. 52. Die geringere Kraft eines Theiles, den etwan- nigen Krankheitsurſachen zu widerſtehen, macht zum Theil dasjenige aus, was wir eine Anlage zu Krank- heiten heißen. Bey einem iſt der Kopf, beym an- dern die Bruſt, und bey einem andern der Unterleib der ſchwaͤchſte Theil; weßwegen der erſte zu Krank- heiten des Kopfes, der zweyte zu Krankheiten der Bruſt und der dritte zu den Krankheiten des Unterlei- bes geneigt ſeyn wird. Morgagni redet von einem im Winter 1738 in Patavia herrſchenden Seitenſti- che, welcher vorzuͤglich unter den Kloſterfrauen ſeine Verheerungen anrichtete; wahrſcheinlich, weil ih- re Lungen durch das Chorſingen geſchwaͤcht waren. In einem ſtarben alle, die er angrif, und zwar eini- ge ſchon den vierten Tag. Keine aber, ſagt Mor- gagni

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/466>, abgerufen am 29.03.2024.